Andrzej Panufnik
Symphonic Works Volume 2
cpo 777 496-2
1 CD • 78min • 2009
13.08.2010
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
„Meine Kompositionen sind extrem unterschiedlich im Charakter,“ wird Andrzej Panufnik zu Beginn des vorliegenden Einführungstextes zitiert. Was er, ob ab- oder unabsichtlich, hinter dieser schlichten Aussage und der näheren Erläuterung seiner stets gleichbleibenden Arbeitsweise verbirgt, ist ein Phänomen, das sich bei so manchem Komponisten insbesondere des 20. Jahrhunderst beobachten läßt: Wenn sie nur schreiben, wie ihnen Schnabel oder Feder gewachsen sind, vollbringen sie die feinsten, amüsantesten und fesselndsten Sachen; kaum aber wollen sie mal „bedeutend“ sein, gehen sie wie die sprichwörtliche Primel ein.
Das ist im vorliegenden Programm sehr schön zu hören. Die erste Sinfonie (Sinfonia rustica) aus dem Jahre 1948 sprudelt in folkloristischem Vergnügen vor sich hin, schnattert und rattert, singt und klingt vornehmlich heiter (und es ist einem herzlich egal, ob damals ein polnischer Polit-Ochse das Produkt mit dem beliebten Schlagwort vom „Antisozialismus“ abkanzelte). Hören wir unmittelbar danach dann die 1973 entstandene Sinfonia concertante für Flöte, Harfe und Streicher, dann finden wir uns auch gleich knietief in jener Allerweltsmoderne wieder, die der Westen – Panufnik lebte längst im Londoner Exil – von seinen Tonkünstlern, namentlich den subventionierten, verlangte. Damit ist dann gleich der mehr oder minder wacklige Zutand des Materials“ um vieles wichtiger geworden: „Die beiden Sätze weisen viele unmittelbar kontrastierende Merkmale auf,“ umreißt denn auch der Komponist ganz folgsam das Werk, in dem einfache Triaden in der Flöte oder der Harfe mal auf- und mal abwärts streben, bis wir’s verstanden haben, verblüffend lyrische, poetische Einsprengsel über teils ruhige, teils aufgeregte Streicheraktivitäten treiben ...
Auch bei der fünfsätzigen Suite Polonia hat sich Andrzej Panufnik 1959 etwas gedacht, und wen der „völkerverbindende“ Aspekt interessiert, kann das auch gern im Beiheft nachlesen. Interessanter und ehrlicher ist jedoch die Freude an Oberek und Mazurka, an der Musik der Tatra (die ja schon Karol Szymanowski begreiflicherweise faszinierte) und am vergnügten Lärmen quasi volkstümlicher Instrumentaleffekte.
Am Ende des Albums überrascht der Komponist dann mit seinem Lullaby aus dem Jahre 1947 – einer dreischichtig gearbeiteten Musik für 29 Streicher und zwei (oder eine) Harfe, die aus subtilen, teils vierteltönigen Motivgeflechten, einem pulsierenden Rhythmus und einer pentatonisch-liedhaften Melodie gebaut ist, ohne auch nur vorübergehend die Sache mit der „Mache“ zu überwuchern: Ergreifend, anrührend, ganz einfach bezaubernd schließt sich der Kreis dieser Produktion, die sich jetzt in den höchsten Sphären einer transzendenten Auflösung verliert. Darbietung und Klang sind einwandfrei.
Rasmus van Rijn [13.08.2010]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Andrzej Panufnik | ||
1 | Sinfonie Nr. 1 (Sinfonia Rustica) | 00:29:21 |
6 | Sinfonie Nr. 4 für Flöte, Harfe und Streicher (Sinfonia Concertante) | 00:19:47 |
9 | Polonia (Suite) | 00:20:46 |
14 | Lullaby for 29 Streicher and 2 Harfen (Kolysanka, 1947/1955) | 00:07:40 |
Interpreten der Einspielung
- Anna Sikorzak-Olek (Harfe)
- Łukasz Długosz (Flöte)
- Polish Radio Symphony Orchestra (Orchester)
- Łukasz Borowicz (Dirigent)