Songs of Yesterday
BIS 1785
1 CD • 67min • 2009
07.01.2011
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Der Name Dolmetsch steht für eine ganze Dynastie von Musikern und Instrumentenbauern und ist eng mit dem Beginn der sog. Historischen Aufführungspraxis und der Wiederbelebung der Blockflöte verbunden. Arnold Dolmetsch (1858-1940) war auf diesem Gebiet einer der wichtigsten Pioniere, sein Sohn Carl (1911-1997) führte die vom Vater übernommene Instrumentenwerkstatt fort und trat selbst seit den Dreißiger Jahren als Blockflötist im Ensemble mit dem Cembalisten und Pianisten Joseph Saxby auf. Mit nur wenigen, kriegsbedingten Ausnahmen gab das Ensemble über ein halbes Jahrhundert hinweg von 1939-1989 ein jährliches Recital in der renommierten Londoner Wigmore Hall. Eigens für diese Konzerte gab Dolmetsch Werke bei den bedeutendsten (meist) britischen Komponisten seiner Zeit in Auftrag, darunter so illustre Namen wie Lennox Berkeley, Edmund Rubbra, Gordon Jacob, York Bowen oder Arnold Cooke. Es entstanden so eine Reihe herausragender Kammermusikwerke für ein Instrument, dessen Spieltechnik in den Dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts noch gleichsam in den Kinderschuhen steckte. In Deutschland mag es dem lange Jahre dominierenden ästhetischen Diktat der Darmstädter Schule geschuldet sein, dass die (vergleichsweise konservativen) Werke des Dolmetsch-Archivs nur wenig Verbreitung gefunden haben. Es ist das große Verdienst des englischen Musikforschers Andrew Mayes, sich dieser Werke angenommen zu haben und ein maßstabsetzendes Buch darüber zu veröffentlichen. Viele der von Dolmetsch angeregten Kompositionen sind inzwischen wieder aufgelegt bzw. erstmals veröffentlicht worden.
Der schwedische Blockflötenvirtuose Dan Laurin hat nun (zusammen mit seiner Frau, der Pianistin und Cembalistin Anna Paradiso) eine Anthologie mit einen reprääsentativen Querschnitt dieses lohnenden Repertoires vorgelegt. Bei der Auswahl der Werke war es Laurin offensichtlich ein Anliegen, eine ansprechende Mischung von weniger aufgeführten bzw. eingespielten Stücken und „Klassikern", wie der glänzenden Sonatine Berkeleys, der Sonate Bowens oder der Aubade Cyrill Scotts vorzustellen. Eines der überzeugendsten Werke der CD war für mich Herbert Murrills ebenso temperamentvoll spritzige wie atmosphärisch dichte und formal geschlossene Sonate von 1950. Manch anderes Juwel des Dolmetsch-Repertoires habe ich allerdings vermisst: Allzu gerne hätte ich Laurins Version von Norman Fultons Scottish Suite oder Edmund Rubbras Meditazioni gehört!
Die Einspielung ist von insgesamt hoher Qualität. Kleinere Mängel, wie etwa die nicht immer ganz textgetreuen Phrasierungen bzw. Verzierungen in der Sonate Bowens oder die Verwendung des Lautenzugs im zweiten Teil der Rubbra-Sonatine, die dem Satz etwas von seiner klanglichen Substanz und Weite nimmt, fallen nicht weiter ins Gewicht. Eine erfreuliche Ergänzung stellt auch der kenntnisreiche und erhellende Einführungstext von Andrew Mayes im Beiheft dar, der ganz en passant fünfzig Jahre Blockflötengeschichte Revue passieren lässt. Für Blockflötenfans (und auch für solche, die es bisher noch nicht waren) eine willkommene Aufnahme von hohem Repertoirewert!
Heinz Braun † [07.01.2011]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
York Bowen | ||
1 | Sonatine op. 121 für Blockflöte und Klavier | 00:11:50 |
Edmund Rubbra | ||
4 | Sonatine op. 128 für Sopranblockflöte und Cembalo | 00:11:37 |
Cyril Scott | ||
7 | Aubade für Sopranblockflöte und Klavier | 00:08:56 |
Herbert Murrill | ||
8 | Sonate für Sopranblockflöte und Cembalo | 00:07:27 |
Walter Leigh | ||
12 | Sonatine für Sopranblockflöte und Klavier | 00:10:06 |
Edmund Rubbra | ||
15 | Passacaglia sopra Plusieurs Regrets op. 113 für Sopranblockflöte und Cembalo | 00:04:54 |
Lennox Berkeley | ||
16 | Sonatine op. 13 für Sopranblockflöte und Klavier | 00:10:56 |
Interpreten der Einspielung
- Dan Laurin (Blockflöte)
- Anna Paradiso (Cembalo, Klavier)