BIS 1707
1 CD/SACD stereo/surround • 59min • 2008, 2010
07.07.2011
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Ich gebe zu, ab und an – insbesondere bei weniger bekannten Komponisten – lugt ein Rezensent auf der Suche nach Information zunächst gerne einmal genauer in das Beiheft der CD. So geschehen im vorliegenden Falle, war mir der Name Sebastian Fagerlund bislang noch nicht begegnet. Selten zuvor hat mich ein Booklet-Text so neugierig, ja begierig darauf gemacht, die Musik endlich anzuhören. Mit solcher Inbrunst und Süffigkeit verstand es die Musikwissenschaftlerin Susanna Välimäki in ihrem ausgezeichneten Einführungsbeitrag die Klangwelt des jungen finnischen Komponisten zu schildern. Und ich wurde nicht enttäuscht: Fagerlund schreibt eine ausgesprochen klangsinnliche, man könnte sagen neo-impressionistische Musik, die mit einem gehörigen Schuss strawinskyíscher Motorik versehen, unmittelbar anspricht. Gottlob fernab so manch abgehobener Neo-Avantgarde, wie sie unter etlichen skandinavischen Komponisten seiner Generation wieder en vogue ist. Und auch die vergleichsweise traditionellen Titel seiner Stücke (wie „Partita" oder schlicht „Klarinettenkonzert") haben nichts gemein mit den in gewissen Kreisen so beliebten Wort- und Tonschöpfungen à la „…Hurz IV…". Kurz, Fagerlund schreibt eine Musik, die im besten Sinne bodenständig ist.
Mit dem für Christoffer Sundqvist, den phänomenalen Soloklarinettisten des Finnischen Rundfunksinfonieorchesters geschriebenen Klarinettenkonzert ist Fagerlund ein großer Wurf geglückt. Es entfaltet beeindruckende Klanglandschaften, changierend zwischen kraftvoll-motorischen Ausbrüchen und zarten, luziden Episoden und gewährt dem Solisten unter Aufbietung instrumentaler Höchstschwierigkeiten, wie rasenden Staccati, Glissando, Flatterzunge, con-voce-Spiel und extremen Registerwechseln Raum zu virtuoser Entfaltung. Nicht weniger einnehmend wirkt Fagerlunds Partita für Streichorchester und Schlagzeug in ihrer geschickten Dramaturgie und formalen Klarheit: Das dreisätzige Werk öffnet mit mysteriösen Klangflächen, zunächst von dumpfen Trommelschlägen sekundiert, die sich nach und nach zu bedrohlichen Schlagzeugsalven steigern. Im toccata-artigen Mittelsatz besticht wieder jener unwiderstehliche rhythmische Drive, der für viele Werke Fagerlunds kennzeichnend ist. Traumverloren klingt das Werk aus. Das Orchester-Diptychon Isola hat mich nicht ganz so überzeugt. Auch wenn Fagerlund wieder ein mitreißender Schlusssatz gelingt, bleibt der erste Satz des Stückes merkwürdig diffus, ohne Kontur.
Ein Komponist der jüngeren Generation kann sich wahrhaft glücklich schätzen, wenn – wie hier – eines der besten skandinavischen Orchester, ein phänomenaler Solist und eines der weltweit angesehensten CD-Labels sich seiner Sache annimmt. Dima Slobodeniouk ist ein engagierter, kompetenter Anwalt der Musik und versteht es offensichtlich, das Orchester zu Spitzenleistungen zu inspirieren. Ein weiterer Lorbeerkranz gebührt der Tonmeisterin Marion Schwebel von BIS, die es perfekt verstanden hat, Fagerlunds orchestrale Farbpalette zum Leuchten zu bringen. Eine großartige Produktion mit Musik, die man sicher mehr als einmal anhören wird.
Heinz Braun † [07.07.2011]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Sebastian Fagerlund | ||
1 | Konzert für Klarinette und Orchester | 00:23:20 |
5 | Partita für Streichorchester und Schlagzeug | 00:18:15 |
8 | Isola | 00:15:50 |
Interpreten der Einspielung
- Christoffer Sundqvist (Klarinette)
- Gothenburg Symphony Orchestra (Orchester)
- Dima Slobodeniouk (Dirigent)