Historische Orgeln in Frankreich 1771 - Micot - Saint-Pons de Thomières
Sinus Sin 3010
1 SACD • 61min • [P] 2011
07.11.2011
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Saint-Pons-de-Thomières ist ein idyllisches Städtchen im südfranzösischen Departement Hérault, das zwischen 1318 und der französischen Revolution Sitz eines Bischofs war, später ging das Bistum in der Diözese von Montpellier auf. 1767 war freilich noch alles in schönster alter Ordnung und der Bischof von Saint-Pons-de-Thomières genehmigte sich für seine in diesem Jahrhundert wiederhergestellte Kathedrale eine neue Orgel, die er bei Vater und Sohn Micot, Orgelbauer in Toulouse, bestellte. Das Gotteshaus war während der Hugenottenkriege 1567/68 verwüstet worden und hatte für anderthalb Jahrhunderte nur notdürftig repariert als Bischofskirche zur Verfügung gestanden; mit der Fertigstellung der Orgel 1771 war der Aufbau der Kathedrale abgeschlossen, und sie präsentierte sich in dem Zustand, den sie bis heute bewahrt hat. Dank der abgeschiedenen Lage des nunmehrigen Ex-Bistums blieb das Instrument auch weitgehend von Anpassungen an den Zeitgeschmack des 19. Jahrhunderts verschont, ein damals gar zu häufiges Schicksal der wenigen schönen Barockorgeln, welche die Revolution unbeschadet überstanden hatten. Erst kürzlich, 2008, wurde die Orgel von Saint-Pons-de-Thomières gänzlich wieder in ihren Urzustand zurückversetzt, inklusive der originalen mitteltönigen Stimmung des Instruments.
So bietet diese Orgel eine gute Gelegenheit zur Darbietung französischer Orgelmusik des 18. Jahrhunderts, und Albert Bolliger tut recht daran, das Instrument zur 10. Station seiner Orgelreise durch Frankreich zu machen: Mit Repertoire aus dem Grand Siècle, das sogar zwei zeitgenössische Transkriptionen für Orgel aus Jean-Baptiste Lullys Oper Alceste enthält und mit Musik von Michel Corrette an den Pforten der französischen Revolution endet, nutzt Albert Bolliger die Farbigkeit der Orgel weidlich aus, besonders die herrlichen Zungenregister kommen zu ihrem Recht.
Es wäre nicht verwunderlich, wenn sich Orgelliebhaber aufgrund dieser CD dazu entschlössen, dem Städtchen im Hérault einen Besuch abzustatten. Wenn die Kirche abends geschlossen ist, gibt es sicherlich Gelegenheit, sich mit dem berühmten Wein ausgiebig einer anderen Spezialität der Gegend zu widmen.
Detmar Huchting [07.11.2011]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Jacques André François Agincourt | ||
1 | Pièces de premier ton | |
Pierra La Barre | ||
8 | Allemande | |
9 | Courant | |
10 | Sarabande | |
Anon. | ||
11 | Les Pièces anonymes de quatrième ton (Manuscript de Limoges ca. 1725) | |
Jean Nicolas Geoffroy | ||
16 | L' Ouverture et Marche de l'Opéra d'Alceste de Jean-Baptiste Lully | |
18 | Ave Regina | |
Jean-Adam Guilain | ||
19 | Suite du quatrième ton | |
Jean Henri Anglebert | ||
26 | La Bergère Anette | |
27 | Menuet | |
Michel Corrette | ||
28 | Suite du premier ton |
Interpreten der Einspielung
- Albert Bolliger (Orgel)