J.S. Bach
Secular Cantatas Volume 2
BIS 1971
1 CD/SACD stereo/surround • 75min • 2011
14.09.2012
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Im 19. Jahrhundert hat man Bachs weltliches Kantatenschaffen gegenüber dem geistlichen für künstlerisch weniger bedeutend gehalten. Diese Sichtweise, die deutlich der romantisierenden Konzeption des Kirchenmusikers Bachs als musikalischer Evangelist des Protestantismus folgt, darf in der Bach-Forschung heute als überwunden gelten, widmete sich Bach doch seinen weltlichen Kantaten mit demselben Ernst wie den geistlichen. Allein der Umstand, dass die Musik vieler weltlicher Werke in Kantaten für den Gottesdienst wieder auftaucht, zeigt, wie hoch Bach selbst den künstlerischen Wert dieser Kompositionen einschätzte.
1713 ist die Jagdkantate als früheste der erhaltenen weltlichen Kantaten entstanden, als Geburtstagsmusik für Herzog Christian von Sachsen-Weißenfels. Bach war damals am Hof in Weimar angestellt, doch waren seine Verbindungen zum ebenso jagdfreudigen wie musikliebenden albertinischen Verwandten seines Weimarer Dienstherrn eng und blieben es: 1729 erhielt Bach von Herzog Christian den Titel „Hochfürstlich Sächsisch-Weißenfelsisch würkender Capellmeister“. Auch stammte seine zweite Ehefrau Anna Magdalena von dort: Sie war die jüngste Tochter des Weißenfelsischen Hof- und Feldtrompeter Johann Caspar Wilke und kam 1721 als Sopranistin an den Hof von Köthen, dessen Kapellmeister der im Jahr zuvor verwitwete Bach derzeit war. Bach selbst hat seine Jagdkantate offensichtlich hochgeschätzt: Musik daraus ist verschiedentlich in parodierter Form in Kirchenkantaten wiederverwendet worden, doch ist auch das Werk selbst wenigstens zweimal mit anderen Textbüchern als Huldigungskantate zu Ehren anderer Adressaten aufgeführt worden.
Für Fürst Leopold von Anhalt-Köthen entstand das zweite Werk dieser CD, die Serenata Die Zeit, die Tag und Jahre macht BWV 134a; auch dieses Werk diente später in Leipzig als Steinbruch für die Kantate Ein Herz, das seinen Jesum lebend weiß BWV 134 zum dritten Ostertag.
Masaaki Suzuki stellt seiner Version der Jagdkantate den ersten Satz der Frühfassung des 1. Brandenburgischen Konzerts BWV 1046a voran, der parallel zur Kantate instrumentiert ist und vermutlich damals schon mindestens in einer Aufführung die Kantate als Sinfonia eingeleitet hat. Im Vergleich mit Ton Koopmans 1995 eingespielter Aufnahme der Jagdkantate betont Masaaki Suzuki eindeutig die pastoralen Aspekte des Stückes, Koopman hingegen denkt mehr an den jagdfreudigen Widmungsträger. Suzukis Tenor Makoto Sakurada ist mit seinem Part in diesem Stück sowohl stimmlich wie gestalterisch überfordert, auch was die Geläufigkeit angeht: Er kann mit seinem Gegenpart der Vergleichsaufnahme, Paul Agnew, nicht mithalten. Suzukis Sopranpaar, Sophie Junker und Joanne Lunn, harmonieren etwas besser als Barbara Schlick und Elisabeth von Magnus, Suzukis Bariton Roderick Williams trifft mit Klaus Mertens auf einen Oratoriensänger erster Güte, besteht aber den Vergleich mit allen Ehren.
Das zweite Werk der CD, die Serenata zu Ehren des Köthener Fürsten Leopold, gefällt sehr viel besser. Die solistische Besetzung besteht aus Alt und Tenor: Hier trifft bei Suzuki der vorzügliche Damien Guillon, in Basel an der Schola Cantorum bei Andreas Scholl ausgebildet, auf Michael Chance, dem es in Ton Koopmans Einspielung von 1998 hörbar an stimmlicher Frische gebricht. Makoto Sakurada agiert hier sicherer und kommt Paul Agnew näher, ohne freilich das sichere Niveau und die stimmliche Schönheit Paul Agnews zu erreichen. Suzukis eleganter Interpretationsansatz kommt dem charmanten Werk sehr entgegen.
Vergleichsaufnahmen: Barbara Schlick, Elisabeth von Magnus, Paul Agnew, Klaus Mertens, Amsterdam Baroque Orchestra & Choir, Ton Koopman (Leitung), Challenge CC72203 (AD: 1995, BWV 208); Michael Chance (Altus), Paul Agnew (Tenor), Amsterdam Baroque Orchestra & Choir, Ton Koopman (Leitung), Challenge CC 72210 (AD: 1998, BWV 134a).
Detmar Huchting [14.09.2012]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Sinfonia F-Dur BWV 1046a/1 | 00:04:00 |
2 | Was mir behagt, ist nur die muntre Jagd! BWV 208 (Jagd-Kantate) | 00:34:52 |
17 | Die Zeit, die Tag und Jahre macht BWV 134a (Kantate) | 00:34:56 |
Interpreten der Einspielung
- Joanne Lunn (Sopran)
- Sophie Junker (Sopran)
- Makoto Sakurada (Tenor)
- Roderick Williams (Bariton)
- Damien Guillon (Altus)
- Bach Collegium Japan (Ensemble)
- Masaaki Suzuki (Dirigent)