par.ti.ta
BIS 1972
1 CD/SACD stereo/surround • 78min • 2011
25.10.2012
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Bereits auf dem Album „Ballet for a Lonely Violinist“ (BIS, 2006) hatte Vadim Gluzman Werke der russisch-amerikanischen Komponistin Lera Auerbach mit älterer Musik konfrontiert. Wie schon die damals eingespielten Stücke, die zweite Violinsonate sowie die Lonely Suite, gezeigt hatten, ist die 1973 geborene Lera Auerbach offen für Traditionsbezüge, aus denen sie nicht etwa einen Ausweg sucht, sondern mit denen sie gleichsam Zwiesprache hält. Die hier vorgestellte Komposition für Violine solo von 2007, deren Titel „par.ti.ta“ sehr modisch mit fragwürdiger Zeichensetzung arbeitet, läßt Bach also in vielen Formen erscheinen, zitiert, verfremdet, iteriert; diese permanente Bezogenheit auf Bach schlägt einen echten Bogen zu den hier ebenfalls aufgenommenen Partiten des Thomaskantors und ermöglicht dem Hörer somit wertvolle Orientierung. Wie schon in der zweiten Violinsonate verzichtet Auerbach jedoch auf eine eigene Strukturgebung, welche etwa in einer nachvollziehbaren Form oder auch einer – vielleicht unbewußt – bewältigten Empfindungskurve liegen könnte; möchte der Hörer also mehr über Auerbachs eigene kompositorische Persönlichkeit erfahren, wird er zumindest in diesem Punkt schließlich doch allein gelassen.
Diese tendenzielle Ratlosigkeit ist in keiner Sekunde dem ukrainisch-israelischen Geiger Vadim Gluzman anzulasten, der die zeitgenössische Partita mit glühender Emphase spielt. Dieser zupackende Gestus durchzieht auch die Bach-Interpretationen. Die beiden populären Partiten Nr. 2 d-Moll und Nr. 3 E-Dur werden sehr flott und kraftvoll präsentiert, dabei jedoch ohne jede Nervosität, weil die Tongebung und die Phrasierung selbst ruhig und gleichmäßig sind (und die Akustik angenehm üppig, dabei transparent). Man höre etwa die Virtuosität der Gigue der zweiten Partita oder die leuchtende Tongebung der Loure der dritten Partita. Hervorzuheben ist außerdem die weite Ausdruckspalette, die sich etwa bei den Doppelgriffen in den reizvollen Unterscheidungen zwischen expressiv ausgehaltenen Intervallen und bloß angedeuteten, flüchtig arpeggierten Akkorden zeigt. Verschwiegen sei nicht, dass die Musik durch die allseits entschlossene Haltung das Moment des Geheimnisvollen verliert; selbst die Chaconne wird, im diametralen Kontrast zu den metaphysischen Interpretationen, auf eine etwas prosaische Ebene herab gestimmt. Der Musik Bachs bekommt die Konzentration auf die Virtuosität eben nicht ganz so gut wie der diesem Programm noch beigegebenen, wahrlich fulminant gespielten zweiten Sonate von Eugène Ysaye.
Prof. Michael B. Weiß [25.10.2012]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Partita Nr. 2 d-Moll BWV 1004 für Violine solo | 00:27:06 |
Lera Auerbach | ||
6 | par.ti.ta für Violine solo | 00:20:32 |
Johann Sebastian Bach | ||
16 | Partita Nr. 3 E-Dur BWV 1006 für Violine solo | 00:17:32 |
Eugène Ysaÿe | ||
22 | Sonate a-Moll op. 27 Nr. 2 für Violine solo (über das Präludium aus der Partita E-Dur von Johann Sebastian Bach. À Jacques Thibaud) | 00:11:54 |
Interpreten der Einspielung
- Vadim Gluzman (Violine)