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Besprechung CD/SACD stereo/surround

BIS 2101

1 CD/SACD stereo/surround • 72min • 2015

10.03.2016

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Einige Streichquartette aus den nordeuropäischen Ländern haben in den letzten Jahren Furore gemacht – ich nenne nur das Danish String Quartet, das schwedische Stenhammar Quartet, das finnische Tempera Quartet, und nun hier das norwegische Engegård Quartet. Das Niveau ist von international bestechendem Format, was Intonation, rhythmische Synchronizität, Klangfülle, aberwitziges Hochgeschwindigkeitsspiel und expressive Leidenschaftlichkeit betrifft. Um manch andere, zumal subtilere Faktoren ist es – wie bei den meisten Kollegen – allerdings nicht ebenso blendend bestellt. Da ist zuerst die dynamische Disposition zu benennen. Natürlich verführt der Kopfsatz des großen g-Moll-Quartetts von Edvard Grieg mit seiner machtvollen Klangfülle dazu, doch wäre es gerade hier – zumal bei einem Heimspiel – so essentiell, nicht fortwährend an der dynamischen Obergrenze entlang zu operieren, sondern bis auf ganz wenige Momente noch eine Reserve zu behalten, Raum nach oben! Auch dann, wenn explizit fortissimo gefordert ist! Ein anderer Schwachpunkt ist die Neigung zu exzessiv übersteigerten Tempi, was vor allem im Finale von Sibelius Voces intimae in ständige Grenzwertbelastung mündet (auch im Finale des Grieg-Quartetts) – doch steht ja nicht, wie bei Schumann, „so schnell wie möglich“ da… Und wo bleibt dann noch die musikalische Gestaltung? Auch ist es dann nicht immer möglich, das angeschlagene Tempo in problematischen Stellen wirklich durchzuhalten. Auch das Allegro agitato in der Romanze des Grieg-Quartetts ist zu schnell genommen, wodurch Charakter und Verfeinerung leiden. Eine andere Schwäche, vor allem bei Sibelius, betrifft die rhythmische Ebene, und zwar in einer Weise, die zwar weniger auffällt, sich jedoch auf die Kultiviertheit des Klanges und der Phrasierung stark auswirkt: das zu kurze Spielen von Tondauern, vor allem dann, wenn eine Pause darauffolgt, aber auch dann besonders dramatisch, wenn das Geschehen von einer Stimme zur anderen nahtlos weiterzureichen ist und die so entstehenden Löcher so gar nicht im Sinne der Komponisten sind, die ja zu ihrer Zeit schon genau wussten, wie sie notieren mussten, um exakt das angestrebte Resultat zu erreichen. So muss als am treffsichersten dargeboten das vierte Streichquartett von Olav Anton Thommessen, des neben Lasse Thoresen prominentesten Osloer Komponisten seiner Generation, gelten. Dieses greift unter dem Titel Felix Remixed das Scherzo aus Mendelssohns e-Moll-Quartett op. 44 Nr. 2 auf und unterwirft es aberwitzigen Collagierungen und Verfremdungen. Hier sind die vier Musiker mit ihrer Neigung zu forschem Vorwärtsritt und launigem Staccato-Drive ganz in ihrem Element und reißen mit einer furiosen Finalvorstellung mit. Das Klangbild ist exzellent in der Fülle, dem reichen Abbildungsspektrum und der durchweg gebotenen Transparenz, und der Booklettext sagt zwar musikspezifisch wenig aus, entschädigt aber dafür mit anekdotischer Beredtheit. Fazit: ein potenziell exzellentes Streichquartett, das seinen Furor zwar nicht mindern, jedoch dem strukturell und stilistisch Gebotenen anpassen und im Dienste der organischen Gesamtwirkung der Form bändigen sollte.

Christoph Schlüren [10.03.2016]

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Edvard Grieg
1Streichquartett Nr. 1 g-Moll op. 27 00:33:30
Jean Sibelius
5Streichquartett d-Moll op. 56 für 2 Violinen, Viola und Violoncello (Voces Intimae) 00:28:37
Olav Anton Thommessen
10Streichquartett Nr. 4 (Felix Remix, nach dem 2. Satz des Mendelssohn-Streichquartetts e-Moll op. 44 Nr. 2) 00:09:07

Interpreten der Einspielung

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