Russian Oboe Concertos
MDG 901 1947-6
1 CD/SACD stereo/surround • 72min • 2015
24.04.2016
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Mit ihrem langen Atem auf der Oboe erregt Maria Sournatcheva Bewunderung. Kaum sonst jemand scheint langsame Tempi und endlos durchgehaltene Töne müheloser auskosten zu können. Verantwortlich dafür ist eine Zirkularatmungstechnik, mit der während des Anblasens schon wieder Luft geholt werden kann. Für den Außenstehenden mutet dies akrobatisch an, für gestande Profi-Musikerinnen und -musiker gehört diese zeitgemäße Spieltechnik heute zum Knowhow. Zu den Profis gehört die 1988 in Moskau geborene Künstlerin allemal: Vor allem ihr bravouröses Abschneiden beim ARD-Wettbewerb markierte im Jahr 2007 einen großen Erfolg. Seitdem ist ihre strahlkräftige Stimme auf dem Instrument als solistische Bereicherung bei vielen Orchestern gefragt, nicht zuletzt beim Göttinger Symphonie Orchester, mit dem Maria Sournatcheva jetzt einen überragenden Einstieg auf CD gibt: Vier Solokonzerte, allesamt aus russischer Feder, wurden hierfür – sozusagen als Hommage an ihre Heimat – eingespielt. Gemeinsam haben die drei, hier vereinten russischen Komponisten aus dem 20. Jahrhundert, dass sie mit strenger Neutönerei nichts im Sinn haben, dafür in ihren Kompositionen umso mehr glühendes Lokalkolorit und emotionale Reichhaltigkeit aufleben lassen.
Genau dies ist die Voraussetzung, um Maria Sournatchva zu nicht enden wollender Spiellust auf der Oboe zu beflügeln. Ihr Ton ist strahlkräftig und hat nicht nur den eingangs beschworenen langen Atem, sondern eine ebenso bestechende Präzision. Plausibel und nachfühlbar ist die Klangrede, die sich aus ihrem Spiel ergibt. Mystisch beginnt Valery Kiktas Concerto from Belorod mit einem dunkel vibrierenden Paukenwirbel, woraufhin Maria Sournatchva sehr rezitativisch, fast wie in einer Improvisation, ihre Stimme auf dem Instrument erhebt. Man könnte fast sagen, dass der Höhepunkt dieser neuen CD schon ganz zu Anfang placiert wird. Leuchtende Frühlingsimpressionen, in sich ruhende Momente von pastoraler Friedlichkeit, aber auch musikantische Tarantella-Rhythmen machen immer wieder deutlich, dass diese Musik an der Volksmusik dieses Landes orientiert ist – und ursprünglich für traditionelle Instrumente geschrieben war. Der viel jüngere Andrey Rubtsov orientiert sich ebenfalls an diesen Gefilden, die auch gerne mal im süßlichen Idyll verweilen – allerdings fokussiert sein Konzert für Oboe und Streichorchester noch mehr die virtuosen Möglichkeiten des Soloinstruments. Kein Wunder, ist doch Rubtov selbst ein gefeierter Oboist!
Eine rezitativische Einleitung auf der Oboe von Maria Sournatveva eröffnet ein aufwühlendes, stürmisch nach vorne gehendes Orchestertutti in Andrey Eshpais Oboenkonzert aus dem Jahr 1984. Dieses Stück markiert einen kontrastierenden Gegenpol durch seine neoklassizistische Raffinesse und treibende, impulsive Ungestümheit. Zudem kommt hier ein filigran aufblitzendes Cembalo zum Einsatz.
Aus all dem ergibt sich ein kurzweiliges, farbenreiches Hörvergnügen, in dem die Bravourparts der solistischen Oboe einen roten Faden bilden. Noch ein anderer gewichtiger Aspekt ist für die hervorragende Gesamtwirkung dieser Produktion verantwortlich: Mit der klanglichen Realisierung hat sich das –ohnehin audiophil richtungsweisende Label Dabringhaus und Grimm – noch einmal selbst überboten! Aufgenommen wird bei dem Detmolder Label so „live“ wie möglich in einem sorgsam dafür ausgesuchten Raum. Nichts wird danach irgendwelchen digitalen Algorithmen überantwortet. Die Folge: Das Klangbild ist voller Wärme und luftiger Brillanz – und wartet mit extrem plastischer, räumlicher Tiefenstaffelung auf.
Stefan Pieper
Stefan Pieper [24.04.2016]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Valery Kikta | ||
1 | Konzert Nr. 1 für Oboe und Orchester (From Belgorod) | 00:17:00 |
Andrey Rubtsov | ||
2 | Konzert für Oboe und Streichorchester | 00:18:41 |
Valery Kikta | ||
5 | Konzert Nr. 3 für Oboe und Streichorchester | 00:19:06 |
Andrei Eshpai | ||
8 | Konzert für Oboe und Orchester | 00:17:34 |
Interpreten der Einspielung
- Maria Sournatcheva (Oboe)
- Göttinger Symphonie Orchester (Orchester)
- Christoph-Mathias Mueller (Dirigent)