Marie Jaëll 4
complete works for piano

Querstand VKJK 1608
1 CD • 61min • 2016
20.03.2017
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Mit der vierten Folge ihrer überraschenden und in vieler Hinsicht staunenswerten Marie Jaëll-Edition beschließt die aus Troisdorf stammende, in Weimar lebende Pianistin Cora Irsen ein mutiges und in den ersten drei Ausgaben mit Solowerken der Liszt-Schülerin ein nicht nur musikhistorisch bedeutsames Projekt. Über die Aufnahmen der in vielen Momenten ungemein inspirierten, persönlich, ja zukunftsweisend erdachten und im besten Sinne „komponierten“ Solowerke ist an dieser Stelle berichtet worden. Und auch die farbenreiche, mit sicherem Blick die jeweiligen Themenstellungen „anpackende“ Klavierkunst der Pavel Gililov-Schülerin ist vielen Rezensenten aufgefallen. So durfte man gespannt sein auf Cora Irsens Darbietung der beiden Klavierkonzerte in d-Moll und in c-Moll, mit denen die Interpretin mit erheblichen technischen und darüber hinaus auch dramaturgischen Aufgaben konfrontiert wird.
Der Ausführenden ist es hoch anzurechnen, in den markanten, sozusagen pianistisch „dankbaren“ Wegstrecken mit feinnerviger Brillanz für Aufmerksamkeit zu sorgen, aber auch über wenige spannende Durchgänge nach Kräften hinweghelfen zu können. Dies unterstützt den Hörer auch, einen mit 13 Minuten die Spieldauer der vorangegangenen Sätze des d-Moll-Konzerts weit übertreffenden Finalsatz an der lauschenden Stange zu halten. Das heißt: es gelingt Cora Irsen immer wieder, Marie Jaëlls ehrliches Bemühen um Konturen, um Tempo und um Esprit in den Vordergrund zu spielen.
Unter den gegebenen Aufnahmebedingungen ist das sehr zum Vorteil, denn der Klavierpart wirkt von der räumlichen Einordnung her vor allem im Zusammenspiel mit dem WDR Funkhausorchester etwas benachteiligt. Zumal der (eingefangene) Klang des Instruments für mein Empfinden vergleichsweise dunkel anmutet. Dies lässt sich nachprüfen, wenn man den Beginn der französischen Produktion des d-Moll-Konzerts mit David Violi zum Vergleich heranzieht. Hinzukommt, dass mit dem genannten Funkhausorchester unter der Leitung des deutsch-niederländischen Dirigenten Arjan Tien ein Orchester zur Verfügung steht, dessen Qualitäten sicher im grundsätzlichen Engagement, nicht aber im instrumentalen Feinschliff oder auch in glanzvollen Tutti zu finden sind.
Cora Irsens intensive Entdeckerinnen-Tätigkeit im Fall Marie Jaëll ist keineswegs auf pianistische Initiativen beschränkt. Unter dem Titel „Marie Jaëll – Die charmante Unbekannte“ ist ein aufschlussreicher Band erschienen, in dem sie auf 102 Seiten „über die fast unbekannte Komponistin und virtuose Interpretin“ schreibt. Eine kluge und auch mit Bildern gutsortierte Sammlung von Zitaten und eigenen Erfahrungen und Schlussfolgerungen! (2016 WV – Weimarer Verlagsgesellschaft in der Verlagshaus Römerweg GmbH – ISBN: 978-3-7374-0241-5)
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Vergleichseinespielung: David Violi (Nr. 1), Romain Descharmes (Nr. 2); Orchestre National de Lille, Joseph Swensen (Palazzetto Bru Zane – Portraits Vol. 3 – ISBN: 978-84-608-3017-7),
Peter Cossé † [20.03.2017]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Marie Jaëll | ||
1 | Konzert Nr. 1 d-Moll für Klavier und Orchester | 00:34:19 |
4 | Konzert Nr. 2 c-Moll für Klavier und Orchester | 00:26:52 |
Interpreten der Einspielung
- Cora Irsen (Klavier)
- WDR Funkhausorchester Köln (Orchester)
- Arjan Tien (Dirigent)