Maciej Frąckiewicz
"Wam-Iationen. Mozart"

GWK Records CLCL 132
1 CD • 66min • 2015, 2017
11.10.2018
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Das Akkordeon hat etwas von einem Über-Instrument: Zwei Stimmen können nicht nur dynamisch völlig unabhängig voneinander gespielt werden, sie können auch – wie bei der großen Kirchenorgel – ganz spezifisch klanglich abgestimmt werden. Auch die Dynamik, die sich aus seiner effizienten Lufterzeugung ergibt, kommt an jedes Blasinstrument locker heran. Die daraus resultierenden riesigen variablen Einsatzmöglichkeiten haben dieses Instrument daher in der Gegenwart nachhaltig von jeder einengenden Konnotation als „Volksmusikinstrument“ emanzipiert. Aktuell trägt der polnische Musiker Marciej Frackiewicz mit seinem kreativen Projekt dazu bei: Um Mozart geht es – also um jenen Tonschöpfer, bei dem nicht zuletzt das kultivierte kammermusikalische Miteinander ein großes Thema ist. In diesem Sinne rückt Maciej Frackiewicz sein Instrument hier in die Umgebung einer kleinen Kammerbesetzung, holt sich Freunde ins Boot, die ihm an Flöte, Viola und Violoncello zur Seite stehen. Dabei ist auch sein langjähriger Professor an der Detmolder Musikhochschule, Grzegorz Stopa, bei dem Frackiewicz das Konzertexamen absolvierte, bevor er noch ein Studium an der Essener Folkwang-Hochschule anschloss.
Klar wird: Das Akkordeonspiel steht wegen seines Charakters meist im Zentrum – etwa, wenn Frackiewicz feinfühlig den Teppich aus melodischen Fäden webt und die Motive und Themen filigran umspielt. Der vibratofreie, naturgemäß dadurch etwas statisch anmutende Ton hat seine ganz eigene Präsenz – diese „Andersartigkeit“ lädt dazu ein, dass die anderen Instrumente in vielfältiger klanglicher Färbung daran andocken. So vereint sich ein sensibles Spiel mit dem Gesang der Flöte, mit getragenen Streichersätzen und der Oboe, der immer wieder etwas unaufgeregt erzählendes anhaftet. So markieren zunächst Adagio und Rondo KV 617 eine freundliche, anmutige Welt. Solistisch und hochvirtuos tritt Maciej Frackiewicz in der Fantasie KV 608 hervor, um mit seinem Lehrer auf dem zweiten Instrument zu dialogisieren, was sich in langen verträumten Kantilenen verschiedener Adagio und Andante-Sätzen einfühlsam fortsetzt und gerade durch die hier aufgebotenen Klangfarben immer wieder Momente einer liedhaften Innigkeit freisetzen.
Musizieren zu Mozarts Zeiten hatte etwas sehr unmittelbares, improvisatorisches. Das heißt vor allem, lustvoll mit dem Material zu spielen und dabei auch betont humoristisch in die Trickkisten zu greifen. In dem berühmten Variationensatz über die Chancon „Ah vous dirais-je Maman“ duellieren sich Macjiej Frackiewicz und Grzegorz Stopa voller virtuoser Raffinesse. Da wird die Melodie in Figurationen zerlegt, beschleunigt oder pointenreich überhöht, und es geht himmelhoch hinauf und zugleich in den tiefsten Bass-Keller. Ja, diese Instrumente können viel und alle, was die beiden Spieler hier zum Einsatz bringen, wirkt plausibel.
Ob Mozart selbst wohl auch seinen Spaß an den neuen WAM-iationen von Piotr Tabakiernik haben würde? Hier werden einzelne Passagen, Zitate, Motive aus Mozart-Stücken entnommen – um ein neues frech-fröhliches Mosaik zu bilden, in dem sogar dadaistische Lautpoesie zum Einsatz kommt.
Aber davon abgesehen sind alle jazzigen Basslinien, schräge Kontrapunkte und blitzschnelle Inventionen ausnahmslos purer Mozart. Darauf legt der Schöpfer dieser zeitgenössischen Mozart-Hommage großen Wert. Für die unkonventionellen Instrumentierungsideen von Maciej Frackiewicz kommt eine solche Neubearbeitung wie gerufen.
Stefan Pieper [11.10.2018]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
1 | Adagio und Rondo c minor KV 617 | 00:11:08 |
2 | Fantasie No. 2 f minor KV 608 for 2 Pianos | 00:08:45 |
3 | Adagio und Allegro f-Moll KV 594 | 00:09:07 |
4 | Andante F-Dur KV 616 | 00:07:03 |
5 | Zwölf Variationen über Ah, vous dirai-je, Maman C major KV 265 KV 300e | 00:11:37 |
6 | Adagio C-Dur KV 356 | 00:04:23 |
Piotr Tabakiernik | ||
7 | WAM-iationen | 00:13:17 |
Interpreten der Einspielung
- Maciej Frąckiewicz (Akkordeon)
- Łukasz Długosz (Flöte)
- Sebastian Aleksandrowicz (Oboe)
- Katarzyna Budnik-Gałązka (Viola)
- Marcin Zdunik (Violoncello)
- Grzegorz Stopa (Akkordeon)