Mozart
Piano Quartets
DG 483 5255
1 CD • 67min • 2017
30.10.2018
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Gut gespielt – wie hier –, entlassen uns diese beiden Klavierquartette keinen Moment aus dem Staunen und aus der Bewunderung. Daher auch: diese Besprechung pfeift auf den Vergleich mit den nivellierenden Interpretationsversuchen der sogenannten historischen Aufführungspraxis, woraus nur das Konstatieren der turmhohen Überlegenheit des hier zu Hörenden abzuleiten wäre, und misst das Vorgehen der Barenboim-Gruppe, wenn überhaupt irgendwo angeknüpft werden sollte, einzig an den großen Musikern der Vergangenheit, die in ähnlich echter, authentischer und das Einzigartige und den Spannungsverlauf dieser Musik unwiderstehlich offenlegender Weise die Hörer mit auf die Reise ins immer wieder großartig Unbekannte mitgenommen haben. Also vorweg: so kann man Mozart spielen, ohne dass er verkünstelt, zerrupft oder sonstwie missbraucht wird. Wer heute noch Mozart auf höchstem Niveau hören möchte, ohne von Ideologen (die ihre Irrwege selbstverständlich für das historisch Korrekte oder ‚Angesagte‘ halten) genarrt zu werden, liegt hier richtig und kommt auf seine Kosten, denn was draufsteht ist hier auch drin…
Daniel Barenboim spielt diese oftmals als verkappte Klavierkonzerte bezeichneten Quartette mit einem Streichtrio von engen Vertrauten, das aus seinem Sohn, dem exzellenten Geigenvirtuosen Michael Barenboim, der Bratschistein Yulia Deyneka und dem Cellisten Kian Soltani besteht, also aus Topmusikern, die eben auch imstande sind, mit Mozart in einer Konzertaufnahme glänzend zu bestehen (stattgefunden hat es im Frühjahr 2017 im Berliner Pierre Boulez Saal).
Ein paar kleine Einwände möchte ich, wo es sich um zwei so fabelhafte, leichtfüßig leidenschaftliche, klanglich hochkultivierte und phrasierungsbewusste, ausdrucksmäßig geschlossene Aufführungen handelt, am Rande anbringen. Zunächst sind die Streicher akustisch etwas benachteiligt gegenüber dem vortrefflich aufgenommenen Flügel, wirken dort gelegentlich zu leichtgewichtig, wo sie mit orchestraler Kraft packen sollten. In den beiden Kopfsätzen ist eine Tendenz zu bemerken, das Tempo um einen Grad zu geschwind zu nehmen, was dazu führt, dass wir statt des grundlegenden 4/4-Metrums ein Alla breve zu hören vermeinen. Im Lauf der Sätze setzt sich dann das ein wenig verhaltenere (stimmige) Tempo durch, doch zwischendurch ziehen die Musiker das Tempo dann wieder an, da auch dieses noch in Erinnerung ist. Nicht jeder wird das merken, aber es schlägt sich spürbar nieder, wenn das Gehör entsprechend geschult ist. Ich persönlich halte die langwierigen Wiederholungen in den beiden Kopfsätzen und im langsamen Satz des Es-Dur-Quartetts für unnötig, da in keiner Weise formbildend, worüber man natürlich streiten kann. Und die Subito-Beschleunigung im Finale des Es-Dur-Trios vom Allegretto zu einem forschen Allegro steht zwar nicht in der Partitur, könnte aber tatsächlich von Mozart sein…
Aber das sind Marginalien angesichts einer grundlegenden Qualität des gemeinsamen Musizierens, die uns Mozart näher bringt als fast alle anderen Stars unserer Zeit. Und Daniel Barenboim spielt hier mit einer makellosen Intensität auf, die nahtlos anschließt an seine legendären Aufnahmen Mozart’scher Sonaten und Konzerte. Wunderbar, und das Ganze mit einem sehr guten Bookletessay von Wolfgang Rathert abgerundet.
Christoph Schlüren [30.10.2018]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
1 | Klavierquartett Nr. 1 g-Moll KV 478 | 00:29:36 |
4 | Klavierquartett Nr. 2 Es-Dur KV 493 | 00:37:13 |
Interpreten der Einspielung
- Daniel Barenboim (Klavier)
- Michael Barenboim (Violine)
- Yulia Deyneka (Viola)
- Kian Soltani (Violoncello)