Organ Music for the Synagogue
Repertoire on Jewish Themes by Composers of the 19th and 20th centuries
cpo 555 127-2
1 CD • 74min • 2016
09.09.2019
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Synagogenorgeln haben immer noch Seltenheitswert. Das hängt zum einen mit den unterschiedlichen Strömungen des Judentums zusammen, denn nur nicht orthodoxe Gemeinden konnten sich in der Regel zu einer Verwendung als liturgisches Instrument entschließen. Traditionell gilt im Judentum nämlich das Gleiche wie in der Griechisch-Orthodoxen Kirche: dort haben Instrumente in Kirche und Liturgie nichts zu suchen. Nur das Wort und die menschliche Stimme erklingen dort. Zum anderen ist aber auch die Verfolgung der Juden im Dritten Reich für das Verschwinden der Synagogenorgeln ursächlich, denn mit den Synagogen wurden auch die Orgeln zerstört. Seinerzeit sind deshalb wahre Juwelen dieser Instrumentengattung den Flammen zum Opfer gefallen, zum Teil wirklich große und repräsentative Bauten mit zumeist romantischer Disposition.
Deshalb ist es sehr zu begrüßen, wenn der Organist Stephan Lutermann und der Cantor Assaf Levitin an diese Orgeln und die hierfür gedachte Musik erinnern. Mangels eines Instrumentes hat man dazu die romantische Furtwängler & Hammer-Orgel im Dom zu Verden ausgewählt, ein originalgetreu erhaltenes und gut restauriertes Instrument, das für diese Musik ein schlichtweg ideales Medium ist. Lutermann weiß es auch nach allen Regeln der Kunst zu nutzen, angefangen von den fulminanten vollgriffig-romantischen Klängen, die etwa Hugo Schwantzers Präludium verlangt, bis hin zu zartesten Klangabstufungen, wie sie in Ernst August Bayers Präludium und Fuge über Synagogale Melodien verlangt werden.
Nicht alle der Komponisten waren jüdischen Glaubens und nicht alle der hier präsentierten Werke basieren – so wie etwa Siegfried Würzburgers Passacaglia und Fuge über Kol Nidre – direkt auf jüdischen Gesängen. Joseph Sulzers Vier Präludien op. 10 etwa oder Heinrich Schalits Organ Prelude sind einfach für eine liturgische Verwendung komponierte Funktionsmusik oder nur im weitesten Sinne von der jüdischen Synagogaltradition inspiriert. Das impliziert freilich auch, dass nicht nur musikalische Meisterwerke, sondern auch solche schlichteren Charakters erklingen. Die Zusammenstellung vermittelt insgesamt aber einen ausgezeichneten Eindruck der synagogalen Orgelmusiktradition und ist musikalisch wie musikhistorisch höchst empfehlenswert, nicht zuletzt durch die Kombination mit den synagogalen Gesängen, die Assaf Levitin in bester Kantorentradition beisteuert. Sie ist naturgemäß aber nur ein Ausschnitt aus dieser Tradition und so bleibt zu hoffen, dass hier auch in Zukunft noch weitere Schätze gehoben werden.
Guido Krawinkel [09.09.2019]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Hugo Schwantzer | ||
1 | Präludium op. 19 (zur Einweihung der neuen Synagoge zu Berlin) | 00:05:36 |
2 | Gey ikh mir shpatsirn | 00:01:29 |
David Nowakowsky | ||
3 | Preludium (zum Abend am Primfest) | 00:04:20 |
4 | Ashrei | 00:00:27 |
5 | Yigdal | 00:03:35 |
6 | Barekhu | 00:00:48 |
Ernst August Beyer | ||
7 | Praeludium und Fuge über synagogale Melodien | 00:09:39 |
9 | Kol nidre | 00:04:37 |
Siegfried Würzburger | ||
10 | Passacaglia und Fuge über Kol nidre | 00:09:27 |
Joseph Sulzer | ||
12 | Präludium op. 10 Nr. 1 | 00:03:32 |
13 | Präludium op. 10 Nr. 2 | 00:03:07 |
14 | Präludium op. 10 Nr. 3 | 00:02:46 |
15 | Präludium op. 10 Nr. 4 | 00:04:35 |
Max Wolf | ||
16 | Prelude | 00:04:06 |
17 | Ve-Adonai pakad et Sarah | 00:00:30 |
Arno Nadel | ||
18 | Passacaglia über Wadonaj pakad ess ssarah | 00:05:17 |
19 | Im afes | 00:00:58 |
Heinrich Schalit | ||
20 | Organ Prelude | 00:08:35 |
Interpreten der Einspielung
- Stephan Lutermann (Orgel)
- Assaf Levitin (Bass)