Nymphes des Bois
Consortmusik aus England, Frankreich und Italien
Flauto Consort 01001
1 CD • 64min • 2019
23.06.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Das Flauto Consort Freiburg, aus Absolventinnen der dortigen Musikhochschule bestehend, gibt mit dieser CD seine Visitenkarte ab. Es wählt für seine Auswahl aus dem reichen Repertoire der Renaissance die Form der Grand Tour und führt die Hörer von London über Venedig und Rom nach Paris. Hierin wird es von der Sopranistin Marie Christine Köberlein und dem Perkussionisten Michael Beilschmidt unterstützt.
Das Flauto Consort musiziert auf einem abgestimmten Satz von 10 Blockflöten vom Sopran in C hinunter bis zum Subbass in F im hohen Stimmton von 466 Hz, was eine stabile Intonation sicherstellt und klangliche Abwechslung durch alternierendes Verwenden von 8-Fuß und 4-Fuß Stimmlagen ermöglicht. Somit entsteht ein äußerst homogenes Klangbild.
Allerdings ist die Verwendung der hohen Stimmung in Verbindung mit der Besetzung der Oberstimme durch einen Sopran, der deshalb einen halben Ton höher als gewohnt agieren muss, nicht unproblematisch, zumal Großbass- und Subbass-Flöten baubedingt ein nur geringeres Volumen als die entsprechenden Tenor- und Bassgamben entwickeln können. Dies macht vor allem langsame Stücke schwierig, weil es die Sängerin dazu zwingt, auf möglichst kleiner Atemspannung lange und vor allem leise Linien zu bilden, was spätestens oberhalb des d“ zu Lasten einer deutlichen Formung von Konsonanten gehen muss. Es zwingt die Sängerin zudem, auf Verzierungen weitestgehend zu verzichten, da diese einer intensiveren Phonation bedürfen. In manchen Fällen wäre es wahrscheinlich besser, die Alt-Stimme des Satzes singen zu lassen oder gar einem Bassisten die Unterstimme anzuvertrauen.
Technisch gekonnt, stilistisch zu vorsichtig
Stilistisch wenig überzeugend jedoch ist die Manier, die Oberstimme der langsamen Instrumentalstücke analog zu den Gesangslinien in einem unverzierten, wenig abwechslungsreich artikulierten Portato zu spielen. Gerade englische Pavanen wurden im Fitzwilliam Virginal Book bei den Wiederholungen in jedem der drei Abschnitte exzessiv ornamentiert. Für die italienischen Werke bieten sich die Passaggi eines Ganassi oder Bovicelli geradezu an, für die Franzosen die Intavolierungen von Attaignant oder Cabezon.
Dass hier kein technisches Unvermögen vorliegt, beweisen die schnellen Sätze. Da stimmen Drive und der Spaß am musikantischen Verzieren. Als besonders gelungen seien hier die drei Maskentänze von William Brade angeführt. Das Accelerando im ersten und die Dudelsack-Improvisation im dritten machen schlichtweg Spaß! Die kniffligen Diminutionen des Francesco Rognoni zu Palestrinas Vestiva i colli, deren großer Tonumfang weniger auf die späte Entstehungszeit, denn auf den größeren Ambitus der Viola bastarda zurückzuführen ist, geraten zum virtuosen Höhepunkt der CD.
Die Klangtechnik bildet das Geschehen adäquat ab. Das Booklet ist liebevoll gestaltet. Leider fehlen Angaben zum Erbauer des schönklingenden Consort-Satzes und die für die einzelnen Stücke eingesetzten Kombinationen.
Fazit: Ein durchaus solides Debüt-Album des Flauto Consorts Freiburg, das aber bis zum Niveau von Spitzenensembles wie bFIVE oder Seldom Sene noch ein gutes Stück Wegs vor sich hat.
Thomas Baack [23.06.2020]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Thomas Morley | ||
1 | You that wont to my pipes sound (aus The first Booke of Ballets to five voyces) | 00:03:53 |
John Dowland | ||
2 | Flow my teares - Lachrimae antiquae (aus: Lachrimae, 1604 und Second Booke, 1600) | 00:04:28 |
3 | M. Henry Noel his Galiard (aus Lachrimae or seaven Teares) | 00:01:49 |
4 | Sir John Souch's Galliard (aus Cambridge University Library, Ms. Dd. 5.78.3, Lachrimae or seaven Teares) | 00:02:21 |
Anthony Holborne | ||
5 | Pavan Bona Speranza (aus Pavans, Galliards, Almains and other Aeirs) | 00:03:51 |
John Dowland | ||
6 | The Earle of Essex Galliard/Can she excuse my wrongs (aus: Lachrimae, 1604/The Firste Booke of Songes or Ayres, 1597) | 00:03:35 |
Richard Mico | ||
7 | Pavan (aus Pavans à 5) | 00:02:57 |
Richard Dering | ||
8 | Almaine | 00:01:47 |
Anthony Holborne | ||
9 | The Fairie Round (aus Pavans, Galliards, Almains and other Short Aeirs) | 00:02:14 |
William Brade | ||
10 | Der Satyrn Tantz (aus Newe auserlesene Branden, Intraden, Mascheraden) | 00:02:06 |
11 | Der Rothschencken Tantz (aus Newe auserlesene Branden, Intraden, Mascheraden) | 00:01:46 |
12 | Ein Schotisch Tantz (aus Newe auserlesene Branden, Intraden, Mascheraden) | 00:01:18 |
Fabritio Caroso | ||
13 | Cascarda Chiara Stella (aus Il Ballarino) | 00:00:47 |
Giovanni Pierluigi da Palestrina | ||
14 | Vestiva i colli (aus Il desiderio: Secondo libro de madrigali a 5 voci de diversi) | 00:06:54 |
Costanzo Festa | ||
15 | Contrapunto Nr. 35 (aus 125 Contrapunti sobre la Spagna) | 00:01:37 |
Vincenzo Ruffo | ||
16 | La Gamba in Basso e Soprano (aus Capricci in musica a tre voci) | 00:01:28 |
Adrian Willaert | ||
17 | O dolce vita mia (aus Canzone Villanesche alla Napoletana) | 00:03:37 |
18 | Vecchie letrose (aus Canzone Villanesche alla Napoletana) | 00:01:21 |
Josquin Desprez | ||
19 | Nymphes des bois (La déploration sur la mort de Johannes Ockeghem, a 5) | 00:03:41 |
20 | La Spagne | 00:02:49 |
Thomas Crecquillon | ||
21 | L' ardant amour (aus Livre 11: XXII chansons nouvelles) | 00:03:54 |
Pierre Sandrin | ||
22 | Puisque vivre en servitude | 00:03:21 |
Pierre Certon | ||
23 | La la la, je ne l'ose dire | 00:01:56 |
Interpreten der Einspielung
- Marie Christine Köberlein (Gesang)
- Flauto Consort Freiburg (Flötenensemble)