Mozart
Krönungsmesse KV317
BR Klassik 900530
1 CD • 60min • 2022
21.02.2023
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Will man der ohnehin äußerst reichhaltigen Diskographie der Krönungsmesse KV 317 von W. A. Mozart noch eine weitere Einspielung hinzufügen, muss man sich schon etwas Besonderes überlegen. Das dürfte auch Howard Arman bewusst gewesen sein und ihn auf die Idee gebracht haben, auf ein Orchester mit historischem Instrumentarium zurückzugreifen und die Teile des Ordinariums durch Epistelsonate und Antiphon aufzulockern. Zu einem „Sonntag mit Mozart“ wird es durch die abschließenden Vesperae solennes de Dominica KV 321.
Italien an der Salzach
Will man – besonders den frühen – Mozart historisch informiert musizieren, sind mehrere Dinge Voraussetzung: Mozarts Chor in Salzburg dürfte relativ klein besetzt gewesen sein. Darauf deuten bereits die mit den drei Unterstimmen colla parte spielenden Posaunen hin. Zudem dürfen die teils höchst virtuosen Figuren der Streicher nicht übertönt werden, da der Komponist sich sonst die Tinte hätte sparen können. Mozarts Vokalsatz für die Solisten, speziell für den Sopran – Bässe langweilen sich in diesen Werken zumeist erheblich – ist im italienisch geprägten galanten Stil gehalten. Das heißt, es muss bei Motivwiederholungen zwingend verziert werden. Lange Töne dürfen nicht nur ausgehalten werden, sondern müssen entweder durch bewusstes Vibrato oder dynamische Effekte (messa di voce, filatura) eine Richtung bekommen.
Fülle (er)schlägt Transparenz
Die CD erhält ihren Wert durch die selten zu hörenden Vesperae, das Offertorium Alma Dei Creatoris KV 277 und die solenne besetzte Epistelsonate KV 329.
Interpretatorisch sind in dieser Live-Aufnahme jedoch erhebliche Unstimmingkeiten nicht zu überhören: Der runde, vibrierende Klang des offensichtlich voll besetzten BR-Chores erschlägt das Orchester. Hier wären vier Sänger pro Stimme absolut ausreichend gewesen. Dies gibt dem ganzen eine Monumentalität, die sich gut mit einem Sinfonieorchester verträgt, ist hier jedoch nicht zu Ende gedacht. So gehen viele Details verloren.
Das Soloquartett liefert die richtigen Töne zur richtigen Zeit. Einige von unten angeschleifte Einsätze klingen nach „Oh, bin ich jetzt dran?“. Das Aufnehmen des Balls vom Partner, der gerade das selbe Motiv vorgetragen hat, findet so gut wie nicht statt.
Die Sopranistin Katharina Konradi verfügt über ein attraktives Timbre, das allerdings nur eine Vibratofrequenz kennt. Hier wäre es schön gewesen, lange Töne leise und ohne Vibrato anzusetzen und dann mit Vibrato zu intensivieren. Zudem werden Bindungen – besonders bei Intervallen ab einer Quart – nicht durch ein Portamento, sondern mit eingeschobenem „h“ realisiert, Ornamente approximativ ausgeführt und Koloraturen (Laudate Dominum in Track 13, allerdings mit schönem Triller in der Kadenz) verschleppt. Sophie Harmsen kämpft als hoher Mezzo ein wenig mit der tiefen Tessitur. Tenor Steve Davislim könnte etwas mehr Kern präsentieren, Bass Krešimir Stražanac bringt seine kurzen Einwürfe mit schönem, warmen Bassbariton.
Von der Akademie für alte Musik Berlin ist anzunehmen, dass sie ihrer Aufgabe ordnungsgemäß nachkommt. Nur wird sie von der dicken Chorbesetzung jedes Mal zugedeckt. Insgesamt gelingt es Howard Arman nicht wirklich, Spannung zu erzeugen. Motivwiederholungen geraten gleichförmig, sodass man sich fragt, warum sagt der Komponist mir dies jetzt doppelt? Das ist zwar routiniert, begeistert aus Mangel an Verve nur bedingt.
Auch die Tonmeister scheinen hier nicht den besten Tag gehabt zu haben. Die Aufnahme ist definitiv zu chorlastig. Auch werden die Solisten Sopran und Tenor von der Mikrofonierung her stark bevorzugt, Mezzo und Bass haben das Nachsehen. Dies kann dann auch der gute Booklet-Text nicht ausgleichen.
Fazit: Lohnt sich für KV 321, 329 und 277 oder als Erinnerung, wenn man im Konzert war und sich dort in die Werke verliebte.
Thomas Baack [21.02.2023]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
1 | Krönungsmesse C-Dur KV 317 (Kyrie, Gloria) | 00:07:10 |
3 | Kirchensonate KV 329 | 00:04:00 |
4 | Krönungsmesse C-Dur KV 317 (Credo) | 00:04:31 |
5 | Alma Dei Creatoris KV 277 | 00:05:24 |
6 | Krönungsmesse C-Dur KV 317 (Sanctus, Benedictus, Agnus Dei) | 00:10:27 |
9 | Vesperae de Dominica KV 321 | 00:26:50 |
Interpreten der Einspielung
- Katharina Konradi (Sopran)
- Sophie Harmsen (Mezzosopran)
- Steve Davislim (Tenor)
- Krešimir Stražanac (Bass)
- Nikolaus Pfannkuch (Kantor)
- Raphael Alpermann (Orgel)
- Chor des Bayerischen Rundfunks (Chor)
- Howard Arman (Dirigent)