Emilie Mayer
Overtures
MDG 901 2239-6
1 CD/SACD stereo/surround • 68min • 2021
12.04.2023
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Nur, weil die aus dem Mecklenburgischen stammende Emilie Mayer (1812-1883) finanziell unabhängig war und sich daher hauptberuflich als Komponistin betätigen konnte, gelang es ihr ab Ende der 1840er Jahre, in eine Domäne der Tonkunst vorzudringen, die bis dato praktisch ausschließlich Männern vorbehalten war: die Symphonie. Sie schrieb zwischen etwa 1847 und 1862 wohl insgesamt acht davon, also doppelt so viele wie Schumann oder Brahms. Da Nr. 5 als verschollen, die Existenz von Nr. 8 als fraglich gilt, gibt es heute immerhin 6 erhaltene Gattungsbeiträge, die mittlerweile allesamt auf Tonträgern vorliegen.
Sinfonie militair in solider Darbietung
Hatte Emilie Mayer ihren Symphonie-Erstling vermutlich noch unter der Obhut Carl Loewes in Stettin vollendet, zeigte die Komponistin in der 2. Symphonie bereits eine erstaunliche Unabhängigkeit. Nach ihrem Umzug nach Berlin 1847 nahm sie bei Adolf Bernhard Marx und Wilhelm Wieprecht, dem Direktor der preußischen Militärmusik, Unterricht. Wieprecht war es auch, der die 3. Symphonie in C-Dur – wohl zusammen mit einer der auf der CD ebenfalls zu hörenden Ouvertüren – in einem vielbeachteten Debütkonzert am 21. April 1850 uraufführte. Von der Sinfonie militair erschienen 2022 gleich drei Einspielungen: Neben den Aufnahmen unter Jan Willem de Vriend (cpo) und Marc Niemann (Hänssler) – vgl. unsere Besprechungen – tritt außerdem die Mecklenburgische Staatskapelle Schwerin unter ihrem GMD Mark Rohde in den Ring. Vielleicht ist der Einsatz von Piccoloflöte, Triangel, Becken und großer Trommel im Finale ja nur eine Hommage an den Lehrer. Bemerkenswert ist allerdings, dass diese Effekte hier von düsteren Adagio-Momenten eingerahmt und somit relativiert werden – und Rohde versteht sie, im Unterschied zu Niemann und de Vriend, überhaupt als besondere Klangfarben, nicht als militaristisches Auftrumpfen. Das gefällt und macht durchaus Sinn. Auch die anderen Sätze, die sich äußerlich eher konventionell klassisch geben, gestaltet sein Orchester differenziert und ausdrucksvoll, kommt aber nicht ganz an de Vriend und die NDR Radiophilharmonie heran, die noch mehr Subtilitäten parat haben. Man höre etwa die Beschleunigung in der Coda des Kopfsatzes, die dort organischer wirkt.
Vier Ouvertüren mit Atmosphäre
Emilie Mayer demonstriert schon in den drei um ca. 1850 entstandenen Ouvertüren in d-Moll, D-Dur und C-Dur weit mehr als absolut gekonntes Handwerk. Stilistisch orientieren sich die reinen Konzertstücke an Haydn bis Weber oder Mendelssohn, begeistern jedoch mit individueller Atmosphäre und klanglich beeindruckender Orchestrierung. Hier und bei der programmatischen Faust-Ouvertüre von 1880 – Mayers einzigem zu Lebzeiten gedruckten Orchesterwerk – ist Rohde momentan konkurrenzlos und erweckt diese völlig zu Unrecht lange vergessene Musik mit sicherem Gespür für Farben und Stimmungen wieder zum Leben. Das Booklet bringt die Fakten ohne Umschweife auf den Punkt, und eine ganz vorzügliche Aufnahmetechnik passt zum positiven Gesamtbild dieser Veröffentlichung.
Vergleichsaufnahmen (Symphonie Nr. 3) auf Klassik Heute:
Philharmonisches Orchester Bremerhaven, Marc Niemann:
http://www.klassik-heute.com/4daction/www_medien_einzeln?id=24001
NDR Radiophilharmonie, Jan Willem de Vriend:
http://www.klassik-heute.com/4daction/www_medien_einzeln?id=24214
Martin Blaumeiser [12.04.2023]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Emilie Mayer | ||
1 | Ouvertüre Nr. 2 D-Dur | 00:08:52 |
2 | Faust-Ouvertüre h-Moll op. 46 | 00:10:24 |
3 | Ouvertüre d-Moll | 00:07:51 |
4 | Ouvertüre Nr. 3 C-Dur | 00:09:26 |
5 | Sinfonie Nr. 3 C-Dur (Sinfonie Militaire) | 00:31:52 |
Interpreten der Einspielung
- Mecklenburgische Staatskapelle Schwerin (Orchester)
- Mark Rohde (Dirigent)