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Besprechung CD

Mozart • Reger • Leitner

Klarinettenquintette
Simon Reitmaier • Auner Quartett

Gramola 99123

1 CD • 1h 28min • 2016, 2017

11.05.2024

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Drei Klarinettenquintette stellt die vorliegende CD (mit einer Spieldauer von beinahe 88 Minuten geradezu sensationell prall gefüllt) einander gegenüber: Mozarts Quintett, das die Gattung faktisch etablierte, bildet sinnigerweise den Anfang, Max Regers Quintett, das in mancher Hinsicht auf Mozarts Werk Bezug nimmt und selbst ein Markstein des Repertoires ist, den Abschluss, und dazwischen findet man mit dem Quintett von Ernst Ludwig Leitner ein jüngeres Werk, das sich ebenfalls und noch wesentlich direkter auf Mozarts Quintett bezieht. Der junge österreichische Klarinettist Simon Reitmaier spielt diese Werke gemeinsam mit dem 2013 in Wien gegründeten Auner-Quartett.

Reitmaiers hinreißendes Klarinettenspiel

Schon an Mozarts Klarinettenquintett A-Dur KV 581 lassen sich die zentralen Qualitäten dieser Einspielungen exemplarisch nachvollziehen: da ist zuvorderst Simon Reitmaiers hinreißendes Klarinettenspiel zu nennen, geprägt von einem grundsätzlich warmen Timbre, im Detail dabei sehr flexibel und reich an Facetten und Nuancen, mit einem wundervollen Legato und der Fähigkeit, melodische Linien mit größter Kantabilität nachzuvollziehen. Auch dann, wenn die Klarinette nicht die Melodie führt, sondern mit Skalen oder Akkordbrechungen eher ausschmückende, koloristische Funktionen wahrnimmt, füllt Reitmaier diese Passagen mit so viel Farbe und Leben (sich dabei stets ganz kammermusikalisch als ein Teil des Ganzen begreifend), dass es eine Freude ist, dem leisen Schimmern seiner Figurationen z.B. im langsamen Satz oder in der vierten Variation des Finales zu lauschen. Mit dem Auner-Quartett steht ihm ein sehr gutes, zum Zeitpunkt der Aufnahmen (die CD ist bereits im Jahre 2017 erschienen) noch recht neues Ensemble zur Seite, klanglich etwas kühler als Reitmaier, nur gelegentlich vielleicht in den letzten, feinen Details noch mit etwas Luft nach oben. Insgesamt wählen die Interpreten mittlere, im Zweifel eher rasche, aber nie überhastete Tempi, und so bleibt die Musik z.B. auch bei der Moll-Eintrübung im ersten Trio des Menuetts belebt, erst das zweite Trio in der Art eines Ländlers begreifen die Musiker dann eher zurückgenommen. Bei der Tempogestaltung gefällt überhaupt (schon im Kopfsatz) das Gespür für leichte, wohldosierte Schwankungen: hier wird nicht mit großen Lettern gearbeitet, sondern sehr fein und musikalisch ausgelotet, wo ein sachtes Zurückgehen oder eben Anziehen Sinn ergibt.

Metamorphosen über Mozarts Larghetto

Der Name des 1943 geborenen, lange Zeit am Mozarteum wirkenden Österreichers Ernst Ludwig Leitner dürfte nicht jedem geläufig sein, obwohl immerhin u.a. eine sechs CDs umfassende Edition seiner Bläsersinfonik vorliegt. Sein dreisätziges Klarinettenquintett, 1996 entstanden und Metamorphosen nach Motiven von W. A. Mozart untertitelt, nimmt speziell auf das Larghetto aus Mozarts Quintett Bezug, mal ganz direkt wie bereits kurz nach Beginn, wenn sein Hauptthema im Flageolett der Streicher fast wie eine Erscheinung heraufbeschworen wird, mal variiert wie im Finale, dessen Hauptthema das Mozart-Thema in eine Art Balkantanz im 5/8-Takt verwandelt, aber auch als Keimzelle vieler Motive des gesamten Werks. Ein Werk irgendwo zwischen gemäßigter Atonalität (bei manchen expressiven Ballungen u.a. im 2. Satz) und freier Tonalität (so ist das Ende eines jeden Satzes tonal klar definiert), polyphon gestaltet und insgesamt eher traditionell orientiert, hier und da mit ein paar knallenden Bartók-Pizzicati. Nicht jede „Metamorphose“ überzeugt gleichermaßen, aber insgesamt ist dies ein sehr solides, gut gearbeitetes Werk.

Tief empfundene Introspektion in Regers Largo

Am Ende der CD erfährt Max Regers Klarinettenquintett A-Dur op. 146 eine sehr schöne, runde, die für Regers Verhältnisse zwar eher zurückgenommene, die Musik aber doch prägende Polyphonie und Chromatik in großen lyrischen Bögen auslotende Interpretation. Christian Heindl weist in seinem (ebenso informativen wie lesenswerten) Begleittext vollkommen zu Recht darauf hin, dass dieses Werk, das ja Regers letztes vollendetes ist, von ihm natürlich nicht als sein „Schwanengesang“ konzipiert worden ist, und in der Tat nehmen Reitmaier und das Auner-Quartett gerade die Ecksätze über weitere Strecken durchaus agil und mit hellem Tonfall, ohne dabei die Momente leiser Schwermut zu vernachlässigen. Im Scherzo könnte dem Huschenden, dem Ungefähren dieser Musik etwas stärker Rechnung getragen werden, und im Trio der Kanon zwischen Klarinette und Viola noch deutlicher herausgearbeitet werden. Dabei handelt es sich freilich um Nuancen, erst recht angesichts des langsamen 3. Satzes, in dem Reitmaier und das Auner-Quartett einen ausgesprochen langen Atem und viel Sinn für die weiten Linien dieser Musik beweisen. Eine tief empfundene, extrem sorgfältig zelebrierte Interpretation zwischen Frieden und leiser Melancholie, bei der stellenweise regelrecht die Zeit stehenzubleiben scheint. Für mich vielleicht sogar der Höhepunkt eines auch insgesamt sehr empfehlenswerten Albums.

Holger Sambale [11.05.2024]

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Wolfgang Amadeus Mozart
1Quintett A-Dur KV 581 für Klarinette, 2 Violinen, Viola und Violoncello 00:30:24
Ernst Ludwig Leitner
5Klarinettenquintett (Metamorphosen nach Motiven von W.A. Mozart) 00:18:08
Max Reger
8Klarinettenquintett A-Dur op. 146 00:38:40

Interpreten der Einspielung

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