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Besprechung CD

Johann Christoph Pez

Duplex Genius
L'arpa festante

cpo 555 392-2

1 CD • 79min • 2018

08.07.2024

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Johann Christoph Pez (1664-1716) wurde in München als Sohn eines Türmers geboren. Die Familie Pez versah seit langem den Dienst der Stadttürmer an St. Peter auf dem Petersberg; über die wichtige Funktion hinaus, von ihrem Turm aus die Stadt zu beobachten und vor eventuellen Feuersbrünsten zu warnen, hatten Türmer auch wichtigen Anteil am geistlichen und weltlichen Musikleben ihrer Städte: Johann Christoph Pez war also von früh auf in das musikalische Geschehen seiner Heimatstadt eingebunden. Am Münchner Jesuitengymnasium erhielt er überdies eine gute Schulausbildung. 1687 wurde er Chorregent an St. Peter, und im folgenden Jahr nahm ihn Kurfürst Maximilian II. Emanuel in seine Hofkapelle auf; der Kurfürst ermöglichte ihm auch einen längeren Studienaufenthalt in Rom. Mit einem Umweg über den Hof des ebenfalls der Wittelsbacher Familie entstammenden Kurfürsten von Köln kam Pez wieder nach München zurück und wechselte 1706 als Oberkapellmeister nach Stuttgart an den Hof des Herzogs von Württemberg, wo er 1716 verstarb.

Hochbarocke Sonatenkunst

Die „Sonate“, wie sie in den 12 Sonaten von Johann Christoph Pez hier erklingt, eroberte, von Italien ausgehend, als musikalische Form im Laufe des späten 16. und des 17. Jahrhunderts alle Musikkulturen Europas. Vom Namen her ist sie ein „Klangstück“, in dem eine ebenso freie wie umfassende Behandlung musikalischen Materials abwechslungsreich gestaltet wird; besonders geprägt war sie durch imitatorische Techniken, in denen die einzelnen Stimmen miteinander verbunden werden. Diese einerseits durch Freiheit wie auch durch formale Gebundenheit bestimmte Gestaltung musikalischer Gedanken wurde zwar europaweit erfolgreich, rief allerdings, beispielsweise in Frankreich, ob eben dieses Widerspiels von Freiheit und Verbindlichkeit Fragen auf: „Sonate, que me veux-tu ?“ (in freier Übersetzung „Sonate, was gehst du mich an?“), diese Äußerung des französischen Philosophen Bernard Le Bovier de Fontenelle (1657-1757 – er wurde tatsächlich 99 Jahre alt) überliefert Jean-Jacques Rousseau im Artikel über die Sonate in seiner berühmten Enzyklopädie. Dennoch konnten schon Komponisten des Grand Siècle wie François Couperin (1668-1733) dieser Möglichkeit freier musikalischer Gestaltung nicht widerstehen und führten die Sonate in ihre von der italienischen Musik so deutlich unterschiedene französische Barockmusik ein.

Versöhnung der Gegensätze

Eine Perle, die ihre Schönheit gerade durch die Unregelmäßigkeit ihrer Form gewinnt, wird „Barockperle“ genannt – diese eigenartig geformten Perlen sind zu Herstellung individuell gestalteten Schmucks sehr beliebt. Im gleichen Sinn ist das Wort „Barock“ auch für viele Stücke der „Barockmusik“ zu verstehen, und diese Eigenart der Epoche ist in ihrer musikgeschichtlichen Betrachtung lange hinter dem Aspekt ihrer prachtvollen Fassade wenig berücksichtigt worden. Die vorliegenden Sonaten von Johann Christoph Pez laden dazu ein, auch unter diesem Gesichtspunkt betrachtet zu werden, bieten sie doch in ihrer Satzfolge viele Beispiele, wie gegensätzliche Stimmungen sich unter dem Dach einer Komposition verbinden und einander ergänzen können.

Musikalisch souveräne Interpretation

Das 1983 von der Geigerin Michi Gaigg in München gegründete Ensemble L’arpa festante bereichert nun seit über 40 Jahren mit sorgfältig erarbeiteten und engagiert vorgetragenen Interpretationen die Szene der historisch informierten Musizierpraxis. Diese beiden Qualifikationen gelten auch für die vorliegende, 2018 eingespielte Aufnahme: Die Musiker machen diese facettenreiche Musik mit ihrer ebenso sachverständig wie einfühlsam gestalteten Darstellung für heutige Zuhörer zu einem anregenden und genussreichen Erlebnis.

Detmar Huchting [08.07.2024]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Johann Christoph Pez
1Sonata Prima (aus Duplex Genius op. 1 sive Gallo-Italus Instrumentorum Concentus 12 constans Symphoniis) 00:07:22
2Sonata Seconda G-Dur op. 1 Nr. 2 00:07:32
3Sonata Terza D-Dur op. 1 Nr. 3 00:06:06
4Sonata Quarta a-Moll op. 1 Nr. 4 00:06:25
5Sonata Quinta c-Moll op. 1 Nr. 5 00:06:57
6Sonata Sesta A-Dur op. 1 Nr. 6 00:06:22
7Sonata Settima d-Moll op. 1 Nr. 7 00:06:58
8Sonata Ottava g-Moll op. 1 Nr. 8 00:06:13
9Sonata Nona F-Dur op. 1 Nr. 9 00:06:00
10Sonata Decima C-Dur op. 1 Nr. 10 00:05:12
11Sonata Undecima op. 1 Nr. 11 00:06:03
12Sonata Decima Seconda e-Moll op. 1 Nr. 12 00:07:38

Interpreten der Einspielung

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