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Besprechung CD

Magnus Lindberg

Viola Concerto • Absence • Serenades

Ondine ODE 1436-2

1 CD • 63min • 2023, 2024

22.09.2024

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Magnus Lindberg, Jg. 1958, gehört zu den international bekanntesten finnischen Komponisten unserer Tage, und erste Referenz für Aufnahmen seiner Werke ist schon lange das Label Ondine, das mittlerweile seit Jahrzehnten sein Schaffen auf Tonträger dokumentiert. Mit der vorliegenden Neuerscheinung erreicht die Werkschau nun die Kompositionen des gegenwärtigen Jahrzehnts. Neben zwei kürzeren Orchesterstücken bildet Lindbergs Violakonzert, gespielt von seinem Widmungsträger Lawrence Power, den Kern des Albums; das Finnische Rundfunk-Sinfonieorchester wird von seinem aktuellen Chefdirigenten Nicholas Collon geleitet.

Helle, lichte Klänge im Violakonzert

Das Violakonzert, entstanden 2023/24, ist erst einmal ein Werk in den „klassischen“ drei Sätzen, wobei sich der zweite Satz allerdings verzweigt und in eine Reihe von kürzeren Abschnitten und schließlich eine Kadenz mündet, die ohne Pause in das kurze, rhythmisch geprägte Finale überleitet. Lindbergs Tonsprache ist im Laufe der Jahre bekanntlich ganz entschieden milder geworden als in seinen frühen Orchesterwerken wie Kraft, und im Violakonzert erlebt man den Komponisten über weite Strecken von einer besonders hellen, freundlichen Seite. Dies liegt nicht zuletzt an der kleinen Besetzung (klassisches Orchester mit doppelten Bläsern ohne Pauken, Schlagwerk oder auch Posaunen), und auch daran, dass Lindberg selbst innerhalb dieses klanglichen Spektrums lichte Farben bevorzugt. Zudem baut seine Harmonik auf Pentatonik und der Obertonreihe auf, was viele (übereinander geschichtete) Quintklänge und Septakkorde mit sich bringt. Ein tonales Zentrum des Werks ist D-Dur (obwohl das Konzert in As beginnt und endet), wobei Lindberg die D-Dur-Tonalität gerne mit verwandten Akkorden wie h-moll oder fis-moll mischt, was der Musik eine sanft melancholische Note verleiht; andererseits sorgt die Verwendung von leeren Saiten in Kombination mit modalen Einsprengseln hier und da dafür, dass man sich zudem ein wenig an (speziell norwegische) Folklore erinnert fühlt.

Kaleidoskopischer Ansatz in üppigen Farben

Solist und Orchester befinden sich fast durchgängig in einem regen Dialog, Lindberg kreiert die für ihn typischen orchestralen Geflechte, innerhalb derer die Viola als Primus inter pares fungiert. Überhaupt: die Wechselnoten, die Skalenfragmente, die kurzen Motive, die Fanfarenklänge in den Blechbläsern und Arabesken in den Holzbläsern sind dem mit Lindbergs Tonsprache vertrauten Hörer weithin geläufig. Dabei ist Lindberg nach wie vor und in Kontinuität zu seinem frühen Schaffen ein Komponist, dessen Musik von Klang und Klangfarben ausgeht; Motive und Ansätze melodischer Bögen kommen zwar vor, werden aber eher von verschiedenen Seiten beleuchtet als entwickelt und treten nach einer Weile wieder zu Gunsten anderer musikalischer Situationen in den Hintergrund (insofern der im Begleittext angesprochene Eindruck des Kaleidoskopischen); auch Höhepunkte entstehen eher durch klangliche Forcierung als durch konsequente Dramaturgie. Lindbergs Orchestrierung schillert in bunten, üppigen Farben; gerne wird Debussy als Vergleich hinzugezogen, der sich mir persönlich aber eigentlich eher nicht aufdrängt, denn Debussy ist viel konzentrierter, präziser in seiner Gestaltung, während Lindbergs Musik eher süffig-opulent, breit strömend und nicht selten filmisch anmutet; Referenzpunkte sind sicherlich der späte Rautavaara oder Sallinen. Gewiss angenehm zu hören, aber letztlich auch etwas konturlos, wenig zwingend.

Beethoven-Hommage und Nachtmusiken

Die beiden Orchesterstücke, jeweils 2020 entstanden, bewegen sich in ähnlichen Bahnen; Absence ist ein Auftragswerk zum 250. Geburtstag Beethovens, das insbesondere den Mittelsatz aus Beethovens Klaviersonate Nr. 26 (der bekanntlich ebenfalls Abwesenheit überschrieben ist) zitiert; das Zitathafte fügt sich dabei gut in Lindbergs Musik ein, die ohnehin immer wieder andere stilistische Sphären zu beschwören scheint. Serenades ist eine Art Nachtstück, dunkler getönt als die beiden anderen Werke (speziell das Violakonzert), hier dominieren Mollklänge und tiefere, verschattete Lagen, daneben Motivfragmente wie eine Folge von vier absteigenden Akkorden sowie eine pendelnde Bewegung, die schon in Absence eine Rolle spielt. So „wild“, wie Kimmo Korhonen es in seinem gründlichen Begleittext sieht, höre ich das Werk allerdings eher nicht. Von Seiten der Interpreten sind die Einspielungen ausgezeichnet gelungen, Power an der Viola leuchtet die klanglichen Facetten des Konzerts vorzüglich und mit stupender, zupackender Virtuosität in Kombination mit gestalterischer Meisterschaft aus, und das Finnische Rundfunk-Sinfonieorchester ist mit Lindbergs Idiom bestens vertraut und den spieltechnischen Anforderungen souverän gewachsen, um Ersteinspielungen mit Referenzcharakter vorzulegen.

Holger Sambale [22.09.2024]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Magnus Lindberg
1Viola Concerto 00:33:34
8Absence 00:11:18
9Serenades 00:17:09

Interpreten der Einspielung

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