Paul Ignaz Liechtenauer
4 Masses op. 2
cpo 555 696-2
1 CD • 79min • 2024
25.12.2024
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Fällt der Name Liechtenauer, werden ihn Mittelalter-Fans mit dem Vater der Fechtkunst, auf den sich alle späteren Traktate der Fechtmeister berufen, assoziieren. Paul Ignaz Liechtenauer (1673/74-1756) war hingegen ein Wiener, der ab 1715 am Dom zu Osnabrück wirkte. Von seinen Werken haben sich nur zwei Drucke mit 24 Offertorien und 6 Messen aus den Jahren 1736 und 1741 und ein Oboenkonzert erhalten. Vier dieser Messen hat jetzt die Kölner Akademie unter Michael Alexander Wilms eingespielt. Diese könnten sich durchaus als von der Länge her gottesdiensttaugliche, prunkvoll-barocke Alternativen zu den Salzburger Messen Mozarts im Repertoire bewähren.
Ein Wiener kommt über Trier nach Osnabrück
Paul Ignaz Liechtenauer wurde in Wien geboren. Sein Vater war bereits Orgelbauer und Organist im Dienst der Witwe Kaiser Ferdinand III., Eleonora Magdalena Gonzaga, die in Wein die italienische Musik stark förderte und eine eigene Kapelle mit 20 Musikern unterhielt. Liechtenauer wurde 1711 an den kurtrierischen Hof engagiert, dessen Kapelle aber schon 1713 aus Haushaltsgründen aufgelöst werden musste. Er bewarb sich erfoglos um die Stelle des Domkapellmeisters in Köln und gelangte von dort als Domorganist und Domkapellmeister nach Osnabrück, wo er über 40 Jahre wirkte.
Ideale Länge für den heutigen Gottesdienst
Während barocke Vertonungen des Ordinariums für die katholischen Höfe – etwa diejenigen von Jan Dismas Zelenka für Dresden – gern einmal 30-50 Minuten beanspruchen und oft einen beachtlichen Orchesterapparat sowie höchst virtuose Sänger erfordern, geben sich die Werke Liechtenauers mit 16 bis maximal 26 Minuten durchaus bescheidener. Das Orchester besteht aus 2 Violinen plus Continuo, zu denen in den Messen I-IV entweder zwei Trompeten oder Hörner kommen. Der Chorsatz ist schlicht und akkordisch-homophon. Kontrapunktisch dichtere Abschnitte sind den vier Solisten vorbehalten, denen auch in Hinblick auf Geläufigkeit einiges abverlangt wird. Darin sind sie anspruchsvoller als die Salzburger Vertonungen Mozarts. Die Messen mit Blechbläsern geben sich strahlend und festlich, sind somit für die Hochfeste bestens geeignet. Besonders ausdrucksstark gibt sich die Missa VI S. Joannis Nepomuceni (Track 16 ff.), in dunklem g-moll, die sich somit gut für die Vorfasten- oder Adventszeit eignet. Kirchenmusiker mit kleinem Chor und ordentlichen „Haussolisten“ sollten sich die Werke, die bei ePos Music als Band 4 der Reihe MUSIKEDITION OSNABRÜCKER SCHLOSS erschienen sind einmal anschauen.
Wertvolle Funde, exzellent interpretiert
Die Kölner Akademie macht unter Michael Alexander Wilms alles richtig. Da gibt es nichts zu kritisieren! Wenn der Herausgeber dieser Werke, Stefan Hanheide, dann noch mit einem höchst informativen Text aufwartet und die Aufnahmetechnik die Werke überzeugend in den Raum stellt gibt es in allen Belangen die volle Punktzahl.
Fazit: Eine höchst gelungene Produktion interessanter und für die Musikpraxis relevanter Werke. Hoffentlich kommen die beiden ausstehenden Kompositionen verbunden mit ein paar der mittlerweile ebenfalls im Neudruck vorliegenden Offertorien auf einer weiteren CD hinzu. Für katholische Kirchenmusiker Pflicht, für alle anderen als Ergötzung klar empfohlen.
Thomas Baack [25.12.2024]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Paul Ignaz Liechtenauer | ||
1 | Missa II Purificationis B.M.V. op. 2 | 00:26:05 |
6 | Missa III Assumptionis B.V.M. op. 2 | 00:19:52 |
11 | Missa V S. Antonii op. 2 | 00:16:39 |
16 | Missa VI S. Joannis Nepomuceni op. 2 | 00:16:21 |
Interpreten der Einspielung
- Die Kölner Akademie (Ensemble)
- Michael Alexander Willens (Dirigent)