Friedensrufe
Ullmann | Krenek | Reger | Schumann | Brahms
Seicento Vocale
resonando RN-10019
1 CD • 64min • 2023
17.12.2024
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
2016 gegründet und überwiegend im Raum Westfalen-Lippe erfolgreich tätig, hat sich das Ensemble Seicento Vocale auf die Chormusik des Frühbarock spezialisiert. Auf ihrer ersten CD präsentiert es sich nun überraschend mit Kompositionen zwischen Romantik und klassischer Moderne, die allerdings auf Ereignisse des 17. Jahrhunderts zurückgreifen, den Dreißigjährigen Krieg und den Ungarnkrieg 1663. Die „Friedensrufe“, die das Programm ankündigt, das schon vor sechs Jahren und damit in weitgehend friedlicher Zeit konzipiert wurde, haben heute wieder eine hohe Aktualität gewonnen.
Für den Chor arrangiert
Im Zentrum des ersten Teils stehen Ausschnitte von Viktor Ullmanns Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke, die versetzt sind mit choralartigen Gesängen von Robert Schumann und Johannes Brahms. Das 1944 im KZ Theresienstadt (kurz vor der Ermordung des Komponisten in Auschwitz) entstandene Werk für Sprecher und Orchester wird hier in einer Bearbeitung für Chor und Klavier gegeben, die Jan Croonenbroeck, einer der musikalischen Leiter des Ensembles, geschaffen hat. Die vorgesehene einzige Erzählerstimme wird dabei in den überwiegend deklamatorischen Teilen wie in einem Bühnenstück auf mehrere Stimmen aufgeteilt. Das obstinat hämmernde Klavier schafft einen beklemmenden musikalischen Untergrund.
Kriegskantaten
Ernst Krenek hat seine Kantate von der Vergänglichkeit des Irdischen auf Texte von Andreas Gryphius, Martin Opitz und Johann Klaj 1932 geschrieben, in einer Phase seines Schaffens, die im Zeichen der Zwölftonmusik stand. Die barocken Texte entfalten in dem avantgardistischen Klanggewand, in dem sich A-cappella-Chöre mit klavierbegleiteten Sopran-Soli abwechseln, die Kraft apokalyptischer Visionen. Die dann einige Jahre später im Zweiten Weltkrieg Wirklichkeit wurden. Versöhnlichere Töne vernimmt man anschließend in Max Regers Requiem Seele, vergiß sie nicht von 1915, das der Komponist den Gefallenen des Ersten Weltkriegs widmete. Der romantische Text von Friedrich Hebbel wird vom Spätromantiker Reger mit barocken Stilmitteln versetzt, einmal sogar mit einem konkreten Zitat („Wenn ich einmal soll scheiden“). Das in Variationen immer wiederkehrende Alt-Solo weist gedankliche Parallelen auf zu Gustav Mahlers „Auferstehung“: Weiterlebt, wer nach dem Tode nicht in Vergessenheit gerät.
Überzeugender Start
Das Ensemble Seicento Vocale gibt mit dieser Debüt-CD eine ansprechende Visitenkarte ab. Die 25 Sänger sind in allen vier Stimmfächern überzeugend vertreten und verbinden sich zu einem homogenen Gesamtklang, in den verhaltenen Tönen wie im glanzvollen Forte. Grenzen zeigen sich nur bei einigen gesprochenen Solo-Einsätzen in Ullmanns Cornet. Die Sopranistin Cornelia Samuelis ist die hochexpressive Solistin in Kreneks Kantate, mit pastoser Alt-Wärme bestimmt Henriette Gödde Regers Requiem. Die Pianistin Cornelia Glassl ersetzt bei Ullmann mühelos das Orchester, setzt starke Akzente bei Krenek und schafft bei Reger in einem langen Vorspiel die angemessene Stimmung.
Ekkehard Pluta [17.12.2024]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Robert Schumann | ||
1 | Schnitter Tod op. 75 Nr. 1 | 00:03:53 |
Johannes Brahms | ||
2 | Altdeutsches Kampflied WoO 35/12 | 00:02:26 |
Viktor Ullmann | ||
3 | 1. Teil: Reiten, reiten, reiten (aus: Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke) | 00:03:01 |
4 | 1. Teil: Der von Langenau schreibt einen Brief, Allegro cantabile (aus: Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke) | 00:03:33 |
Robert Schumann | ||
5 | Wenn mein Stündlein vorhanden ist (Endenicher Sterbechoral) | 00:01:43 |
Viktor Ullmann | ||
6 | 2. Teil: Als Mahl begann's, Allegro grazioso - Non molto tranquillo (aus: Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke) | 00:01:29 |
Johannes Brahms | ||
7 | Schnitter Tod WoO 34/13 | 00:02:11 |
Viktor Ullmann | ||
8 | 2. Teil: Ist das der Morgen?, Andante - Allegro - Presto - Attacca (aus: Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke) | 00:01:25 |
9 | 2. Teil: Aber die Fahne ist nicht dabei, Allegro molto, agité - Attacca (aus: Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke) | 00:01:02 |
10 | 2. Teil: Er läuft um die Wette, Prestissimo - Breit - Langsamer (aus: Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke) | 00:01:43 |
11 | 2. Teil Fnale: Im nächsten Frühjahr, Langsamer - Adagio - Andante (aus: Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke) | 00:02:03 |
Johannes Brahms | ||
12 | In stiller Nacht WoO 34/8 | 00:02:22 |
Ernst Krenek | ||
13 | Von der Vergänglichkeit des Irdischen op. 72 (Kantate) | 00:19:27 |
Max Reger | ||
14 | Requiem op. 144b (Seele, vergiß sie nicht; Hebbel-Requiem) | 00:14:22 |
Johannes Brahms | ||
15 | Dem dunkeln Schoß der heil'gen Erde WoO 20 | 00:03:09 |
Interpreten der Einspielung
- Ensemble Seicento Vocale (Vokalensemble)
- Cornelia Samuelis (Sopran)
- Henriette Gödde (Alt)
- Cornelia Glassl (Klavier)
- Jan Croonenbroeck (Dirigent)
- Alexander Toepper (Dirigent)