KammerTon KT 2009
2 CD • 2h 00min • 1999
01.03.2001
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
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Klassik Heute
Empfehlung
Dieses Oratorium ist möglicherweise genau jenes Stück, mit dem Johann David Heinichen (1683- 1729) sich die Kapellmeisterstelle am Dresdner Hof Augusts des Starken, des Kurfürsten von Sachsen und polnischen Königs, eroberte und so sein berufliches Schicksal an einen der glänzendsten Höfe Europas band. Das Werk entstand in Venedig, wo Heinichen während eines ausgedehnten Italienaufenthalts 1716 dem sächsischen Kurprinzen Friedrich August begegnete. Dieser zeigte sich von der Musik seines Landeskindes überaus begeistert und empfahl ihn nachdrücklich am heimischen Hof.
La Pace di Kamberga feiert den unblutigen Friedensschluß zwischen dem Begründer der österreichischen Dynastie, Rudolf von Habsburg und König Premislaw von Böhmen, der 1276 stattgefunden haben soll, von Historikern freilich inzwischen ins Reich der Fabel verwiesen wurde (1278 erfolgte das historisch belegte blutige Ende Premislaws/Ottokars, das aus Grillparzers Drama bekannt ist und das aus dem kleinen Adelsgeschlecht der Habsburger für Jahrhunderte eine der mächtigsten Familien der Welt machte). Die Widmung dieses Oratoriums an Friedrich August geschah sicher mit Bedacht, war doch die sächsische kurfürstliche Familie erst kürzlich in den Besitz der polnischen Königskrone gelangt - durch den Vergleich mit den Habsburgern dem eigenen Fürstengeschlecht eine gedeihliche Zukunft zu wünschen, war unzweifelhaft ein gelungener diplomatischer Schachzug.
Heinichens Musik entsprach voll und ganz der neuesten Mode der Zeit - geistvoll, abwechslungsreich, charmant und mit Sinn für opernhafte Dramatik weiß sie auf höchstem Niveau zu unterhalten. Schon dieses Erstlingswerk für den Dresdner Hof macht die Gründe verständlich, aus denen nach 1729, Heinichens Tod, nicht Bach oder Zelenka, sondern der glanzvolle Opernkomponist Hasse die frei gewordene Stelle erhielt. Wird dem Schaffen Hasses in den letzten Jahren mehr und mehr Gerechtigkeit zuteil, so steht eine breite Rehabilitation Heinichens trotz des Einsatzes von Reinhard Goebel für ihn noch aus.
Die hier vorgelegte vorzügliche Aufnahme dürfte ein Meilenstein in der Rezeptionsgeschichte dieses bisher unterbewerteten Komponisten werden. Hervorragende gesangliche Leistungen im Solovortrag wie im Ensemble, ein erstklassiges Orchester und eine gelungene dramatische Gestaltung garantieren zwei Stunden ungetrübtes Hörvergnügen. Eine außergewöhnlich gute Tontechnik belegt, daß das Label Kammerton seinen Grundsätzen auch unter diesem Aspekt erfreulicherweise treu bleibt.
Detmar Huchting [01.03.2001]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johann David Heinichen | ||
1 | La Pace di Kamberga (Oratorium) |
Interpreten der Einspielung
- Cecilia Nanneson (Sopran)
- Britta Schwarz (Alt)
- Hannes Böhm (Tenor)
- Ingolf Seidel (Baß)
- Batzdorfer Hofkapelle (Ensemble)