Ilya Gringolts Bach
DG 474 235-2
1 CD • 59min • 2002
07.08.2003
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Der mittlerweile 21jährige, aus Rußland gebürtige Ilya Gringolts hat seit seiner Debüt-CD eine hörbare und sehr positive Entwicklung durchlaufen. Das schon damals beeindruckende technische Niveau ist noch weiter ausgereift und weist einen souverän disponierenden Künstler aus, der es schon nicht mehr nötig hat, Virtuosität um ihrer selbst willen zu betreiben, sondern diese in den Dienst werkspezifischer Konzepte stellt. Dazu ist seine expressive Palette, sind seine Möglichkeiten der Erfassung eines Werks als dramaturgische Einheit enorm gewachsen.
So nimmt es auch nicht wunder, daß er nun „nach den Sternen greift“, nämlich nach der „Bibel“ der Geigenliteratur, den Solosonaten und -partiten von Johann Sebastian Bach. Unendlich viele Einspielungen dieses Werkzyklus scheinen den Newcomer fast zu erdrücken. Aber Gringolts vermeidet klug zum einen das, was man gemeinhin als „russische Schule“ bezeichnet, nämlich das romantisch ausdrucksgeladene Spiel, zum anderen aber ebenso jene oberflächliche Motorik, die einst den sog. Neoklassizismus kennzeichnete, ein fundamentales Bach-Mißverständnis. Stattdessen wählt Gringolts eine unbefangene, fast rhapsodische Herangehensweise, die dem rhythmischen Antrieb der Stücke folgt, ohne dabei ins Schematische zu verfallen. Die einzelnen Sätze, sei es das getragene „Grave“ der 2. Sonate oder das ungestüm rasante „Tempo di borea“ der 1. Partita, atmen ganz natürlich aus ihrem spezifischen Charakter heraus, den der Geiger mit bewundernswerter Akkuratesse, aber stets beseelt erfüllt. Vielleicht hätte ein so facettenreiches Werk wie die 1. Partita noch mehr an „Versenkung“ in den Fluß der Musik gebraucht; ein fast sportives Tempospiel, eine eigentlich erfreuliche, aber zuweilen übermütige Musizierlust geht manchmal mit dem Solisten durch. Doch sind die besten Voraussetzungen gegeben, der weiteren Entwicklung Gringolts’ mit höchsten Erwartungen entgegenzusehen.
Dr. Hartmut Lück † [07.08.2003]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Partita Nr. 1 h-Moll BWV 1002 für Violine solo | |
2 | Sonate Nr. 2 a-Moll BWV 1003 für Violine solo | |
3 | Partita Nr. 3 E-Dur BWV 1006 für Violine solo |
Interpreten der Einspielung
- Ilya Gringolts (Violine)