Horowitz Live And Unedited - The Historic 1965 Carnegie Hall Return Concert
Sony Classical S2K93023
2 CD + Bonus-DVD • 1h 46min • 1965
14.01.2004
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Eine der schönsten, attraktivsten und auch lehrreichsten Editionen der letzten Jahre! Auf zwei CDs und einer – allerdings recht „kurzatmigen“ – DVD bringt die Firma Sony akustisches Licht hinter die Live-Gewohnheiten des Mediums Schallplatte in Zeiten der CBS-Dokumentation eines großen, wenn nicht gar des größten pianistischen Ereignisses der 60er Jahre. „Live and Unedited“ nennt der aktuelle Herausgeber die Wiederveröffentlichung jenes denkwürdigen Mitschnittes, der den Pianisten Vladimir Horowitz nach 12 Jahren Podiumsabstinenz als umjubelten Wiederholungstäter in der New Yorker Carnegie Hall präsentierte – und dies mit einem literarisch anspruchsvollen, im Detail durchaus überraschenden Programm, denn mit Busonis Arrangement von Bachs Toccata, Adagio und Fuge (BWV 564) war damals nicht unbedingt zu rechnen.
Die nun propagierte Version des Carnegie Hall-Ereignisses macht den Hörer mit der echten, der eigentlichen Leistung Horowitzens bekannt, denn es handelt sich um die ungeschnittene, ungeschönte Botschaft eines Pianisten, dessen falsche Töne, dessen verrutschte Mini-Details zum Wesentlichsten seiner Kunst gehörten, weil sie dem Allzumenschlichen zuzuordnen sind. Sie zeigen, wie fehlbar ein Gottbegnadeter ist, während er unter Mißachtung der Unpäßlichkeiten mit unerhörter Sicherheit dem Ganzen eines Werkes, der Atmosphäre einer Partitur verbunden bleibt. Man mag aus heutiger Sicht natürlich fragen, warum Horowitz seinerzeit darauf bestanden hat, diese fingertechnischen Malheurs ausmerzen zu lassen. Womöglich wollte man am Perfektionsmythos des Künstlers keinen Kratzer erlauben, womöglich hatte man sich ganz einfach verschätzt, was die wirklichen Bedürfnisse des Publikums anbelangt.
Nun also haben wir mit dieser CD-Publikation die ganze Wahrheit jenes Neu-Debüts einer der wirklich prägenden Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts zur Verfügung. Und nicht müde wird man, diese unter geradezu selbstmörderischer Anspannung geleisteten Groß- und Kleintaten zu bewundern. Im Anhang dieses Mitschnitts finden sich die seinerzeit auf LP unter dem Motto „The Sound of Horowitz“ editierten Schumann-Kinderszenen – ein betörender Grenzfall der intimen, schmeichelnden, beschwörenden Kunst-Naivität im Sinne des kindlich-erwachsenen Schumann! – und auf DVD ein paar bislang unveröffentlichte Einblicke in die heimische Werkstatt Horowitzens.
Verbale Auskünfte, wichtiger noch: fingerfertige Botschaften im Namen von Liszt, Chopin und Moszkowski veredeln dieses 10 Minuten Bild/Ton-Vermächtnis zu einer kleinen Unendlichkeit auf Tuchfühlung mit einem Verstorbenen, der so lebendig wie nur irgend vorstellbar geblieben ist.
Erwähnte Aufnahme:
LP: CBS M2S 728
Peter Cossé † [14.01.2004]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Toccata, Adagio und Fuge C-Dur (nach BWV 564 - Bearb. für Klavier) | |
Robert Schumann | ||
2 | Fantasie C-Dur op. 17 | |
Alexander Scriabin | ||
3 | Klaviersonate Nr. 9 op. 68 (Schwarze Messe) | |
4 | Poème Fis-Dur op. 32 Nr. 1 – Andante cantabile | |
Frédéric Chopin | ||
5 | Mazurka cis-Moll op. 30 Nr. 4 – Allegretto | |
6 | Etüde F-Dur op. 10 Nr. 8 | |
7 | Ballade Nr. 1 g-Moll op. 23 – Largo - Moderato | |
Claude Debussy | ||
8 | Serenade of the Doll (Children's Corner L 113) | |
Alexander Scriabin | ||
9 | Etüde cis-Moll op. 2 Nr. 1 | |
Moritz Moszkowski | ||
10 | Étude Nr. 11 As-Dur | |
Robert Schumann | ||
11 | Träumerei op. 15 Nr. 7 (Kinderszenen op. 15) | |
12 | Kinderszenen op. 15 |
Interpreten der Einspielung
- Vladimir Horowitz (Klavier)