Werke für Cello & Klavier

hänssler CLASSIC 98.464
1 CD • 77min • 2003
02.03.2004
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Vordergründig betrachtet ist diese CD ein schönes Beispiel von gelungenen Interpretationen romantischer Kammermusik. Betrachtet man die Interpretationen jedoch genauer – wobei das durch die Interpreten mitverfasste Booklet gute Dienste leistet –, so zeigt sich ein komplexes Wechselspiel zwischen der Musik der frühen Romantik und derjenigen Johann Sebastian Bachs. Am augenscheinlichsten ist dies natürlich in der Schumann’schen Interpretation von Bachs Cellosuite in C-Dur BWV 1009 mittels einer dazukomponierten Klavierbegleitung. Doch auch die anderen, formal recht freien Werke, atmen nicht zuletzt ihrer schlanken, transparenten Interpretationen wegen den Geist der Wiederentdeckung Bachs durch die deutschen Frühromantiker wie Schumann oder Mendelssohn.
Was den emotionalen Anteil dieser klingenden Interpretationen betrifft, so sind die Aufgaben klar verteilt. Peter Bruns am Cello, einem sehr obertonreich schwingenden Instrument aus der Werkstatt von Carlo Tononi (Venedig 1730), bringt durch sein ausdrucksstarkes Spiel die gefühlsbetonten Facetten dieser Musik voll zur Geltung. Im Adagio von op. 70 verzehrt sich die Cellostimme regelrecht vor unerfüllter Sehnsucht, im folgenden Allegro scheint sie leidenschaftlich um die Stimme des Klaviers zu werben. Diese bleibt jedoch kühl, ganz der im Notentext versteckten Polyphonie – eben dem genannten Einfluss Bachs – gehorchend. Roglit Ishay ist insgesamt ganz Dienerin der Musik. Wo Bruns sein Instrument leidenschaftlich singen lässt oder fast manisch in die Saiten greift (so im Finale von op. 73), bleibt sie der konstante, die Musik stabilisierende Ruhepol.
Ebenso verhält es sich bei Bachs Cellosuite in der Instrumentation Schumanns. Bruns’ stark vom rhythmischen und kinetischen Impetus dieser Musik geprägter Interpretation setzt Ishay die von Schumann dazugesetzten Akkorde kühl und distanziert entgegen. Der von ihr gespielte hundertjährige Bechstein-Flügel passt sich durch seinen schlanken Klang dabei schön dem intimen Gestus dieser Musik an.
Ähnliches lässt sich von der diese CD eröffnenden Arpeggione-Sonate Schuberts sagen. Während das Cello melancholisch und selbstvergessen seine Melodien singt, entwickelt Ishay ihre Stimme als ebenso feines wie elastisches Gewebe.
Der Reiz dieser Aufnahme liegt neben dem genannten historischen Aspekt klar in der Polarität zwischen dem Cello aus Ausdrucksträger und dem Klavier als Verdeutlicher der satztechnischen Struktur. So entsteht eine echte Partnerschaft, ein symbiotisches Spiel mit klar verteilten Rollen.
Die Instrumente sind in ihrem klanglichen Charakter sehr gut eingefangen, warum aber die sehr starke Rechtslastigkeit in der dynamischen Balance nicht korrigiert wurde, bleibt ein Rätsel. Zwar gibt es bei fast allen Anlagen Balanceregler, mehr als ein Schönheitsfehler bleibt dieses Manko aber allemal.
Robert Spoula [02.03.2004]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Franz Schubert | ||
1 | Sonate für Arpeggione (Violoncello) und Klavier a-Moll D 821 (Arpeggionesonate) | |
Robert Schumann | ||
2 | Adagio und Allegro As-Dur op. 70 für Horn und Klavier | |
3 | Fünf Stücke im Volkston op. 102 für Violoncello und Klavier | |
4 | Fantasiestücke op. 73 für Klarinette und Klavier (bearb. von Aribert Reimann) | |
Johann Sebastian Bach | ||
5 | Suite C-Dur BWV 1009 (Bearb. für Violoncello und Klavier) |
Interpreten der Einspielung
- Peter Bruns (Violoncello)
- Roglit Ishay (Klavier)