Bolivian Baroque
Baroque music from the missions of Chiquitos and Moxos Indians
Channel Classics CCS SA 22105
2 CD/SACD stereo/surround + DVD • 75min • 2004
26.04.2005
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Üblicherweise sieht man heute die Christianisierung des spanischsprachigen Lateinamerika als Akt kolonialer Willkür und kultureller Überhebung der europäischen Entdecker (Invasoren) des südamerikanischen Subkontinents an. Die Jesuitenmission in Südamerika unterschied sich allerdings grundsätzlich von der Eroberermentalität der Spanier: Diese klugen Streiter für die Sache Christi empfanden sehr wohl die Befreiung der heidnischen Seelen zur „wahren Religion“ als ihre Hauptaufgabe, doch wußten sie genau zu unterscheiden zwischen Religion und Kultur und woben Elemente der überlieferten indianischen Kultur, hauptsächlich die einheimischen Sprachen, auf die sie trafen, in die Arbeit ihrer Missionsstationen ein. Derlei mag uns heute selbstverständlich erscheinen; damals war so etwas indes revolutionär, stand doch bei der Eroberung der neuen Territorien noch ernsthaft in Frage, ob die dort angetroffenen Zweibeiner wirklich Menschen seien. Die Jesuiten jedenfalls bejahten das ohne jeden Zweifel und übersetzten religiöse Texte in die Sprachen der vorgefundenen Völker, sobald sie diese verstanden hatten.
Gewissermaßen eine umgekehrte Missionsreise hat das Ensemble Florilegium jetzt unternommen. Man eignete sich das Repertoire der Musik aus den südamerikanischen Missionsstationen gewissermaßen im Salto rückwärts an: Im Lande selbst (Bolivien wurde als enger umschriebenes Gebiet bestimmt) suchte man musikalisches Material und einheimische Musiker, um ein wirklich echtes multikulturelles Projekt zu verwirklichen. Dazu war neben dem Verständnis für die Besonderheit der jesuitischen Missionssituation in Südamerika auch erforderlich, den Sinn gegenwärtiger südamerikanischer Sänger für die historische Aufführungspraxis zu erwecken, deren sich das Ensemble Florilegium seit seiner Gründung befleißigt.
Ohne eine solche doppelseitige kulturelle Befruchtung wäre ein solches Projekt ohne jeden Zweifel gescheitert. Doch dank der gegenseitigen Achtung, die das Verhältnis dieser durchaus unterschiedlicher kultureller Sozialisationen entstammenden Interpreten untereinander bestimmen, wird diese kulturhistorische Abenteuerreise für jeden Zuhörer zu einem Vergnügen der besonderen Art.
Eine der CD beigegebene DVD dokumentiert das Abenteuer dieser Produktion höchst eindrucksvoll!
Detmar Huchting [26.04.2005]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Domenico Zipoli | ||
1 | Beatus vir | |
Anon. | ||
2 | Sonata Chiquitanas XVIII | |
3 | Aqui Ta Naqui Iyai | |
Domenico Zipoli | ||
4 | In hoc mundo | |
Anon. | ||
5 | La folia | |
6 | In hac Mensa Novi (Arie) | |
7 | Caîma, Iyai Jesus (Motette) | |
8 | Pastoreta Ychepe Flauta | |
9 | Ascendit Dues in jubilatione (Arie) | |
10 | Exaltate Regem Regum |
Interpreten der Einspielung
- Florilegium (Ensemble)
- bolivianische Solisten ()