J.S. Bach
Cantatas for the Complete Liturgical Year Vol. 1
Accent ACC 25301
1 CD • 70min • 2004
15.02.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
„Noch ein Band 1 einer Bach-Kantatenserie?“ könnte die erschrockene Frage lauten, besteht doch an Gesamtschauen des Kantatenschaffens von Johann Sebastian Bach weiß Gott kein Mangel. Wenn allerdings ein Künstler vom Rang Sigiswald Kuijkens für das Projekt verantwortlich zeichnet, sieht die Sache gleich ganz anders aus: Selbst bei einem Überangebot an Möglichkeiten ist eine Äußerung dieses außerordentlichen Musikers immer von Gewicht. Es ist im übrigen auch keine Gesamteinspielung, die Kuijken vorlegt; mit einer Kantate seiner Wahl für jeden Sonntag des Kirchenjahres schreitet er vielmehr das liturgische Jahr ab. Das Projekt ist mit Konzerten verbunden, die jeweils drei bis vier Kantaten aus der entsprechenden Kalenderperiode des Jahres präsentieren.
In seinem Einleitungstext zu diesem Projekt weist Kuijken auf die Bedeutung der Kantatentexte hin und empfiehlt, diese vor dem Anhören der einzelnen Kantaten zu lesen, da ihr Inhalt wesentlichen Einfluss auf Bachs Komposition hatte. Dieser wichtige Hinweis hebt sich angenehm von dem allgemeinen Hochmut ab, die Texte als unwürdige Knittelversunterlage zur unsterblichen Musik Bachs abzuwerten. In ihrer Zeitgebundenheit spiegeln sie die lutherische Frömmigkeit des frühen 18. Jahrhunderts, die auch für Johann Sebastian Bach der Horizont der religiösen Haltung gewesen ist und gehören zu einem authentischen Bild seiner geistlichen Vokalmusik untrennbar hinzu.
Zum Prinzip der solistischen Aufführungspraxis der Bach-Kantaten – auch heute noch ein Gegenstand heftiger Kontroversen bei Interpreten und Musikwissenschaftlern – ist Kuijken eigenem Bekenntnis zufolge erst nach sorgfältigem Vergleich der Thesen gekommen, als er sie musikalisch in die Tat umsetzte. Diese seit Ende der 1990er Jahre andauernde Beschäftigung hat sich in ihm inzwischen zu der Gewissheit verfestigt, dass Bach selbst so verfahren ist; daran lässt sein Einführungstext keinen Zweifel. Ohne auf die besonders von den Gegnern der solistischen Besetzung mit geradezu inbrünstigem Zorn geführte Diskussion näher einzugehen, kann es kaum ein überzeugenderes Plädoyer für die solistische These geben als eine musikalische Umsetzung, wie Sigiswald Kuijken sie hier mit seinen Musikern bietet! Ihre perfekte Darbietung der Kirchenkonzerte (wie Bach seine Kantaten selbst genannt hat) vereint alles, was man sich nur wünschen kann: Intimität, Brillanz, Klarheit und Tiefe. So möge nur jeder Interpret da weitermachen, wohin Erfahrung und Überzeugung ihn geführt haben – Sigiswald Kuijken ist auf einem Gipfel angekommen, von dem aus sich allen, die ihn dahin begleiten, die Schau einer vollendeten musikalischen Landschaft ausbreitet.
Detmar Huchting [15.02.2006]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Was Gott tut, das ist wohlgetan BWV 98 (Kantate) | |
2 | Schmücke dich, o liebe Seele BWV 180 (Kantate) | |
3 | Ich will den Kreuzstab gerne tragen BWV 56 (Kreuzstabkantate) | |
4 | Ich armer Mensch, ich Sündenknecht BWV 55 (Kantate) |
Interpreten der Einspielung
- Sophie Karthäuser (Sopran)
- Petra Noskaiová (Alt)
- Christoph Genz (Tenor)
- Dominik Wörner (Bass-Bariton)
- La Petite Bande (Orchester)
- Sigiswald Kuijken (Dirigent)