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Alpha Productions 109
1 CD • 74min • 2005
16.08.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Der österreichische Komponist Johann Heinrich Schmelzer (ca. 1620–1680) war nicht nur Kapellmeister am österreichischen Kaiserhof, sondern auch einer jener Violinisten seiner Zeit, der entscheiden Einfluss auf die Entwicklung der Sonate hatten. Seine 1664 veröffentlichten Sonaten sind die ersten Werke für Violine und Generalbass im deutschsprachigen Raum.
Die französische Barockgeigerin Hélène Schmitt interpretiert gemeinsam mit dem Cellisten Jan Krigovsky, dem Lautisten Stephan Rath an der Gittarone und Jörg-Andreas Bötticher am Claviorganum (einer Mischung aus Orgel und Cembalo) vier Sonaten, wobei zwei Sonaten (D-Dur und c-Moll) der 1664 veröffentlichten Sammlung „Sonatae unarum fidium seu a violino solo“ angehören. Die beiden weiteren sowie die Sonatine in g-Moll stammen aus der Londoner Nationalbibliothek. Ergänzt wird die im eleganten Kartoncover veröffentlichte CD durch eine Chaconne, eine Gigue für Violine solo sowie durch zwei Werke von Schmelzers Zeitgenossen Wolfgang Ebner und Giovanni Pittoni für Claviorganum bzw. Gittarone.
Die einzelnen Sonaten haben mit jenem Entwicklungstypos, wie ihn die Wiener Klassik um Haydn und Beethoven entwickelte, freilich nichts zu tun. Es sind eher stilisierte Tanzsätze, oft über einem statischen harmonischen Grundgerüst. Oberflächlich betrachtet wirkt diese Musik wenig interessant, sie erschließt ihre Geheimnisse jedoch bei genauerem Hinhören. Ihr Reiz liegt weniger im bewussten Nachvollziehen der musikalischen Struktur als in den Feinheiten der melodischen Wege, die Schmelzer beschreitet. In Hélène Schmitt besitzt er dabei eine exzellente Fürsprecherin.
Schmitt nähert sich Schmelzers Notentext ausgesprochen selbstbewusst. Ihr Ton ist stählern und scharf, dann wieder flüsternd und leicht. Von den Interpretationen der einzelnen Sätze seien der äußerst ruhig beginnende Kopfsatz der D-Dur-Sonate, eine Chaconne, hervorgehoben, der im Laufe seines Fortschreitens etwas lebhafter wird. Oder die intensiv leidende Ausstrahlung im ersten und dritten Satz der c-Moll-Sonate. Ganz anders dagegen das Finale der D-Dur-Sonate, ein polterndes Allegro, das nicht zuletzt durch seine markante Rhythmik und durch seine Virtuosität die Grenzen seiner geringen Besetzung zu sprengen scheint.
Volksmusikantisch ist auch das Solo-Stück auf dieser Aufnahme, die Gigue dite Pfefferstossl. Der eigentümliche Name rührt von den Reibungen der umgestimmten Seiten (Skordatur) und passt auch gut zum feurigen Spiel Schmitts. Eine Sonderstellung nimmt die Chaconne in A-Dur ein, die durch die Einfachheit ihrer Harmonik und die „gemütliche“ Ruhe, die sie ausstrahlt, fast schon an einen Popsong erinnert. Die intelligent ausgesetzte Begleitung ordnet sich ganz Schmitts intensivem Spiel unter, bewahrt aber dennoch ihren eigenen Charakter. Beeindruckend ist jedes Mal der Wechsel vom Orgel- zum Cembaloklang, wodurch die Musik eine komplett andere Ausstrahlung bekommt.
Die Klangqualität ist ausgezeichnet, Schmitts Instrument steht glasklar im Hörraum, die Instrumente sind plastisch um sie herum verteilt. Janusköpfig müssen dagegen Cover und Booklet betrachtet werden. Der äußerlich sehr schönen Aufmachung stehen einige inhaltliche Mankos gegenüber, so etwa, dass Schmelzer auf der Rückseite mit falschen Lebensdaten unfreiwillig in die Romantik verfrachtet wurde. Der Begleittext (in Französisch und Englisch) beschreibt zwar ausführlich das Covergemälde, ein Stillleben von Gabriele Salci, beinhaltet aber keinerlei Informationen über die Interpreten oder den Komponisten Giovanni Pittoni.
Robert Spoula [16.08.2007]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Heinrich Schmelzer | ||
1 | Sonate a-Moll | 00:09:56 |
6 | Ciacona A-Dur | 00:08:58 |
7 | Sonate B-Dur | 00:09:45 |
Wolfgang Ebner | ||
11 | Toccata Tertij toni | 00:03:55 |
Johann Heinrich Schmelzer | ||
12 | Sonata quarta in D | 00:10:13 |
18 | Gigue dite Pfefferstossl | 00:01:24 |
19 | Sonatina g-Moll | 00:16:06 |
Giovanni Pittoni | ||
24 | Sonata seconda für Theorbe | 00:02:24 |
Johann Heinrich Schmelzer | ||
25 | Sonata quinta d-Moll | 00:10:31 |
Interpreten der Einspielung
- Hélène Schmitt (Violine)
- Stephan Rath (Chitarrone)
- Jörg-Andreas Bötticher (Cembalo)
- Jan Krigovsky (Violoncello)