
cpo 777 424-2
1 CD • 77min • 2008
15.01.2009
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Johann Friedrich Fasch (1688-1758) ist noch immer ein Geheimtipp. Erstaunlich, denn zu Lebzeiten wurde er ähnlich hoch gehandelt wie Johann Sebastian Bach. Heute zählt man ihn zu den bedeutendsten Instrumentalkomponisten der Bach-Zeit, auch Dank seiner Würdigung durch Hugo Riemann um 1900. Inwieweit Fasch wirklich Neues geschaffen hat, sei dahingestellt. Aber seine hier eingespielten Ouvertüren, Sinfonien und Konzerte – vermutlich eigens komponiert für die Dresdner Hofkapelle, mit der (und mit deren Konzertmeister Johann Georg Pisendel) er über viele Jahre in einem engen und fruchtbaren Kontakt stand – zeugen von einer faszinierenden Kreativität im Umgang mit den traditionellen und neuen Formen, und auch von einer besonderen Kunstfertigkeit im Bereich der Instrumentierung und wirkungsvollen Klangkombination! Ebenfalls bewundernswert ist die spannungs- und geistvolle Ausformung der einzelnen Sätze, wie man sie beispielsweise in den zwei Konzerten nach dem in Dresden sehr geschätzten Typus des Vivaldischen Concerto con molti istrumenti beobachten kann, dem Concerto F-Dur für zwei Hörner, zwei Oboen, Fagott und Violine sowie dem Concerto D-Dur für zwei Flöten, zwei Oboen und Fagott. Was diese individuell gestalteten und für die Solisten technisch sehr anspruchsvollen Werke zu einer Entdeckung macht, ist das vitale und dynamisch fein differenzierte Spiel des Ensembles Les Amis de Philippe, in dem die Musiker um den Cembalisten Ludger Rémy dem musikalischen Gedankenaustausch, den klanglichen und thematischen Kontrasten zwischen Soli und Tutti auf vorzügliche Weise nachspüren.
Überhaupt scheint die einige intonatorische Auffälligkeiten bei den Holzbläsern in Kauf nehmende Musizierhaltung dieses Ensembles geprägt zu sein von einer unbändigen Lust am farbigen Ausleuchten der unterschiedlichen Ausdrucksbereiche. Das gilt insbesondere für die Wiedergabe der beiden üppigen und empfindungsreichen Ouvertüren F-Dur und A-Dur FWV K: A2, die in ihrer Dreisätzigkeit, dem Ausgrenzen eindeutiger Tänze, dem Zurückdrängen der fugierten Schreibweise und in ihrer expressiven melodischen Gestaltung eine tatsächlich neue Arte der Orchestersuite repräsentieren: die von dem Zerbster Kapellmeister kreierte Ouvertüren-Sinfonie. Mit der traditionellen Ouvertüre haben beide Werke nur noch den jeweils den ersten Satz eröffnenden und gliedernden gravitätischen Satzabschnitt gemein. Faschs exzellentes Gespür für eine galante, aber reiche Melodik und Rhythmik wird schließlich in den von der Mannheimer, Wiener und Berliner Schule so gut wie unberührten Sinfonien A-Dur und G-Dur für Streicher und Basso continuo deutlich. Auch hier gilt: Nichts, nicht einmal die kleinsten Ausdrucksnuancen und Stimmungsschwankungen, bleibt in der Einspielung dieser Werke unterbelichtet, nichts erweckt in dieser von Manierismen freien Herangehensweise den Eindruck von Beiläufigkeit.
Fazit: Eine empfehlenswerte CD, bei der man sich unweigerlich fragt, was man mehr bewundern soll, die ungemein attraktive Musik oder ihre stilkundige Ausführung durch die Amis de Philippe und Ludger Rémy.
Christof Jetzschke [15.01.2009]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Friedrich Fasch | ||
1 | Overture F-Dur FWV K:F3 für 2 Hörner, 2 Oboen, Fagott, Streicher und B.c. | 00:15:09 |
4 | Sinfonia A-Dur FWV M:A2 für Streicher und B.c. | 00:08:54 |
7 | Concerto F-Dur FWV L:F2 für 2 Hörner, 2 Oboen, Violine, Streicher und Basso continuo | 00:13:26 |
10 | Overture A-Dur FWV K:A2 für 2 Flöten, 2 Oboen, Streicher und B.c. | 00:13:10 |
13 | Sinfonia G-Dur FWV M:G4 für Streicher und B.c. | 00:12:25 |
17 | Concerto D-Dur FWV L:D22 für 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Fagotte, Streicher und Basso continuo | 00:13:25 |
Interpreten der Einspielung
- Les Amis de Philippe (Ensemble)
- Ludger Rémy (Dirigent)