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Besprechung CD

Horowitz

Return to Chicago

DG 479 4649

2 CD • 2h 02min • 1986

03.12.2015

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 7
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Es ist das Zeugnis eines Künstlers in seinem (wie die Amerikaner sagen) „indian summer“. Vladimir Horowitz stand damals 1986 im 83. Jahr, als er das 37. und letzte Konzert in seiner Lieblingsstadt Chicago gab. Der legendäre Pianist durchlief ja eine erstaunliche Alterskarriere – in den letzten fünf Jahren vor seinem Tod 1989 spielte er nicht nur diverse Konzerte, sondern zeichnete auch für seine letzte Plattenfirma, die Deutsche Grammophon, etliche Favoritstücke noch einmal auf, was immerhin sieben Compact Discs füllt (477 8827). Das jetzt zur Diskussion stehende Chicago-Rezital wartet weitgehend (mit zwei Ausnahmen: Schumanns Arabeske op. 18 und Chopins cis-Moll-Mazurka op. 63,3) mit den gleichen Werken auf, die sich auch in der erwähnten DG-Kassette finden. Aber natürlich ist ein gewichtiger Unterschied: es handelt sich hier um einen Live-Mitschnitt und nicht um eine Studioproduktion.

Dieses Rezital vom 26. Oktober 1986 war zugleich für eine Radio-Übertragung bestimmt, und zwar beim lokalen Klassiksender WFMT von Chicago. Und es war nur dort zu hören, also keine Ausstrahlung im ganzen Land. Das mitgeschnittene Band ging vorübergehend verloren und wurde erst 2013 wieder aufgefunden. Einige Einschränkungen im spieltechnischen Bereich (selbst ein Horowitz war im Alter nicht mehr so absolut treffsicher) werden mehr als aufgewogen durch die Spontaneität der Gestaltung. Klugerweise hatte Horowitz bei diesem Auftritt auf kürzere Werke gesetzt – bloss die Mozart-Sonate KV 330 dauert mehr als zehn Minuten. Es ist eine Galerie seiner Lieblingskomponisten, von denen er jeweilen zwei bis drei Kostproben zusammenfasst: natürlich Domenico Scarlatti zum Einspielen, dann Mozart, Skrjabin, Schumann, Liszt und Chopin. Miniaturen, die sich zum Bild einer souveränen Interpretation fügen. Horowitz verzichtet weitgehend auf Manierismen, für die er ja kaum minder berühmt war. Was am meisten auffällt, ist die bei aller Bewegtheit erreichte Gelassenheit – eine lyrische Grundgestaltung, die natürlich nicht zuletzt mit seinem vielgerühmten Legato zusammenhängt. Impulsivere Töne hebt sich Horowitz für bestimmte Momente auf – im h-Moll-Scherzo von Chopin und am deutlichsten beim Ausklang der ersten Konzerthälfte mit zwei Skrjabin-Etüden. Fast schon ein überwältigender Kraftausbruch.

Dieses Chicago-Konzert war damals analog mitgeschnitten worden. Der Flügel ist passabel eingefangen und digital wohl leicht verbessert worden. Was natürlich nicht zu eliminieren war, sind die Publikumsgeräusche. Das irritiert letztlich weniger als der prasselnde Beifall, der meist in den letzten Takten losbricht. Dafür sind zwei Interviews beigefügt, die damals in den Konzertpausen ausgestrahlt wurden: eine längere Lebens- und Schaffensbilanz bei den Chicago-Auftritten anno 1974 und ein kurzes Gespräch am Vortag des bewussten Rezitals im Oktober 1986. Vor allem das letztere zeugt von der uneitlen Natürlichkeit des Künstlers – da wird fast mehr gelacht als geplaudert.

Mario Gerteis † [03.12.2015]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Domenico Scarlatti
1Klaviersonate E-Dur K 380 L 23 00:04:14
2Sonate E-Dur K 135 L 224 00:04:17
Wolfgang Amadeus Mozart
3Adagio h-Moll KV 540 00:06:02
4Rondo D-Dur KV 485 00:05:52
5Klaviersonate Nr. 10 C-Dur KV 330 KV 300h 00:17:12
Alexander Scriabin
8Etüde cis-Moll op. 2 Nr. 1 00:02:40
9Etüde dis-Moll op. 8 Nr. 12 00:02:25
CD/SACD 2
Robert Schumann
1Arabeske C-Dur op. 18 00:07:07
Franz Liszt
2Sonnetto 104 del Petrarca S 161:5 00:05:52
3Soirées de Vienne Nr. 6 (Valse-Caprice nach Franz Schubert) 00:06:51
Frédéric Chopin
4Mazurka cis-Moll op. 63 Nr. 3 00:01:58
5Mazurka f-Moll op. 7 Nr. 3 00:02:32
6Scherzo Nr. 1 h-Moll op. 20 00:08:19
Robert Schumann
7Träumerei op. 15 Nr. 7 (Kinderszenen op. 15) 00:02:25
Moritz Moszkowski
8Étincelles op. 36 Nr. 6 00:02:58

Interpreten der Einspielung

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