Out of Doors
Fabian Müller / Piano
Ars Produktion ARS 38 204
1 CD/SACD stereo/surround • 74min • 2015
19.04.2016
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Wie im Freien klingt es hier eigentlich nicht. Auch, wenn die sehr geschickt ausgesuchten Stücke dieses Rezitals von Fabian Müller alle in ganz verschiedener Weisen auf die äußere, uns Menschen gegebene Natur Bezug nehmen, ist es doch die großzügige Akustik der Wuppertaler Immanuelskirche, in welcher diese Naturmusiken stattfinden. Bei diesem Album „Out of Doors“ wirkt die Klangtechnik nicht unerheblich auf die interpretatorischen Darstellungen ein.
Selbstverständlich hätte der 1990 geborene Fabian Müller, der in Köln bei Pierre-Laurent Aimard und Tamara Stefanovich studierte (es handelt sich wohlgemerkt nicht um den gleichnamigen Schweizer Komponisten!), die Aufnahme der vier Stücke kaum wirklich im Freien stattfinden können, was die Fotoabbildungen eigentlich suggerieren. Doch bei Béla Bartóks titelgebender Suite Szabadban (Im Freien) stellt die Klangtechnik schon ein gewisses Problem dar, wenn beispielsweise die Trommelschläge der ersten Nummer „Mit Trommeln und Pfeifen“ bauchig brummen statt hart geschlagen werden; hier fehlt eine gewisse Trockenheit, nicht des Anschlags Fabian Müllers, sondern der technischen Abbildung. Und auch das formale Zentrum des Stückes, wie so oft bei Bartók eine Nachtszene, in welcher Müller die Dissonanzen in spannungsvoller, leicht unheimlicher Ruhe, mit geradezu summender Sinnlichkeit auskostet, hallt zwischen den Türen der Kirche ein wenig zu stark, zu weihungsvoll nach, als dass hier die Natur selbst zum Klingen käme. Besser paßt dies schon zum Mystizismus des Porträts der Kurzzehenlerche aus Olivier Messiaens ornithologischer Sammlung Catalogue d´oiseaux.
In den Miroirs von Maurice Ravel wirkt sich die üppige Akustik positiv aus. Die Klanglichkeit wirkt einer gewissen Geläufigkeit entgegen, die sich in Nr. 1 und 3 etwa selten damit aufhält, einmal zu vertiefen, auf besondere Ereignisse hinzuweisen, dafür aber einen sehr dichten Sog entwickelt und die Formen dieser Stücke überzeugend entwickelt und zusammenfaßt. Besonders gewinnt die Nr. 4, Alborada del gracioso, in welchem das Staccato sehr musikalisch erscheint; auch scharf gestanzte Akkorde behalten eine edle Klanglichkeit, und im abschließenden La vallée des cloches ist diese Weichheit überaus sinnvoll, weil die einzelnen Glockenschläge somit sehr magisch ineinander verwischen können.
Ein Sonderfall ist Ludwig van Beethoven. In der 15. Sonate D-Dur, der Pastorale, wird vom Komponisten – ähnlich wie in der gleichnamigen Symphonie – nicht die Natur geschildert, sondern die Empfindsamkeit des Subjekts. Diese bringt Fabian Müller ausdrucksvoll hervor, mit einem distinkten, kernigen Ton, der dennoch über all dem Sprechen nie das Singen vergißt. Im Andante wird der Kontrast von Legato-Gesang und kurz artikuliertem Baß zwar deutlich, doch durch die Akustik auch vermittelt. Gerade die Einsicht, dass die Spannung von vorgestellter musikalischer Freiluft und Kirchenakustik manchmal gelöst werden kann und manchmal zu Ungleichgewichten führen kann, macht ihrerseits die Spannungsgeladenheit dieses sehr beachtenswerten Debütalbums Fabian Müllers aus. Es wäre interessant, ihn in der nächsten Produktion einmal in einem etwas trockeneren, eher konzertanten Rahmen zu hören.
Prof. Michael B. Weiß [19.04.2016]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Maurice Ravel | ||
1 | Noctuelles (aus: Miroirs) | 00:05:02 |
2 | Oiseaux tristes (aus: Miroirs) | 00:03:59 |
3 | Une barque sur l'océan (aus: Miroirs) | 00:07:10 |
4 | Alborada del gracioso (aus: Miroirs) | 00:06:37 |
5 | La Vallée des cloches | 00:06:14 |
Béla Bartók | ||
6 | Im Freien Sz 81 BB 89 (Fünf Stücke in Suitenform für Klavier) | 00:14:37 |
Olivier Messiaen | ||
11 | L' Alouette calandrelle (aus: Catalogue d'Oiseaux) | 00:04:46 |
Ludwig van Beethoven | ||
12 | Klaviersonate Nr. 15 D-Dur op. 28 (Pastorale) | 00:25:10 |
Interpreten der Einspielung
- Fabian Müller (Klavier)