Georg Philipp Telemann
Easter Cantatas
cpo 555 425-2
1 CD • 72min • 2020
24.05.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Von 1721 bis zu seinem Tod am 25. Juni 1767 war Georg Philipp Telemann in Hamburg Kantor am Johanneum und Director Musices der Hansestadt: Als Hamburgischer Musikdirector hatte er auch für die geistliche Musik an den fünf Hauptkirchen der Stadt zu sorgen – ähnlich wie es dem Kollegen Bach in Leipzig oblag, der neben der Musik für St. Thomas auch die übrigen Kirchen der Messestadt mit geistlicher Musik zu versorgen hatte. Telemann hatte sich von Hamburg ja auch 1723 neben J. S. Bach um die Stelle als Thomaskantor in Leipzig beworben; allerdings hatte er diese Bewerbung vielleicht nur lanciert, um sein Hamburger Gehalt zu verbessern, was ihm zwei Mal gelang. An der Leipziger Stelle hatte er vielleicht trotz allem nicht so großes Interesse, da er Leipzig aus Studentenzeiten her als Hort lutherischer Orthodoxie kannte (hier hatte er als junger Mann seine ersten Erfahrungen als Kirchenmusiker gesammelt). So schrieb die Messestadt an der Pleiße dem schließlich im Wettbewerb der Kandidaten obsiegenden Bach im Vertrag vor, seine geistlichen Kompositionen dürften nicht „zu opernhafft herauskommen“ – dieses Verbot hätten die auf dieser CD vereinten Kantaten mit Sicherheit verletzt. Bach wandelte in Leipzig mit seinen geistlichen Werken, was die Vorgaben seiner geistlichen Obrigkeit bezüglich „Opernhafftigkeit“ anging, auf einem dramaturgisch sehr schmalen Pfad; wir dürfen heute seinem außerordentlichen Genie dankbar sein, wieviel musikalisches Drama er, besonders in den Passionen, gewissermaßen unter der Hand in seine geistlichen Werke eingebracht hat (man ahnt nur, welcher Opernkomponist in Bach gesteckt hätte, wenn er auch diese Seite seines dramatischen Talents musikalisch hätte verwirklichen können – zumal er die Hervorbringungen seiner Kollegen an der Dresdner Hofoper bewundert und schätzte!)
Dramatik – auch in geistlichen Werken
Das Hamburger Publikum jedenfalls bekam die dramatischen Talente ihres ebenfalls im Hamburger Opernhaus am Gänsemarkt tätigen Musikdirektors Telemann auch in der Kirche zu hören, was manchen Gemeindeglied die vielfachen Pflichtbesuche im Gotteshaus besonders während der Passions- und Osterzeit erträglicher gemacht haben dürften.
Michael Alexander Willens begleitet mit seinem Instrumentalensemble Kölner Akademie ein solistisch besetztes Vokalensemble, das auch die Aufgaben des Chores übernimmt (passend zu heutigen Erkenntnissen über die Aufführungspraxis der Zeit von Telemann und J. S. Bach). Frauenstimmen (wie in dieser Aufnahme) für den Sopran oder Alt einzusetzen war für Telemann und Bach nicht möglich – hier war Kollege Johann Mattheson (1681-1764) als Kantor am Hamburger Dom im Vorteil. Diese Kirche unterstand als ehemalige Bischofskirche nicht dem Hamburgischen Kirchenregiment und war bezüglich der Kirchenmusik sehr viel liberaler: Demzufolge durfte Mattheson für die hohen Partien seiner Kirchenmusik Frauen einsetzen und sich unter den Solistinnen der Oper am Gänsemarkt bedienen. Glücklicherweise hatte Telemann unter seinen Sängerknaben (deren Wirkungszeit in der Knabenstimme wegen des damals späteren Stimmwechels erst mit 16-17 Jahren auch gegenüber heutigen Verhältnissen länger dauerte) – für den Alt wurden gern auch Altisten bzw. Falsettisten eingesetzt.
So entsteht hier vor den Ohren des Hörers mithilfe des des co-produzierenden Deutschlandfunks ein dramatisches Bild der Hamburgischen Kirchenmusik in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, das auch heute seine Wirkung auf den Musikliebhaber nicht verfehlt.
Detmar Huchting [24.05.2021]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Georg Philipp Telemann | ||
1 | Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig TWV 1:872 (Kantate zum ersten Ostertag) | 00:13:25 |
7 | Triumph! Ihr Frommen freuet euch TWV 1:1424 (Kantate zum ersten Ostertag) | 00:19:48 |
15 | Er ist auferstanden TWV 1:1460 (Kantate zum zweiten Ostertag) | 00:08:31 |
22 | Brannte nit unser Herz in uns TWV 1:131 (Kantate zum zweiten Ostertag) | 00:14:45 |
28 | Verlass doch einst, o Mensch TWV 1:1470 (Kantate zum dritten Ostertag) | 00:14:33 |
Interpreten der Einspielung
- Johanna Winkel (Sopran)
- Margot Oitzinger (Alt)
- Georg Poplutz (Tenor)
- Peter Kooij (Bass)
- Die Kölner Akademie (Orchester)
- Michael Alexander Willens (Dirigent)