Federico Mompou
Mélodies et Chansons

MDG 613 2219-2
1 CD • 53min • 2020
22.12.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Wie sein katalanischer Landsmann Isaac Albéniz ist Federico Mompou (1893-1987) vor allem als Klavierkomponist im Gedächtnis geblieben. Sohn einer französischen Mutter, kam er nach ersten Studien in Barcelona auf Empfehlung von Enrique Granados 1911 ans Pariser Konservatorium, wo – noch unter dem Einfluß von Claude Debussy und Erik Satie – seine ersten Kompositionen entstanden. Er hatte Kontakte zur Groupe de Six und zu den literarischen Zirkeln um Paul Valéry und Jean Cocteau. Das Lied hat in seinem Œuvre keine zentrale, aber doch eine markante (Neben-) Rolle gespielt. Jedenfalls kam er immer wieder auf diese Gattung zurück. Das vorliegende Recital der Sopranistin Julia Sophie Wagner und des Pianisten Steffen Schleiermacher konzentriert sich auf die Lieder in französischer Sprache und umspannt dabei ein halbes Jahrhundert (1925-1973). Dabei zeigt sich, dass Mompous Stil in dieser Zeit von Moden, aber auch Innovationen der Avantgarde unbeeinflusst geblieben ist. Die Tonalität wird nirgends ernsthaft in Frage gestellt.
Miniaturen
Die Texte des ersten Zyklus Quatre Mélodies (1925) stammen von ihm selbst, im letzten (Cinq Mélodies, 1973) kommt er auf Valéry, den literarischen Star seiner frühen Pariser Jahre, zurück. In beiden Fällen haben wir es mit einer Form von Lyrik zu tun, deren Bilderreihen sich auch nach mehrmaligem Lesen nur schwer erschließen und Mompou entspricht ihnen mit melodischen Formeln von aphoristischer Kürze. Wir haben es durchweg mit Miniaturen zu tun. Das gilt auch für die Huit Comptines (1926/48), Abzählreime im Stil volkstümlicher Kinderlieder. In seinem instruktiven Booklet-Text wundert sich Schleiermacher, dass sich Mompou, der nicht besonders religiös war und kaum Sakrales komponiert hat, mit Hingabe auf das De profundis (Psalm 130) gestürzt hat: „Aus tiefer Not schrei ich zu Dir“, wie es in Luthers Nachdichtung heißt. Das Entstehungsjahr könnte Aufschluß geben: 1936 begann der spanische Bürgerkrieg, wurde in Griechenland eine faschistische Diktatur errichtet und fanden in Nazi-Deutschland die Olympischen Spiele statt. Fünf Jahre später musste der Komponist aus dem besetzten Paris in seine Heimat fliehen. In seinem leichtfüßigen, quirligen Duktus fungiert das Jahrmarktslied Chanson de la foire (1948) als gleichsam heiterer Kehraus des Albums.
Überzeugende Annäherung
Dessen bekannteste Titel stammen aus dem dreiteiligen Zyklus Combat del somni (Traumkampf), der hier in der französischen Version (Combat du rêve) zu hören ist. Es sind sehr poetische Liebeslieder, für die Mompou eingängige Melodien gefunden hat, die fast wie bei Bellini weit ausschwingen. Das ist der Grund, warum große katalanische Sänger wie Montserrat Caballé und José Carreras sie oft gesungen und auch aufgenommen haben. Das Ideal erreichte allerdings Victoria de los Angeles, wie ein Video aus Barcelona von 1971 beweist, wo sie vom Komponisten begleitet in häuslicher Atmosphäre das erste der drei Lieder (Damunt de tu) mit herzergreifender Innigkeit und warm strömendem Ton gestaltet. Dagegen wirkt Julia Sophie Wagner eher nordisch-kühl, doch gelingen ihr wie dem Pianisten überzeugende Annäherungen an das fremde Idiom. Wie schon in ihrem Recital mit Liedern von Charles Ives punktet die polyglotte Sängerin nicht nur mit ihrer gut fokussierten, klaren Stimme, sondern auch mit ihrer vokalen Ausdruckspalette und gestalterischen Differenzierungskunst. Schleiermacher ist nicht nur ein hervorragender Begleiter, sondern setzt auch den anspruchsvollen Klavierkomponisten Mompou ins Recht.
Ekkehard Pluta [22.12.2021]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Federico Mompou | ||
1 | La fausse morte (aus: Cinq Mélodies) | 00:02:55 |
2 | L' insinuante (aus: Cinq Mélodies) | 00:02:08 |
3 | Le vin perdu (aus: Cinq Mélodies) | 00:03:38 |
4 | Le sylphe (aus: Cinq Mélodies) | 00:01:08 |
5 | Les pas (aus: Cinq Mélodies) | 00:04:13 |
6 | Sur un coche (aus: Huit Comptines) | 00:00:40 |
7 | Margot la pie (aus: Huit Comptines) | 00:02:14 |
8 | J'ai vue dans la lune (aus: Huit Comptines) | 00:00:43 |
9 | Frédéric, tic, tic (aus: Huit Comptines) | 00:00:52 |
10 | Rossignol joli (aus: Huit Comptines) | 00:01:35 |
11 | Aserrin, Aserran (aus: Huit Comptines) | 00:01:21 |
12 | Petite fille de Paris (aus: Huit Comptines) | 00:01:37 |
13 | Pito, pito, colorito (aus: Huit Comptines) | 00:00:56 |
14 | Posées sur toi (aus: Combat du rêve) | 00:03:30 |
15 | Cette nuit là, un même vent (aus: Combat du rêve) | 00:02:35 |
16 | Je pressentais en toi la mer (aus: Combat du rêve) | 00:01:42 |
17 | Psalm | 00:05:24 |
18 | Ave Maria | 00:04:33 |
19 | Rose du chemin (aus: Quatre Mélodies) | 00:01:59 |
20 | Rideau de Feuillage (aus: Quatre Mélodies) | 00:02:02 |
21 | Incertitude (aus: Quatre Mélodies) | 00:01:35 |
22 | Neige (aus: Quatre Mélodies) | 00:02:56 |
23 | Chanson de la foire | 00:02:15 |
Interpreten der Einspielung
- Julia Sophie Wagner (Sopran)
- Steffen Schleiermacher (Klavier)