Brahms
3 Sonatas
BIS 2557
1 CD/SACD stereo/surround • 63min • 2020
02.01.2022
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Der Freundschaft zwischen Johannes Brahms und Richard Mühlfeld, dem Soloklarinettisten der Meininger Hofkapelle, verdanken wir vier kammermusikalische Meisterwerke: Das Klarinettentrio op. 114, das Quintett op. 115 und die beiden Sonaten op. 120. Sie entstehen 1891 und 1894, nachdem Brahms sein kompositorisches Schaffen 1890 eigentlich als beendet betrachtete.
„Folgenschwere“ Reise nach Meiningen.
Im März 1891 folgt Brahms einer Konzerteinladung des Meininger Hofes. Bei seinem Besuch tritt Richard Mühlfeld im Rahmen mehrerer Hofkonzerte u. a. mit Webers erstem Klarinettenkonzert und Mozarts Klarinettenquintett auf. Brahms ist hingerissen und schreibt an Clara Schumann: „Man kann nicht schöner blasen, als es der hiesige Herr Mühlfeld tut“.
Derart inspiriert und beflügelt reist er in sein Sommerquartier nach Ischl, wo er in kürzester Zeit das Trio a-Moll op. 114 und das Klarinettenquintett h-Moll op. 115 zu Papier bringt, deren Berliner Uraufführungen sensationell erfolgreich sind.
„Unser Beisammensein und unser gemeinschaftliches Musizieren war mir eins der fröhlichsten & schönsten künstlerischen Erlebnisse und wird mir eine wertvollste Erinnerung bleiben“ schreibt Brahms seinem Freund Mühlfeld und lässt als Schlusspunkt dieser wunderbaren Geschichte 1894 noch die beiden Sonaten op. 120 folgen. Wieder ist das Publikum begeistert, von September 1894 bis Februar 1895 folgen 20 Aufführungen. Das Leipziger Wochenblatt beschreibt den „Eindruck einer Improvisation zweier sich innig verstehenden Musikerseelen“.
Zukunftsweisende satztechnische und harmonische Vielfalt
Die vier Spätwerke dienen natürlich vordergründig der Zurschaustellung von Mühlfelds Meisterschaft. Trotzdem haben sie nichts mit der überkommenen Virtuosenliteratur gemein. Die Klarinettenpartien sind völlig aus dem Geist und dem Charakter des Instrumentes erfühlt, die ganze Skala der Ausdrucksmöglichkeiten wird durchmessen. Es gibt keine Stellen, die den technischen Bedingungen zuwiderlaufen. Die ganze Kunst des Interpreten kann sich auf die Gestaltung der melodischen Linien und des musikalischen Gesamtkunstwerkes konzentrieren. Was Brahms darüber hinaus an satztechnischer und harmonischer Vielfalt mit scheinbar lockerer Hand hinzufügt, weist in die Zukunft und bereitet den nachfolgenden musikalischen Neuerern den Weg.
Virtuoses Beiwerk fehl am Platze
Die Stücke erschienen auch in alternativen von Brahms autorisierten Versionen mit einer Viola anstelle der Klarinette. Während die Bratschenfassungen bei op. 114 und 115 eher als Notlösung erscheinen und heute kaum mehr Beachtung finden, entdeckten die Bratschisten die Sonaten op. 120 schnell auch für sich. Im Umkehrschluss adaptierte Michael Collins Brahms‘ Violinsonate A-Dur op. 100, was jedoch nicht durchweg überzeugt. In seinem Ehrgeiz, den Violinpart auch in der hohen Lage zu übernehmen, kommt es zu ungewollt spektakulären Effekten, die dem Charakter des Stückes zuwiderlaufen: Zwar meistert Collins die Passagen im höchsten „Nadelregister“ der Klarinette einwandfrei, was letztendlich jedoch als virtuoses Beiwerk fehl am Platze wirkt.
Betörend schöne Tongebung und beseelter musikalischer Dialog
Ganz hervorragend gelangen dem Duo Collins/Hough die beiden Klarinettensonaten ganz im Geiste ihrer „Vorfahren“ Mühlfeld/Brahms. Michael Collins mit betörend schöner Tongebung und subtiler dynamischer Abstufung im beseelten musikalischen Dialog mit dem als gleichwertigen Klavierpartner agierenden Stephen Hough.
Holger Arnold [02.01.2022]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johannes Brahms | ||
1 | Sonate Nr. 2 A-Dur op. 100 für Violine und Klavier (arr. für Klarinette Michael Collins) | 00:19:33 |
4 | Klarinettensonate f-Moll op. 120 Nr. 1 | 00:21:58 |
8 | Klarinettensonate Es-Dur op. 120 Nr. 2 | 00:20:58 |
Interpreten der Einspielung
- Michael Collins (Klarinette)
- Stephen Hough (Klavier)