Albert Lortzing
Zum Groß-Admiral
cpo 555 133-2
2 CD • 2h 23min • 2019
01.08.2022
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Schlag nach bei Shakespeare! In seinem Historiendrama König Heinrich IV. erleben wir den Thronfolger Prinz Heinz beim Lotterleben mit seinen Saufkumpanen Falstaff, Bardolph und Pistol. Im nachfolgenden Stück König Heinrich V. zeigt er sich dann als reifer König, macht die französische Prinzessin Catharina zur Gemahlin und eignet sich damit zugleich das vorher bekriegte Frankreich an. In dem Opernlibretto, das Albert Lortzing nach einer französischen Vorlage (in der Übersetzung August Wilhelm Ifflands) erstellt hat, ist Heinrich noch der alte Liederjan, aber bereits seit einiger Zeit mit Catharina verheiratet, die ihn durch eine geschickte Intrige auf den rechten Weg ehelicher Treue zurückführt. Mozarts Hochzeit des Figaro lässt grüßen, auch in Gestalt des Sopran singenden Pagen Eduard, der allerdings nicht überall herumflirtet, sondern ganz monogam um die Wirtsnichte Betty wirbt, die sich am Ende als die zugleich adelige Nichte des Grafen von Rochester entpuppt, des engsten Vertrauten Heinrichs. Im Vorstadt-Wirtshaus Zum Groß-Admiral, wo der Kronprinz verkleidet ein Abenteuer mit Betty sucht, gerät er in eine gefährliche Falle, aus der er moralisch geläutert hervorgeht.
Kaum gespielt
Lortzing komponierte die Oper in seiner Zeit als Kapellmeister am Theater an der Wien, die Uraufführung erfolgte aber nicht dort, sondern am 13. Dezember 1847 in Leipzig, wo sie trotz guter Kritiken nach wenigen Vorstellungen abgesetzt wurde. Dieses Schicksal ereilte auch die vom Komponisten selbst geleitete Wiener Erstaufführung 14 Monate später. Hier gab der Kritiker Eduard Hanslick dem Stück den Todesstoß. Auch eine zunächst positiv aufgenommene Produktion am Münchner Gärtnerplatztheater (1879) hielt sich nicht lange auf dem Spielplan. Erst in unseren Tagen hat das kleine Eduard-von-Winterstein-Theater im sächsischen Annaberg-Buchholz fast zeitgleich mit der hier vorliegenden Münchner Konzertversion den Versuch einer erneuten szenischen Aufführung übernommen.
Musikalische Qualitäten
Warum Zum Groß-Admiral trotz der außergewöhnlichen Popularität des Komponisten ein dauerhafter Erfolg versagt blieb, ist schwer auszumachen, denn die Partitur, in der sich die Tradition der deutschen Spieloper mit italienischen und französischen Einflüssen mischt, hat viele hervorstechende Qualitäten, beginnend mit der Mozarts Le nozze di Figaro nacheifernden Ouvertüre (Vivace assai), die auf einen tollen Tag vorbereitet. Die Melodien sind durchweg eingängig und nicht abgegriffen, wirkliche „Schlager“ wie „Heiterkeit und Fröhlichkeit“, „Auch ich war ein Jüngling“ oder „Einst spielt ich mit Szepter“ gibt es allerdings nicht. Am ehesten hat Heinrichs „Barcarole“ im 2. Akt das Zeug dazu. Dafür gibt es viele trefflich gearbeitete Ensembles, auch in den drei breit angelegten Finali. Die schönste Nummer ist die an Rossinis Barbier gemahnende Musikstunde, in der Eduard als falscher Musiklehrer Guido seiner angebeteten Betty auf dem Umweg eines Duetts von Phillis und Damon seine Liebe gesteht. Die Sopranistinnen Julia Sophie Wagner (Eduard) und Lavinia Dames (Betty) gestalten sie mit bestrickendem vokalem Charme.
Schwungvoll und gediegen
Auch sonst kann sich diese Münchner Live-Produktion hören lassen und macht Lust darauf, das Stück auch szenisch zu erleben. Bernhard Berchtold führt das Ensemble mit seinem eleganten und flexiblen, dabei höhensicheren Tenor glänzend an und gibt dem leichtsinnigen Kronprinzen auch darstellerisch klares Profil. Einen vielversprechenden Kavaliersbariton lässt der junge Amerikaner Jonathan Michie in der Rolle des Rochester hören, während die in vielen Mozart-Rollen bewährte Anett Fritsch, musikalisch etwas stiefmütterlich bedacht, als Catherina leicht angesäuert klingt, was freilich zur Rolle passt. Martin Blasius gibt mit markantem Polterbaß den Kriegsveteranen und Wirt. Wie schon in der Jahre zuvor produzierten Regina Lortzings (cpo 777 710-2) leitet Ulf Schirmer das Münchner Rundfunkorchester schwungvoll und gediegen, wobei Momente von Routine auszumachen sind. Das gilt auch für den von Stellario Fagone geleiteten Rundfunkchor.
Ekkehard Pluta [01.08.2022]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Albert Lortzing | ||
1 | Zum Groß-Admiral (Komische Oper in drei Akten) | 02:23:21 |
Interpreten der Einspielung
- Anett Fritsch (Catharina von Frankreich - Sopran)
- Lavinia Dames (Betty - Sopran)
- Julia Sophie Wagner (Eduard, Page von Rochester - Sopran)
- Bernhard Berchtold (Heinrich, Prinz von England - Tenor)
- Jonathan Michie (Richard, Graf von Rochester - Bariton)
- Martin Blasius (Copp Movbrai - Baß)
- Chor des Bayerischen Rundfunks (Chor)
- Münchner Rundfunkorchester (Orchester)
- Ulf Schirmer (Dirigent)