»Zenith«
GWK Records 158
1 CD • 34min • 2021
30.08.2022
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Scheinbare Widersprüche zwischen musikalischen Zeitaltern und Interpretations-Auffassungen lösen sich mit Leichtigkeit auf, wenn Anna Stegmann (Blockflöten) und Jorge Jiménez (Violine, Viola, Elektronik) ihren eigenen Soundtrack weben. Denn ein solcher entsteht, wenn dieses bemerkenswerte Duo mit ausgewähltem Repertoire aus acht (!) Jahrhunderten an ihr Debütalbum anknüpft. Um nichts weniger als einen musikalischen „Zenith“ geht es den beiden aktuell. Das ist auf Anhieb erlebbar und dafür werden zuhauf nicht-alltägliche Mittel aufgeboten.
Kammermusikalische Kostbarkeiten aus alter und neuer Zeit finden sich raffiniert miteinander Verwoben und werden manchmal durch eigene Bearbeitungen kompositorisch weitergedacht und sogar elektronisch bearbeitet. Und es zeigt sich, wie belebend es wirkt, wenn zwei Instrumente es miteinander aufnehmen, die im Standardmusikbetrieb sonst so gut wie nie ein Duo bilden.
Die Blockflötistin Anna Stegmann ebenso wie der Geiger und Bratschist Jorge Jiménez orientieren sich am historisch-informierten Spiel, was einen oft ätherisch-schwebenden, vibratoarmen Ton erzeugt. Was aber hier zu zeitgenössischen Klangvorstellen keinen Widerspruch darstellt, wo auch die elektronische Erweiterung des Klangraums oder die Emanzipation des Geräuschs kein Tabu mehr darstellt.
Auf der Suche nach Wesensverwandtschaft
Das verspielte Gewoge von Chick Coreas Children Songs, der melancholische Atem der Arpeggien in einer Gymnopedie von Erik Satie, leidenschaftliche Impulse in diversen Tänzen von Béla Bartók, kontrapunktische Studien von Luciano Berio, Eigenbearbeitungen von anonymen mittelalterlichen Melodien. All das wird zu einem reichen Ganzen, in dem beide Instrumente immer neuen Facetten einer gemeinsamen Wesensverwandtschaft nachforschen. Eben weil dieses innovative Duo dies so will und beherrscht.
Mit diesem Potenzial erreicht das Duo nicht nur den Zenit, sondern kann auch souverän die Welt umarmen. Das passiert vor allem in Christos Hatzis effektgeladenen Stück Nadir. Dies ist ein Todestanz für die Dichterin Gwendolyn McEwen und den Komponisten Morton Feldman. Die Klänge des Mittleren Ostens vereinen sich mit westlichen musikalischen Verfahren. Anna Stegmanns Tenorblockflöte setzt ein rauschendes Feuerwerk aus mikrotonal schwebenden Melismen und perkussiven Akzenten frei, während Jorge Jiménez den Klang seiner Viola zu einem virtuellen orientalischen Streicherensemble anwachsen lässt.
Stefan Pieper [30.08.2022]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Heinrich Ignaz Franz Biber | ||
1 | Passacaglia I: Origin | 00:00:54 |
Johannes Ciconia | ||
2 | Le Ray Au Soleyl | 00:03:32 |
Chick Corea | ||
3 | Children's Song Nr. 4 | 00:02:22 |
Heinrich Ignaz Franz Biber | ||
4 | Passacaglia II: Northern Winds | 00:00:52 |
Béla Bartók | ||
5 | Brâul BB 68/2 | 00:00:48 |
6 | Tänze aus Transylvanien BB 102b Sz 96 | 00:01:51 |
Heinrich Ignaz Franz Biber | ||
7 | Passacaglia III: The Guardian | 00:02:07 |
Anon. | ||
8 | Lamento di Tristano | 00:02:34 |
Heinrich Ignaz Franz Biber | ||
9 | Passacaglia IV: Night Angel | 00:00:49 |
Chick Corea | ||
10 | Children's Song Nr. 1 | 00:02:25 |
Luciano Berio | ||
11 | Peppino (Di Giugno; aus: Duetti per due violini) | 00:01:29 |
Heinrich Ignaz Franz Biber | ||
12 | Passacaglia V: Silence | 00:00:48 |
Béla Bartók | ||
13 | Duo Nr. 11 Sz 98 für 2 Violinen (Wiegenlied) | 00:01:56 |
Christos Hatzis | ||
14 | Nadir | 00:07:03 |
Erik Satie | ||
15 | Gymnopédie Nr. 1 | 00:04:04 |
Interpreten der Einspielung
- Anna Stegmann (Blockflöte)
- Jorge Jiménez (Violine, Viola, Vielle, Electronics)