Johannes Brahms & Max Reger
Clarinet Quintets
MDG 903 2287-6
1 CD/SACD stereo/surround • 76min • 2022, 2023
10.02.2024
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Die Klarinettenquintette von Johannes Brahms und Max Reger gehören wie das Klarinettenquintett Mozarts, das beiden Stücken in mancherlei Hinsicht Vorbild war, zu den letzten Arbeiten ihrer Komponisten. Im Falle Regers handelt es sich sogar um sein letztes vollendetes Werk überhaupt. Als Spätwerk im eigentlichen Sinne lässt sich freilich nur das Brahmssche Quintett op. 115 bezeichnen, stammt es doch von einem Komponisten, der sich bereits als Ruheständler gesehen hatte, bevor das überragende Spiel des Klarinettisten Richard Mühlfeld seine Schaffenskraft erneut anzufachen vermochte. Reger dagegen ist wie Mozart eines vorzeitigen, plötzlichen Todes gestorben. Dass ihm sein Quintett op. 146 zum „Spätwerk“ werden würde, konnte er nicht wissen.
Traditionsreiche Werke
Im Gegenteil hat Reger seine letzten Kompositionen als Auftakt zu einer neuen Schaffensphase gesehen. Das große Leitbild dieser letzten Schaffenszeit war freilich Mozart, an dessen Quintett Reger mit dem seinen in Tonart, Form (mit Variationenfinale) und Tonfall anknüpft. Auch sucht Reger hier, wie bereits in den Klarinettensonaten op. 49, die direkte Gegenüberstellung mit dem verehrten Brahms, wie mehrere deutliche Anspielungen auf dessen op. 115 zeigen, welches gleichfalls mit einem Variationssatz schließt. Offensichtlich sieht sich Reger in einer großen, mehr als hundertjährigen Tradition, der er durch seine von beständigen Ausweichungen geprägte Harmonik zartglühende Töne des Abendrots hinzufügt. Insofern ist er doch ein später Komponist, sein Quintett, den 43 Jahren seines Autors zum Trotz, ein spätes Werk.
Es liegt durchaus nahe, die Klarinettenquintette von Brahms und Reger auf einem Album miteinander zu koppeln, wie dies auf der vorliegenden Veröffentlichung durch den Klarinettisten Robert Oberaigner und das Fritz Busch Quartett geschehen ist. So groß die äußeren Ähnlichkeiten der beiden Werke sein mögen, charakterlich ergänzen sie einander komplementär: Dem abgeklärten, lyrischen Quintett Regers tritt das Brahmssche als ein Stück gegenüber, in dem sich die bei Brahms beständig gegenwärtige Melancholie zu tiefer Traurigkeit, leidenschaftlichem Aufbäumen und finaler Resignation verdichtet.
Metrische Freiheit
Die tonsetzerische Meisterschaft zeigt sich in beiden Werken beispielhaft im vielschichtigen Verhältnis der Klarinette zu den übrigen Instrumenten. Sie ist teils Solist, teils Duettpartner eines anderen Instruments, teils Begleiter, stellenweise auch nur Grundierung der Streicher, ähnlich einer Orchesterklarinette. Auch machen Brahms und Reger reichlich von der Möglichkeit Gebrauch, durch Registerwechsel die Klangfarbe zu verändern. In allen ihm zugedachten Rollen findet sich Robert Oberaigner zurecht, und auch seine Mitspieler wissen zu führen und zurückzutreten, wenn es die Situation verlangt. Die Musiker meistern die intrikaten Stellen, an denen Zweier- und Dreierrhythmen zugleich erklingen, scheinbar ohne Mühen und folgen den tatsächlichen metrischen Schwerpunkten, wie Harmonik und Phrasierung sie nahelegen. So kann man hören, wie Brahms und Reger gegen die „Diktatur des Taktstrichs“ aufbegehren (wie Regers jüngerer Zeitgenosse Heinrich Kaminski, ebenfalls Komponist höchst wertvoller Kammermusikwerke mit Klarinette, gesagt hätte). Die Aufführungen zeichnen sich weiterhin durch sicher gewahrte Grundtempi aus. Die Musiker erkennen einen Tanz auch dort, wo er aus der Notation nicht sofort ersichtlich ist, und machen manchen Walzerschritt hörbar. Gut platzierte kleine Verzögerungen und Beschleunigungen beleben das Metrum, was die romantische Seite beider Komponisten deutlich hervortreten lässt. So wirkt der Mittelteil des Brahmsschen Adagios trefflich in seiner Rhapsodik erfasst, und Regers äußerst langsames Largo erklingt als ein frei sich entfaltender Prosamonolog, der bis zum Schluss spannend bleibt. Eine durchweg ansprechende Produktion!
Norbert Florian Schuck [10.02.2024]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johannes Brahms | ||
1 | Quintett h-Moll op. 115 für Klarinette, 2 Violinen, Viola und Violoncello | 00:39:11 |
Max Reger | ||
5 | Klarinettenquintett A-Dur op. 146 | 00:36:23 |
Interpreten der Einspielung
- Robert Oberaigner (Klarinette)
- Fritz Busch Quartet (Streichquartett)