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Besprechung CD

Augusta Holmès

Symphonic Poems

cpo 555 593-2

1 CD • 66min • 2022, 2023

14.08.2024

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Zu den wenigen in Frankreich im ausgehenden 19. Jahrhundert erfolgreichen Komponistinnen gehört zweifellos Augusta Holmès (1847‒1903). Mit teils irischer Abstammung in Paris geboren, wurde sie erst 1871 französische Staatsbürgerin, weshalb ihr zunächst eine reguläre Ausbildung etwa am Conservatoire verwehrt blieb und sie auf Privatunterricht ausweichen musste. Dennoch war sie bereits als junge Frau gut vernetzt und wurde z.B. von Saint-Saëns bewundert. Der Besuch der Münchner Uraufführung von Rheingold machte sie zur glühenden Wagnerianerin. Größten Einfluss hatte dann jedoch César Franck, dessen Schülerin Holmès zeitweise war. Im Gegensatz zu den meisten ihrer komponierenden Kolleginnen wagte sie sich schnell an Großformen wie Oper und Symphonische Dichtung und konnte damit punkten. Ihre Musik wurde im großen Rahmen – so bei den Concerts Colonne oder der Weltausstellung 1889 – aufgeführt und erschien auch im Druck.

Remake (?) der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz

Die Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz hatte bereits zu Beginn der 1990er Jahre für Marco Polo – unter Samuel Friedmann und Patrick Davin – eine fast inhaltsgleiche CD mit Werken Holmès‘ eingespielt, die heute beim hauseigenen Label des SWR erhältlich ist. Die Neuaufnahme, geleitet vom derzeitigen britischen Chefdirigenten Michael Francis, ersetzt lediglich die Ouverture pour une comédie durch die umfänglichere, dreisätzige Programmsinfonie Roland Furieux (1876) nach Ariosto, die allerdings zu Holmès Lebzeiten nie vollständig erklungen ist. Mit gekonnter Orchestrierung setzt die Komponistin drei Episoden des Versromans in Szene, was noch eher wie Liszts symphonische Dichtungen klingt als nach Wagner, im zentralen Andante allerdings ein recht französisches Waldweben hervorzaubert. Francis und sein bestens aufgelegter Klangkörper realisieren die dramatischen wie lyrischen Momente gleichermaßen adäquat und bleiben selbst in den dick instrumentierten Passagen stets durchsichtig.

Neuaufnahmen mit bemerkenswertem Qualitätsgewinn

Dass diese Neuaufnahme absolut ihre Berechtigung hat, zeigt sich aber ganz klar im direkten Vergleich der übrigen Stücke: Die Introduktion der symphonischen Dichtung Andromède – in den 1890ern entstanden – beginnt mit Posaunen und Celli, die offenkundig das Meer repräsentieren sollen. Später erscheinen dazu Andromeda und ein Seeungeheuer: Fafner lässt grüßen. Während Friedmann 1990 – nicht nur hier – geradezu plump und grobschlächtig herumpoltert, ohne dabei echte Atmosphäre zu erzeugen, gelingt Francis eine vor allem dynamisch unvergleichlich differenziertere Darbietung. Auch agogisch lässt der Brite sein Orchester weitaus flexibler agieren, disponiert die Steigerungen sorgfältiger.

Plädoyers für nationale Eigenständigkeit

Dasselbe gilt für die beiden höchst erfolgreichen Tondichtungen Irlande und Pologne: Mit dieser Musik bedient Holmès empathisch die nationalistische Schiene zweier verzweifelt um staatliche Unabhängigkeit ringender Völker. In Pologne stachelt dafür natürlich eine Mazurka den folgenden heroischen Freiheitskampf an, Irlande startet mit einer ausladenden Hirtenmelodie der Klarinette und endet ebenso mit einem triumphalen Marsch. Francis charakterisiert hier zwingend jedes Detail und überblickt souverän den Zusammenhang, wo bei Friedmann das Orchester leider ziemlich lustlos Noten herunterspult. Vielleicht hatten die Rheinland-Pfälzer seinerzeit suboptimale Probenbedingungen, aber selbst das schon von Davin ordentlich musizierte Andante amoroso aus Ludus pro Patria entfaltet in der Neueinspielung weitaus stärkeres nächtliches „Parfum“ – ein höchst liebliches Zwischenspiel. Die räumlich und dynamisch plastischere Aufnahmetechnik tut ein Übriges. Gegenüber der alten Einspielung, die lediglich einen damals musikalisch weißen Fleck zu kartieren versuchte, kann die vorliegende cpo Produktion nun rundweg überzeugen. Holmès Orchestermusik ist, so gespielt, jedenfalls wirklich hörenswert.

Vergleichsaufnahme: Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, Samuel Friedmann, Patrick Davin (Marco Polo 8.223449, 1990-92).

Martin Blaumeiser [14.08.2024]

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Augusta Holmès
1Roland Furieux (Sinfonie nach Ariost) 00:23:02
4Irlande (Poème symphonique) 00:13:50
5Pologne (Poème symphonique) 00:09:40
6Andromède (Poème symphonique) 00:13:46
7Ludus pro patria 00:05:41

Interpreten der Einspielung

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