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Besprechung CD

Johann Anton André

Chamber Works

eda records 050

1 CD • 56min • 2024

15.10.2024

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Der 1774 gegründete Musikverlag André mit eigenen Verkaufsräumen existiert heute noch als unabhängiges Unternehmen. Dabei sind die glamourösen Zeiten schon lange vorbei. Für sie zeichnete ganz besonders der Sohn des Gründers, Johann Anton André (1775-1842), verantwortlich, der sich vor allem um die Verbreitung der Werke Mozarts verdient machte. Dass er selbst ein veritabler Komponist – einer der besten seiner Zeit – war, ist längst vergessen. Wunder muss nicht nehmen, dass der Einfluss Mozarts sich in seinem Schaffen am stärksten niederschlug. Dieser war selbstredend der bestmögliche Einfluss, und er hat aus André eben keinen bloßen Epigonen gemacht, sondern ihn zu einem geistreichen Meister reifen lassen, dessen Œuvre es tatsächlich wert ist, auch im Konzertleben wiederbelebt zu werden.

Ein weiterer Klassiker

Vorliegendes Album präsentiert drei Werke der scheinbaren Gebrauchsmusik der Epoche, die allesamt zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstanden und natürlich im Musikverlag André gedruckt wurden: sein Streichquartett op. 14 Nr. 1 C-Dur (das erste von insgesamt 6 Quartetten aus seiner Feder), eine Sonate für Klaviertrio op. 17 C-Dur und ein zweisätziges Duo für 2 Violinen op. 27 G-Dur.

Das Quartett besticht nicht nur mit gediegenem obligaten Kontrapunkt, geschmeidiger Harmonik, lebendiger Themenbildung und -entfaltung und vielen originellen, oft wunderlich überraschenden Wendungen, sondern präsentiert auch einige beredte quasi-rezitativische Soli der Primgeige. Es ist ein Werk in klassischer Viersätzigkeit, das man wunderbar in einem Programm zusammen mit Boccherini, Haydn, Mozart (dem auch hier Nächststehenden), Kraus oder Beethoven aufführen kann. Es wird sich da weder peinlich noch dürftig ausnehmen, sondern mit seinem natürlichen Charme, der mühelos aufgefächerten Faktur und nie in Frage stehenden formalen Stringenz einen bemerkenswerten Akzent setzen. Ja, André ist nicht ein Genie wie Mozart, und doch, es gibt dann nicht viel weiteres in jener Zeit, das es mit André aufnehmen kann. Insofern also für alle, die die Klassik lieben, eine unbedingte Empfehlung.

Hochvirtuoses, originelles Violinduo

Das gilt auch für die beiden weiteren Werke. Das dreisätzige Klaviertrio heißt mit gutem Grund ‚Sonate‘, ist es doch – wie auch Mozarts berühmte Klaviertrios – eigentlich ein von zwei Streichern unterstütztes Solowerk, in welchem die Geige dialogisieren und das Cello lediglich obligat grundieren darf. Manches im sonnig erfrischenden Tonfall erinnert hier durchaus auch an den frühen Beethoven. Und eine ganz besondere Überraschung offeriert das hochvirtuose Geigenduo. Es ist nicht nur in beiden Sätzen recht großformatig – und dabei spannungsvoll schlüssig – gebaut, sondern anders als die meisten Beiträge auch so namhafter Meister wie etwa Ignace Pleyel weit mehr als gefällig-didaktische Unterhaltung. Technisch im Zusammenspiel eine effektvolle Herausforderung, die im Konzert auch bei echten Könnern ordentliches Risikopotential birgt, bezaubert es mit dem originellsten Tonfall der hier versammelten Stücke.

Hohe Musizierkultur

Die Schlusssätze sind allesamt Rondoformen über eingängiger, geradezu volkstümlich anmutender Thematik und verlangen ein gemessenes, absolut natürliches Zeitmaß. In vorliegender Aufnahme besteht hier – wie fast immer heute in solcher Musik – eine gewisse Tendenz zum Vorantreiben, die musikantisch reizvoll ist, jedoch der charakteristischen Gesamtwirkung nicht zuträglich. Das ist aber auch schon fast der einzige signifikante Einwand, wenn man einmal davon absieht, dass des öfteren die dynamischen Kontraste zu wenig herausgearbeitet sind, also das potentiell orchestrale Element unterbelichtet bleibt. Ansonsten sind dies durchweg ausgesprochen ansprechende, kultivierte Aufführungen, wie sie heute – im Zeitalter einer zu Routine erstarrten sogenannten ‚historischen Aufführungspraxis‘ mit ihren Manierismen des fast alles zu kurz und dadurch zu schnell Spielens, der penetranten Überbetonung der schweren Taktzeiten und der weitverbreiteten Unfähigkeit, Noten auszuhalten und dabei lebendig zu gestalten – ganz selten geworden sind. Entweder man traut sich das nicht und man vermag es nicht mehr. Hier, bei diesen in jeder Hinsicht vorzüglichen polnischen Musikern, ist das ganz anders. Und gleich denke ich, dass ich sie gerne auch mit Haydn, Boccherini oder Mozart hören würde. Und natürlich auch mit weiterem André.

Übrigens besticht das Album auch mit exemplarisch natürlich abbildendem Klangbild und einem so sympathischen wie leichtflüssig informativen Booklet-Essay von Axel Beer. Eine rundherum zu empfehlende Produktion.

Christoph Schlüren [15.10.2024]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Johann Anton André
1Sonate op. 17 für Violine, Violoncello und Klavier 00:14:01
4Duett Nr. 2 G-Dur op. 27 00:15:49
6Streichquartett Nr. 1 C-Dur op. 14 00:25:41

Interpreten der Einspielung

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