Baroque Oboe Concertos

Accent ACC22156
1 CD • 50min • 2002
09.02.2004
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die kompetente Werkwiedergabe in Verbindung mit einer von den barocken Konzertformen geprägten Vielfalt der Personalstile verleiht dieser CD einen besonderen Stellenwert. So steht das Opus 1 des Alessandro Marcello als „eines der berühmtesten Barockkonzerte überhaupt“ (laut Beiheft) für das konzertierende Dialogisieren im Wechsel von kurzen Tutti-Vorgaben und jeweils neu formulierten, auch begleitenden Kurz-Einschüben mit den ausgedehnten Solo-Episoden, gespeist aus den gleichen Motivquellen. Bach würdigte später dieses Concerto, das lange Zeit als Werk Benedetto Marcellos (des Bruders Alessandros) galt, mit einer Bearbeitung für Cembalo solo (BWV 981). Dem gegenüber sind Telemanns Beiträge teils der Vivaldischen Ritornellform verpflichtet, teils durch die Kombination von orchestralen Ostinatofloskeln mit unabhängig vom Orchesterpart entwickelten Solopartien charakterisiert. Händels g-Moll-Concerto steht wiederum dem barocken Suitenstil nahe.
Eine Sonderstellung nehmen in diesem Zusammenhang drei Kantaten-Einleitungsmusiken von J.S. Bach ein, da sie entsprechend dem Programmkonzept die unverzichtbare Schreibweise des Thomaskantors mangels fehlender Überlieferung von originalen Oboenkonzerten Bachs demonstrieren sollen. Merkmale und Unterschiede werden auf diese Weise durch ein vitales, engagiertes Barockmusizieren im historischen Klanggewand dank wertvoller Originalinstrumente oder deren Meisterkopien verdeutlicht. Aufhorchen läßt vor allem die auffallend warme Grundtönung von Ponseels Barockoboe, die der Solist nach einem Vorbild von Stanesby jun. selber angefertigt hat und deren Klangspektrum von einer Oboe d’amore kaum zu unterscheiden ist. Und daß die Geigerin Sophie Gent eine erst kürzlich (1996!) von dem Geigenbaumeister Arthur Robinson hergestellte Amati-Kopie spielt, erregt genügend Aufmerksamkeit, daß dies im Beiheft angesichts der vorliegenden Werkdokumentation, Spielweise und Klänge einige Informationen zur Kunst und zur Problematik des Nachbaus barocker Vorbilder verdient hätte.
Kurios ist letztendlich der Wunsch des Ensembleleiters und Solisten Ponseele, als Zugabe („bonus track“) eine Komposition von Astor Piazzolla anzuhängen. Alle Mitwirkenden genießen aber offensichtlich diesen Zeitsprung ins 20. Jahrhundert – und der Zuhörer nach 45 barocken Minuten ebenfalls.
Dr. Gerhard Pätzig [09.02.2004]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Alessandro Marcello | ||
1 | Konzert d-Moll op. 1 für Harfe und Orchester | |
Johann Sebastian Bach | ||
2 | Ich steh mit einem Fuß im Grabe BWV 156 (Kantate) | |
Georg Philipp Telemann | ||
3 | Konzert f-Moll TWV 51:f2 | |
Johann Sebastian Bach | ||
4 | Ich hatte viel Bekümmernis BWV 21 (Bearb. v. Franz Liszt) | |
Georg Friedrich Händel | ||
5 | Konzert g-Moll HWV 287 für Oboe, Streicher und basso continuo | |
Johann Sebastian Bach | ||
6 | Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen BWV 12 (Kantate) | |
Georg Philipp Telemann | ||
7 | Concerto e-Moll TWV 51:e1 für Oboe, Streicher und B.c. | |
Astor Piazzolla | ||
8 | Oblivion |
Interpreten der Einspielung
- Marcel Ponseele (Oboe, Leitung)
- Il Gardinello (Ensemble)