cpo 999 727-2
1 CD • 78min • 2000
01.08.2001
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Für Operettenfeinde böte dieses kurze, einaktige Werk genügend Anlaß, um sich über den Schwachsinn des Genres lustig zu machen. Tatsächlich strotzt das Textbuch der 1922 an einer Wiener Kleinbühne uraufgeführten Lehár-Operette von Geistesblitzen wie "Schwindeln, schon in den Windeln, erlernen das die kleinen Kindeln." Der Autor - sein Name sei nicht verheimlicht: Rudolf Eger - hat eine Handlung verbrochen, bei der man sich nur wundern kann, daß das Werk einstmals Anklang gefunden hat und viel gespielt wurde: Schüchterner junger Mann namens Lorenz (Tenor), anscheinend Schuh- und Wäsche-Fetischist (O du kleines Stückchen Stoff, weißt ja kaum, was ich erhoff) verliebt sich in die Kleider einer Unbekannten. Ewald, ebenfalls junger Mann (Bariton), doch alles andere als schüchtern, schwärmt von Handgreiflicherem (Komm, die Nacht gehört der Sünde). Ihre Partnerinnen heißen Hedwig und Toni, das Ganze spielt in Wien.
Es scheint heute völlig undenkbar, das Werk in seiner Urform, ebenso auch in der späteren Fassung für Berlin (unter dem Titel Frühlingsmädel) auf die Bühne zu bringen - doch als Tonaufnahme bedeutet es eine willkommene Begegnung. Es fehlt darin zwar der zündende Hauptschlager, doch in vielen Einzelheiten tritt Lehárs eminente Instrumentationskunst, seine Gabe für pikante melodische Einfälle glänzend hervor. Die Musik dieser "modernen" Operette ist im Gegensatz zum Libretto absolut wertvoll, sie erhält durch die Verwendung von damals gängigen Tanzformen wie Foxtrott, Shimmy und Onestep einen aparten Patina-Charme. Und wenn die Wiedergabe mit so viel Liebe und animo erfolgt, wie hier durch das Sängerquartett Krahnenfeld-Browner-Wörle-Köhler und die brillant spielende Deutsche Kammerakademie Neuss unter Johannes Goritzki, dann verdient diese Gemeinschaftsproduktion von cpo und DeutschlandRadio reichlich Lob und Anerkennung. Zu bemerken ist noch, daß nur die Musiknummern (aus beiden Fassungen) aufgenommen wurden, nicht aber die Dialoge.
Als Ergänzung gibt es zwei Jugend-Kompositionen Lehárs: den Konzertwalzer Elfenreigen und die Ungarische Phantasie für Violine und Orchester. Der Kommentar im Booklet ist ausführlich, die Texte der Gesangsnummern sind - leicht gekürzt - abgedruckt.
Clemens Höslinger [01.08.2001]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Franz Lehár | ||
1 | Frühling (Operette in einem Akt) | |
2 | Elfentanz (Konzertwalzer) | |
3 | Magyar Abránd für Violine und Orchester (Ungarische Phantasie) |
Interpreten der Einspielung
- Susanne Krahnenfeld (Sopran)
- Alison Browner (Alt)
- Robert Wörle (Tenor)
- Markus Köhler (Bariton)
- Mark Gothoni (Violine)
- Deutsche Kammerakademie Neuss (Orchester)
- Johannes Goritzki (Dirigent)