Liedgeschwister
Lieder aus Japan und Europa / Songs from Japan and Europe
Misaki Kobayashi, Sopran • Matthias Veit, Klavier

TYXart TXA22174
1 CD • 79min • 2023
18.05.2025
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Der deutsche Pianist und Liedbegleiter Matthias Veit ist im Laufe seiner Karriere nicht nur mit der europäischen, sondern auch mit der japanischen Liedkultur bekannt geworden und dabei auf die Idee gekommen, eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen beiden Kultursphären herzustellen. In diesem Recital findet er 18 Geschwisterpaare, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft präsentieren. Die europäischen Beiträge stammen aus drei Jahrhunderten und reichen von Mozart bis Ravel, die japanischen mit einer Ausnahme aus dem 20. Jahrhundert.
Japanischer Trend in Europa
Es ging bei diesen Gegenüberstellungen offenbar nicht darum, wechselseitige Einflüsse, gar Abhängigkeiten nachzuweisen, wobei die Kenntnisse der europäischen Musikkultur bei den Japanern intensiver waren als die der Europäer von der japanischen. Zwar war die japanische Kunst seit Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem in Frankreich ein Thema, gar ein „Trend“, doch erstmals auf der Pariser Weltausstellung 1889 waren asiatische Musikensembles, darunter auch solche aus Japan, live zu erleben. Zu den Besuchern ihrer Veranstaltungen gehörten Rimsky-Korsakov, Ravel und Debussy. Vor allem bei den beiden Franzosen fielen die Eindrücke auf fruchtbaren Boden. Doch es blieb bei Anregungen. Erst Giacomo Puccini ging bei der Arbeit an Madama Butterfly tiefer. Die Frau des japanischen Botschafters spielte ihm japanische Volksmusik auf der Kôto vor, stellte ihm ihre Sammlung von 100 Schallplatten zur Verfügung und ließ über die Botschaft authentisches Notenmaterial kommen, das er an vielen Stellen in die Partitur integrierte.
Akzent auf dem Gemeinsamen
Beim Abhören der hier präsentierten Liedpaare kommen dem europäischen Hörer die japanischen Beiträge durchweg vertraut vor. Die Auswahl der Beispiele war offensichtlich darauf angelegt, die Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten und nicht das Polarisierende. Und dieses Gemeinsame liegt in dem „Wunsch, Melodien zu erfinden oder zu bearbeiten, die aus dem Geist des Volkslieds entstanden und die pure Lust zum einfachen Mit- und Nachsingen anregen wollen“ (Veit). Fernöstliche Klänge vernimmt man kaum, jedenfalls nicht in der Klavierversion. Hier wie dort scheinen verwandte Themen (Frühlingsgefühle, Liebessehnsucht, Tiergeschichten) ähnliche musikalische Ausformungen hervorzurufen. Vor einiger Zeit haben Anna Herbst und Toni Ming Geiger bei Coviello mit „Lindenbaum und Lotosblüte“ ein vergleichbares Programm mit deutsch-chinesischen Begegnungen vorgelegt und sind dabei zu weitgehend identischen Erkenntnissen gekommen.
Ansprechende Wiedergabe
Die Sopranistin Misaki Kobayashi lässt in Stimme und Vortragsstil zunächst an das Taumännchen aus Hänsel und Gretel denken, zeigt dann aber doch erstaunliche vokale Ressourcen, besonders in der aufblühenden Höhe. Während sie in den europäischen Liedern oft wie die erfolgreiche Absolventin einer Meisterklasse wirkt, klingt sie in den heimatlichen Gesängen persönlicher, vermittelt die Emotionen direkter. Matthias Veit geleitet sie mit lockerer Hand beim Flug über die Kontinente und kultiviert dabei den „florealen“ Stil, der die Begleitung auch vieler europäischer Komponisten prägt.
Das dreisprachige Booklet (deutsch, englisch, japanisch) enthält eine ausführliche Einführung des Pianisten, aber keine Liedtexte; deren Inhalt wird bei den japanischen Titeln in jeweils einem Satz beschrieben.
Ekkehard Pluta [18.05.2025]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Rentarō Taki | ||
1 | Hana (Blumen) | 00:03:57 |
Ludwig van Beethoven | ||
1 | Ich liebe dich WoO 123 | |
Akira Nakada | ||
2 | Sōshun fu (Ode an den Frühling) | 00:01:53 |
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
2 | Sehnsucht nach dem Frühlinge KV 596 | |
Franz Schubert | ||
3 | Der Schmetterling op. 57 Nr. 1 D 633 | 00:02:16 |
Kōsaku Yamada | ||
3 | Machibôke (Vergebliches Warten) | |
Yoshinao Nakada | ||
4 | Kaze no kodomo (Kleiner Wind) | 00:04:39 |
Alexander Zemlinsky | ||
4 | Blaues Sternlein op. 6 Nr. 5 | |
Gabriel Fauré | ||
5 | Les berceaux op. 23 Nr. 1 | 00:05:22 |
Yoshinao Nakada | ||
5 | Sakura yokochō (Kirschblütenallee) | |
Sadao Bekku | ||
6 | Sakura yakochō (Kirschblütenallee) | 00:04:39 |
Robert Franz | ||
6 | Gute Nacht op. 5 Nr. 7 | |
Jean Sibelius | ||
7 | S'en har jag ej fragat mera op. 17 Nr. 1 | 00:04:45 |
Kōsaku Yamada | ||
7 | Kane ga narimasu (Die Glocke läutet) | |
Saburō Takata | ||
8 | Abu wa tobu (Die Pferdefliege fliegt) | 00:04:33 |
Edvard Grieg | ||
8 | Die verschwiegene Nachtigall op. 48 Nr. 4 | |
Shimizu Osamu | ||
9 | Haru no tera (Tempel im Frühling) | 00:04:30 |
Hugo Wolf | ||
9 | Frühling übers Jahr | |
Yoshinao Nakada | ||
10 | Tanki ponki | 00:02:05 |
Francis Poulenc | ||
10 | Quelle aventure (aus: La Courte Paille Nr. 2) | |
Kōzaburō Y. Hirai | ||
11 | Narayama (Berg Nara) | 00:05:11 |
Manuel de Falla | ||
11 | Asturiana (aus: Siete canciones populares españolas) | |
Ikuma Dan | ||
12 | Higurashi (Zikaden) | 00:05:06 |
Claude Debussy | ||
12 | Aquarelles I (Green - aus: Ariettes oubliées) | |
Maurice Ravel | ||
13 | Chanson des cuielleuses de lentisques | 00:06:29 |
Kōsaku Yamada | ||
13 | Akatonbo (Die rote Libelle) | |
Yoshinao Nakada | ||
14 | Oyasuminasai (Gute Nacht) | 00:04:18 |
Richard Strauss | ||
14 | Ständchen op. 17 Nr. 2 | |
Kōsaku Yamada | ||
15 | Matsushima ondo (Lied von Matsushima) | 00:03:23 |
Gustav Mahler | ||
15 | Ich atmet' einen linden Duft (F. Rückert) | |
Toru Takemitsu | ||
16 | Chlisana Sora (Kleiner Himmel) | 00:05:14 |
Johannes Brahms | ||
16 | Da unten im Tale WoO 33,6 (Deutsche Volkslieder Heft 1) | |
Robert Schumann | ||
17 | Zum Schluß op. 25 Nr. 26 | 00:05:32 |
Yoshinao Nakada | ||
17 | Hanayagu-asa (Ein prächtiger Morgen) | |
Felix Mendelssohn Bartholdy | ||
18 | Auf Flügeln des Gesangs op. 34 Nr. 2 | 00:04:46 |
Tamezō Narita | ||
18 | Hamabe no uta (Lied des Meerufers) |
Interpreten der Einspielung
- Misaki Kobayashi (Sopran)
- Matthias Veit (Klavier)