Nach den ausführlichen biographischen Hinweisen von Eckhardt van den Hoogen im Beiheft nimmt man noch mehr Anteil an Antheil und begreift die Unbekümmertheit dieser Musik als Ausdruck einer zur Überheblichkeit neigenden Sturm-und-Drang-Persönlichkeit, die ihr Leben früh verschlissen hat: George [...]
Eine Interpretation von klassisch ausgewogenem Zuschnitt zu bescheinigen, kann in der Ära aufführungspraktischer Zirzensik schnell ein Malus werden. Dennoch möchte man der Lesart der Auryns bei den sechs Quartetten op.18 dieses Signum gern aus vollem Herzen zuerkennen – als Gütesiegel einer im [...]
Obwohl dieses heute als Goldberg-Variationen bekannte Werk von Johann Sebastian Bach eindeutig „für Cembalo mit zwei Manualen“ vorgesehen war, stellt sich ähnlich wie bei anderen Werken Bachs oder auch den Sonaten Domenico Scarlattis die Frage des Instrumentes – Cembalo oder moderner Konzertflügel [...]
Ja, das ist ohne Wenn und Aber eine Werkwiedergabe, die Friedrich Smends emphatisch-pathetischer Charakterisierung von Bachs „hoher“ h-Moll-Messe als „großartigstes Werk der abendländischen Musikgeschichte“ entspricht. Vor allem das Sanctus hatte es dem Theologen, Musikforscher und Herausgeber [...]
Mit ihrem Sieg im Brüsseler Concours Reine Elizabeth 2001 hat sich die lettische Geigerin Baiba Skride, die wie Gidon Kremer aus Riga stammt, nachdrücklich in der Spitzengruppe der jungen Geiger positioniert. Für ihre erste, randvolle Solo-CD greift sie nun unerschrocken nach den Sternen der [...]
Dies ist die erste SACD von Hungaroton – und was für eine! Zoltán Kocsis ist nicht nur ein umwerfender Bartók-Spieler auf dem Klavier, auch sein Orchester hat er fest im Griff. Mit leichter Hand, aber entschieden, hält er den exzellente Klangkörper an, den musikalischen Schicksalslinien zu folgen. [...]
Mit dieser Neuerscheinung ist der Naxos-Zyklus der sieben Bax-Sinfonien zu einem überaus glücklichen Ende gekommen. Nach dem bedauerlichen Tiefpunkt der Sechsten gelingt dem Dirigenten, Musikforscher und Noten-Herausgeber David Lloyd-Jones in der Siebten das Meisterstück einer wohl kaum [...]
Auf Franz Ignaz Beck, dessen Lebensdaten (1734-1809) sich fast mit denen Joseph Haydns decken, hat Michael Schneider bereits mit zwei CDs aufmerksam gemacht: mit dem ersten Teil der Sinfonien op. 3 (cpo 999 390-2) und mit dem Stabat mater (Koch 3-6583-2). [...]
Ludwig van Beethoven - Complete Music for Piano and Violoncello
ECM 472 401-2
2 CD • 2h 31min • 2001, 2002
18.10.2004 • 10 10 10
Werke für Violoncello sowie „typische“ Solopartien in Streicherkammermusik gab es selbstverständlich auch schon vor Beethoven, aber die Sonate für Cello und Klavier wird bei Beethoven recht eigentlich erst „geboren“ – und wie! Gesanglich-lyrische wie auch heldisch-herausfahrende Charaktere sind [...]
Als vor einigen Jahren der Amsterdamer Pianist Ronald Brautigam auf den musikalischen Plan trat, wollten mir seine recht farblosen, handwerklich anständigen Aufnahmen nicht recht imponieren und schon gar nicht ans Herz wachsen. In letzter Zeit jedoch präsentiert sich der vielseitige Künstler als [...]
Beethoven – The Complete Music for Piano Trio Vol. 3
Hyperion CDA67393
1 CD • 72min • 2002
05.07.2004 • 10 10 10
Die Gesamteinspielung von Beethovens Klaviertrios durch das englische Florestan Trio rundet sich zu einem herausragenden Zyklus von außerordentlichem Niveau. Nun liegen auch die beiden ersten Trios aus op. 1 vor, mit denen sich der junge Komponist selbstsicher in Wien präsentierte und die das [...]
Die Musikwelt gedenkt in diesem Jahr des dreihundertsten Todestages von Heinrich Ignaz Franz Biber (1668-1704), der bei seinen Zeitgenossen als Komponist und Violinvirtuose in phänomenalem Ruf stand. Die Anfänge seiner beruflichen Laufbahn lesen sich wie eine Abenteuergeschichte: Wer im 17. und 18. [...]
In früheren Jahren habe ich manche Skepsis gegenüber den leichtgängigen, auch leichtfertigen Darbietungen des österreichischen Pianisten Stefan Vladars formuliert – ihn kennend und auch schätzend. In letzter Zeit indes scheint dieser Musiker gewissermaßen in den Stand des Erwachsenseins und des [...]
Diese Neuproduktion mit Kammermusik von Frank Bridge (1879–1941) ist eine Offenbarung. Die kraftvollen, phantasiereichen und originellen Werke zeigen einmal mehr, warum Benjamin Britten von seinem früheren Kompositionslehrer zeitlebens viel hielt. Das Streichquintett e-Moll ist ein Geniestreich des [...]
Wie schon mit den „Baroque Oboe Concertos“ (Accent 22156) legt Marcel Ponseele nun mit den „Concerti d’amore“ eine CD vor, die zu den schönsten Produktionen von Barockmusik überhaupt gehören. Die Schönheit betrifft zunächst das Klangbild: Ponseele hat ohnehin einen ungemein warmen, runden und [...]
Eine Neuproduktion, die mich begeistert – nicht nur wegen des herrlich unvermittelten Tuschs von Trommel und Trompete. Das New Yorker Kammerorchester Harmonie Ensemble sitzt von der ersten bis letzten Minute gleichsam auf der Stuhlkante. Steven Richman kitzelt in Coplands bekanntesten [...]
Da taucht ganz plötzlich eine Oper aus den Fluten der Musikgeschichte auf – so vollendet und genial durchdacht wie die „Nautilus“ des Käpt’n Nemo, und alles, was einem dazu einfällt, ist der abgegriffene, verschlissene Terminus „Sternstunde“, weil schon die ersten Klänge und der erste Eindruck [...]
Das kleine amerikanische Label Bridge Records hat es sich zu seiner großen Aufgabe gemacht, sämtliche Werke des Komponisten George Crumb auf CD an die Öffentlichkeit zu bringen. Und es gibt kaum einen Zeitgenossen, der dies mehr verdient hätte als der stille Mann aus West-Virginia. [...]
Diese CD ist gleichermaßen Dokument eines Phänomens und Anerkennung einer großartigen Leistung: Domonkos Hèja gründete 1993 mit 20 Jahren, noch als Schüler des Bartók-Konservatoriums und vor Beginn seines Dirigierstudiums an der berühmten Franz Liszt Akademie, in Budapest mit zahlreichen [...]
Sharon Bezaly, der vielfach preisgekrönte Flötenstar des schwedischen BIS-Labels, hat mittlerweile offenbar freie Hand, was die Repertoire-Auswahl betrifft. Diesen Eindruck legt zumindest ihre jüngste Kammermusik-CD nahe, für die sie sich zwei international renommierte Mitstreiter ausgesucht hat: [...]
Dieser live-Mitschnitt von Dvorák-Werken vom Oktober 2001 ist eine Glanzleistung. Das beginnt schon mit der Aufnahmetechnik: Wer das Amsterdamer Concertgebouw kennt, wird mir beipflichten, daß man nur äußerst selten eine CD hört, bei der die natürliche, live erlebte Charakteristik eines [...]
Unter den zahlreichen Neuerscheinungen zu Antonín Dvoráks hundertstem Todestag ist dieses Lieder-Recital eine der glücklichsten und erfreulichsten Gaben. Das Programm, das sich Bernarda Fink gewählt hat, reicht von von Jugendkompositionen aus dem Jahr 1864 (Zypressen, op. 2) über die populären [...]
Dies ist eine wunderschöne, poetische Neueinspielung von Dvoráks Violinkonzert: Isabelle Faust hatte eine Sternstunde und vertieft sich in das Werk auf eine Art und Weise, die höchste Bewunderung erfordert – auch wenn ihr starkes Vibrato meinen Geschmack nicht trifft. Sie stellt jedoch die vielen [...]
Der Zerbster Kapellmeister Johann Friedrich Fasch (1688-1758) gehört zu jenen Figuren des 18. Jahrhunderts, denen erst ganz allmählich in der gegenwärtigen Musikrezeption Beachtung geschenkt wird, obschon er zu den durchaus bekannten und geschätzten Komponisten seiner Zeit gehörte. Er war Schüler [...]
Eine überzeugendere Botschafterin hätte sich für die Harfe nicht finden lassen: Catrin Finch widmet sich mit Können, Leidenschaft, Attraktivität und Professionalität einem Instrument, das solistisch nur selten zu erleben ist. Ihre Herkunft aus Wales erleichterte ihr die Wahl, gilt hier die Harfe [...]
Violine und Klavier sind eine empfindliche Konstellation, die den Komponisten stets zu Klarheit und Konzentration zwingt und die rasch stilistische Eigenarten, rhythmisch-melodische Substanz und dramaturgisches Niveau des Komponisten offenlegt. Insofern ist es eigenartig, daß die hier vorliegenden [...]
Ein Komponist, den man gar nicht oder kaum dem Namen nach kennt, provoziert sofort die Suche nach Wahlverwandtschaften und Familienähnlichkeiten. Nicht anders ergeht es dem unbefangenen Hörer im Falle des leider weithin unbekannten Eduard Franck. Der Vergleich mit seinem Lehrer Felix Mendelssohn [...]
Daß Barockmusik trotz Ihres historischen Reichtums und ihrer offensichtlichen Popularität hinsichtlich der Verkaufszahlen auf nur wenige bekannte Namen wie Bach, Händel und Vivaldi konzentriert ist, ist eines der paradoxen Phänomene unserer marketingorientierten Lebensumgebung. Daß es neben diesen [...]
Orlando Gibbons – With a Merrie Noyse
Second Service & Consort Anthems
harmonia mundi HMU 907337
1 CD • 60min • 2003
09.08.2004 • 10 9 10
Die großen Chorwerke von Orlando Gibbons werden heute im allgemeinen mit Orgel aufgeführt. Indes existiert ein Manuskript von Verse Anthems, in dem die Instrumentalbegleitung in Partiturform notiert ist - möglicherweise ein Hinweis auf die Mitwirkung eines Consorts von Streich- oder [...]
Seit seiner Uraufführung 1755 war Der Tod Jesu des königlich-preußischen Hofkapellmeisters Carl Heinrich Graun (1704-1759) für mehr als hundert Jahre das erfolgreichste deutsche Passionsoratorium. Im 19. Jahrhundert wurde es alljährlich für den königlichen Hof in Berlin aufgeführt, bis man 1858 zu [...]
Aus dem Sonnengesang des Heiligen Franz von Assisi hat Sofia Gubaidulina 1997 einen vierzigminütigen Hymnus für Solo-Cello, Chor, Schlagzeug und Celesta geformt. Das Cello übernimmt darin gleichermaßen die Rolle des Kantors und Kommentators, ähnlich wie in John Taverners Protecting Veil. Das Werk [...]
Fünfzig Jahre lang wurde die Erinnerung an Reynaldo Hahn einzig durch frankophile Liedfreunde aufrechterhalten. Noch heute liegen die Bühnenwerke, die den umfangreichsten Teil von Hahns Oeuvre ausmachen, im Dornröschenschlaf, doch findet sein Instrumentalschaffen in den letzten Jahren zunehmend [...]
Beim Quatuor Mosaïques scheint es angebracht, von einer im wahrsten Sinne des Wortes durchdachten Interpretation zu sprechen. Wenn diese vier Instrumentalisten Haydns Streichquartette musizieren, spielt sich die „Verfertigung der Gedanken“ vor unseren Ohren ab: mit allen Trümpfen, Überraschungen [...]
Die Flöte erscheint erst spät als Instrument in Haydns kammermusikalischem Schaffen, dann allerdings nachhaltig: Die hier eingespielten Trios für Klavier, Flöte und Cello sowie diejenigen für zwei Flöten und Cello dürfen zu den Juwelen der Flötenliteratur gerechnet werden. Sie verdienen, im [...]
Man muß Gábor Boldoczki, diesem jetzt 28 Jahre jungen Trompetenstar aus Ungarn die höchste Punktzahl in allen Beurteilungskategorien zuerkennen. Aufgefallen war er bereits mit einer Hungaroton-Produktion, deren allzu offensichtliches Liebäugeln mit populären Arrangements einige Bedenken hervorrief. [...]
Des französischen Pianisten Pierre-Laurent Aimards Einspielung der Concord-Sonata von Charles Ives ist vielleicht zu früh von der Jahrespreis-Jury des Deutschen Schallplattenpreises gewürdigt worden. Denn nie und nimmer ist dieses schwierige, anstrengende, multistilistische Amerika-Epos so [...]
Wer ist Michael Stern? Das Beiheft gibt leider keine Auskunft – der Amerikaner war von 1996 bis 2000 Chef des RSO Saarbrücken –, aber mit dieser Einspielung präsentiert sich eine musikalische Begabung unter den Dirigenten, wie ich sie lange nicht mehr gehört habe – soweit man das anhand eines [...]
Sir Charles Mackerras zieht mit diesen Aufnahmen die Bilanz seiner lebenslangen Beschäftigung mit Janácek. Über fünfzig Jahre nachdem Vaclav Talich in Prag bei dem jungen Stipendiaten die Begeisterung für den tschechischen Komponisten weckte, gibt er nun mit der Tschechischen Philharmonie sozusagen [...]
Alexander Borodins sonst von Dirigenten, Konzertveranstaltern und Produzenten eher stiefmütterlich behandelte h-Moll-Sinfonie kommt hier zu unverhofften Ehren: Gleich zweimal ist sie zu hören auf dieser CD, die zum Vergleich zwischen dem in diesem Sommer verstorbenen Carlos Kleiber und seinem Vater [...]
Charles Koechlin ist ein typisches und lehrrreiches Beispiel dafür, was man sich unter dem Begriff der „künstlerischen Entwicklung” wirklich vorzustellen hat: eine allmähliche, zumeist nicht unbedingt geradlinige Entpuppung, die schrittweise Offenlegung dessen, was man ist und was man just aus [...]
Diese fünfte CD des „Ligeti-Projekts“ von Teldec zeichnet sich – abgesehen vom hohen Niveau der Interpretationen – durch eine sehr pointierte interne Dramaturgie aus! Ein Hörer, der die Highlights dieser CD noch nicht kennt und dem Konzept und Komponist verschwiegen würden, wäre gewiß schockiert [...]
Zeitgenössische Musik aus China oder von chinesischen Komponisten mögen nicht jedermanns Sache sein: Immer noch erinnern wir uns der „Segnungen” der Kulturrevolution, der gebrochenen Pianistenfinger, der nur mit viel Reiswein erträglichen „Pekingopern” und solch eigentümlicher Dinge wie des [...]
Roland gehört dem Spätwerk von Lully an. Die Oper entstand 1685, zwei Jahre vor seinem Tod, in einer Epoche, die als Spätzeit der langen Herrschaft Ludwigs XIV. durch markante Änderungen im Kosmos des Versailler Hofes gekennzeichnet ist. 1683 hatte der Sonnenkönig seine Gemahlin Marie-Thérèse [...]
Es ist bei aller Meisterschaft schon ein Wunder, wenn ein soeben (2003) zum Chefdirigenten berufener Chorleiter eine hochkarätige Sängergruppierung wie den RIAS-Kammerchor aus den Meisterhänden von Marcus Creed mit dem „Trainingsprofil“ eines Uwe Gronostay übernimmt und quasi über Nacht mit einer [...]
Nicht ganz begreiflich, warum dieses leichtgewichtige, erfrischend-amüsante Werk, das alle Voraussetzungen auf beste Bühnenwirkung besitzt, auch heute noch, Jahrzehnte nach der Prager Uraufführung im Jahr 1959, zu den Opern-Raritäten zählt. Nicht einmal die sonst so ausführliche Piper-Enzyklopädie [...]
Es dürfte ein Novum in der Tonträger-Geschichte sein, daß eine CD-Firma bei einem Komponisten gleich eine ganze Serie von Werken in Auftrag gibt – in diesem Fall zehn Streichquartette, die sich Naxos von Sir Peter Maxwell Davies gewünscht hat. Bei dem Komponisten rannte Labelchef Klaus Heymann [...]
Nach der abgeschlossenen Schubert- und gleichzeitig mit der noch im Werden begriffenen Schumann-Lied-Edition hat sich das britische Label Hyperion nun dem Geschwisterpaar Felix und Fanny Mendelssohn zugewendet. Felix’ rund 100 Lieder und Duette werden dabei von den ca. 300 Titeln seiner Schwester [...]
„Eine dunkle, berückende, berührende Stimme, die trotz ihrer Fülle schlank ist und reich an oszillierenden Farben.“ So beschreibt Jürgen Kesting die Stimme von Sara Mingardo. Die Sängerin ist in Venedig geboren, wo sie auch studierte und noch heute lebt. Das dunkle und warme Timbre des tiefen [...]
Sein zweites Madrigalbuch veröffentlichte Monteverdi 1590 in der Hoffnung, eine feste Anstellung in Mailand zu bekommen. Tatsächlich folgte kurz darauf aber der Ruf nach Mantua, wo der Herzog Vincenzo Gonzaga sich als Förderer der Künste und insbesondere durch seine Gemäldesammlung einen Namen [...]
Die Stücke der ersten CD des King’s Consort mit geistlicher Musik von Claudio Monteverdi entstammen der berühmten, 1640/41 erschienenen umfangreichen Sammlung Selva Morale e Spirituale, die ein Resümee des mehr als siebzig Jahre alten Komponisten über seine Tätigkeit als Kapellmeister von S. Marco [...]
Wer Leopold Mozart nur als den ehrgeizigen, hochmütigen und belehrenden Vater seines Sohnes kennt, wie er auf den Portraits mit mokanter Miene und müdem Blick ins Leere schaut, der wird spätestens bei der Bekanntschaft mit dieser CD alle Vorurteile fallenlassen. Denn das L’Orfeo Barockorchester [...]
Um 1915 trug sich Sibelius mit dem Gedanken, ein zweites Violinkonzert zu komponieren. Aus diesem Plan wurde nichts, es entstand jedoch in den Folgejahren parallel zur Arbeit an den letzten Sinfonien eine Reihe von kleineren Stücken für Violine und Klavier, bei denen es sich keineswegs nur um [...]
Im Jahr 2004 wird der zweihundertste Geburtstag von Johann Strauß-Vater begangen, und im Zeichen dieses Jubiläums stand diesmal das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker. Der „alte“ Strauß, der ein Lebenspensum von bloß 45 Jahren erreichte, steht noch immer, ebenso wie seine Söhne Josef und [...]
Neues von Arvo Pärt, dem aus Estland stammenden, jetzt 68jährigen Repräsentanten einer kreativ auf minimalistisch-harmonischen Klangstrukturen basierenden Moderne. Alle hier im Januar des Jahres 2003 produzierten Beiträge sind zwischen 1996 und 2002 komponiert worden. Sie gehören ausnahmslos zur [...]
Die Passio et mors Domini nostri Iesu Christi secundum Lucam – so der vollständige Titel der Lukas-Passion – machte seinerzeit Furore. 1964 vom Westdeutschen Rundfunk in Auftrag gegeben zum 100. Jahrestag der Weihe des Doms zu Münster und dort selbst auch am 30. März 1966 uraufgeführt, nahm sich [...]
Schon zu Beginn, wenn Alexander Lonquich mit einem Impromptu Gabriel Faurés in eine lichte, durchsichtige, dabei keineswegs unkörperliche Welt des gleichsam vorimpressionistischen Klavierzaubers entführt, vermeint man neue, ungeahnte Musik und Musikbebilderung zu erleben, als hätte Lonquich unter [...]
Mikhail Pletnevs Transkription von Prokofieffs Cinderella-Suite op. 87 für zwei Klaviere hörte ich zum ersten Mal, als der österreichische Rundfunk in seinen Festspiel-Übertragungen 2003 ein Konzert des Duos Argerich / Pletnev aus Lugano brachte. Pletnevs Leistungen als Bearbeiter orchestraler [...]
Eine weitere große Bereicherung der Prokofieff-Diskographie legt cpo mit dieser WDR-Neueinspielung dreier Werke unter Michail Jurowski vor. In einem sehr natürlichen, präsenten Klangbild verhilft Jurowski einmal mehr den pointierten Charakterzeichnungen Prokofieffs in seinen Partituren zu vollstem [...]
Riccardo Chailly setzt seine musikalischen „Entdeckungen“ fort, auf Rossini und Verdi folgt nun der Blick auf den wenig bekannten Puccini. Die Aufnahmen reichen von den frühesten Kompositionen bis zum unvollendet gebliebenen Spätwerk Turandot. [...]
Krystian Zimerman – wir wissen es in Betrübtheit, aber auch mit Respekt – läßt sich Zeit, was seine Programme, sein Auftreten, vor allem aber seine Tonträger-Publikationen anbelangt. Nun ist es endlich wieder einmal soweit! Und es sind zwei überragende Darbietungen zu feiern, an deren geradezu [...]
Der finnische Komponist Einojuhani Rautavaara hält es mit C.G.Jung: Er sieht sich nicht als aus freiem Willen Schaffenden, sondern als Medium, durch das die Kunst ihre Ziele verwirklicht. Und tatsächlich besitzen seine nordisch-archaischen Klangbilder eine nahezu mystische Aura, der sich der Hörer [...]
Es scheint so, als wolle Magdalena Kozená nach ihrem ersten lyrischen „Probelauf“ auf vertrautem Terrain, d.h. mit Liedern von Komponisten ihrer tschechischen Heimat, nun mit ihrem zweiten Streich die ganze Universalität ihres sprachlichen und gesanglichen Könnens demonstrieren. Gleich vorweg: ein [...]
Wer sich immer noch nicht mit der Musik Max Regers anfreunden wollte oder konnte, dem sei bei dieser Gelegenheit verraten: Es regt sich seit Neuesten eine CD im Katalog, die selbst den vorsichtigsten Reger-Bezweiflern zu Hilfe kommen sollte. Noch dazu handelt es sich bei den eingespielten Werken um [...]
Man könnte bei anfänglicher Lektüre des wie immer so kundigen wie geistreichen Booklets von Eckhardt van den Hoogen sarkastisch fragen, welchen Wert eine Musik denn eigentlich habe, wenn man sie so einsichtsvoll erklären muß wie diese. Die Antwort erschließt sich sofort beim Hören dieser [...]
Wieder einmal eine echte, typische cpo-Entdeckung: Die romantische Ouvertüre zur Oper Donna Diana (1894) pfeifen zwar die Kurorchester von allen Dächern (bekannt geworden ist sie durch die Verwendung als Titelmelodie der Sendung „Erkennen Sie die Melodie?“), doch wer hätte gedacht, dass ihr [...]
Was bleibt übrig nach dem Brand von Walhall und dem Ende der Götter? Alberich natürlich, der gierige Zwerg, der sich nach Verklingen der letzten Takte von Wagners Götterdämmerung kruschpelnd und knarrend bemerkbar macht und alsbald zwar nicht die Weltherrschaft, doch immerhin das Komando über ein [...]
Der Pianist Alfred Brendel beklagte unlängst in einem Gespräch den Verlust der „großen Linie“ im Musizieren unserer Tage. Sein pessimistisches Urteil mag berechtigt sein (oder auch nicht) – diese Aufnahme jedenfalls müßte von dem Vorwurf der „Zerkleinerung“ und Kurzatmigkeit ausgenommen werden. Die [...]
Eine Entdeckung in jeder Hinsicht ist diese cpo-Produktion, welche die 17. Sinfonie c-Moll eines gewissen Friedrich Schneider (1786-1853) als Hauptwerk präsentiert. Sie haben den Namen Friedrich Schneider nie gehört? Olaf Krone, fachlicher Berater der Produktion, vermittelt in seinem Beiheft-Text [...]
Trotz seines enormen musikliterarischen Arbeits- und Lustpensums, wie es seit Jahren im Hyperion-Katalog zum klingenden Ausdruck kommt, ist der Pianist Marc-André Hamelin jederzeit für eine Überraschung zu haben. Wer hätte gedacht, ihn mit den beiden Schostakowitsch-Konzerten zu erleben! Nun gut, [...]
Mit Volume 17 dürfte die verdienstvolle Deutsche Schubert-Lied-Edition von Naxos bald rund die Hälfte der über 700 Liedkompositionen Schuberts eingespielt haben. Mindestens so beeindruckend wie als editorisch-enzyklopädischer Kraftakt ist sie als Leistungsschau deutschen Liedsängernachwuchses. Auch [...]
Guter Mond, du gehst so stille heißt es in einem alten Volkslied, dessen schlichter Text alles ausdrückt, was die romantische Gefühlswelt mit dem vielbesungenen „Wanderer am Himmel“ verbindet: der Mond als Trostspender, als Lebensbegleiter, als Symbol für Ruhe und Unbeirrbarkeit. [...]
Trotz enormer Konkurrenz – man denke nur an Olaf Bär, Matthias Goerne, Dietrich Henschel, Roman Trekel, Stephan Genz, Christian Gerhaher – behauptet sich Andreas Schmidt nun schon seit über 20 Jahren unter den hochkarätigen deutschen lyrischen Baritonen. Und das ohne stimmliche [...]
Frauen zählen unter den Interpreten von Franz Schuberts Winterreise noch immer zu den Ausnahmen. Obwohl Lotte Lehmann schon 1940/41 zu den Wegbereiterinnen zählte (diese Aufnahme ist soeben von Pearl wiederveröffentlicht worden), ist der Zyklus erst von der Sängerinnen-Generation nach ihr [...]
Wo liegt Freden? Nach dieser Neuaufnahme des Schubert-Oktetts duldet die Frage keinen Aufschub mehr. Alljährlich im August veranstaltet der bislang nur Eingeweihten bekannte Festspielort in der niedersächsischen Provinz die „Internationalen Musiktage“, deren Ensemble, die camerata freden, vor [...]
Mit sensibler, ja geradezu seismographischer Musikalität ergründen der Klarinettist Dirk Altmann und Florian Henschel am Klavier die späte Kammermusik Robert Schumanns. Sie treffen den Sehnsuchtston dieser poetischen Miniaturen, sie wissen die Atmosphäre von Weltflucht und Nostalgie einzufangen, [...]
Diese Aufnahme entstand im Rahmen des in der Nähe von Dresden beheimateten Moritzburg Festivals, das seit 1993 jeweils 20 Solisten zum gemeinsamen Musizieren versammelt. Künstlerischer Leiter ist der Cellist Jan Vogler, der auch bei der vorliegenden Produktion mitwirkt. Die Dokumentation aus dem [...]
Mit 78 Minuten Spielzeit randvoll ist diese vorzügliche Produktion, die vehement eine Lanze für das Schaffen des Wiener Komponisten Kurt Schwertsik bricht (Jg. 1935). Das ist alles andere als „Darmstädter Elfenbeinturm-Musik“ wie Roger Norrington einmal trefflich über manches als Selbstzweck [...]
Eigentlich hätte ich die Besprechung dieser Produktion aus Gründen persönlicher Befangenheit ablehnen müssen, denn Sibelius und ganz besonders seine fünfte Sinonie haben mir stets bei entscheidenden Weichenstellungen zur Seite gestanden. Die bevorzugten Aufnahmen waren (und sind) mir deswegen bis [...]
1730 brachte Georg Philipp Telemann in Hamburg im Eigenverlag sechs Quadri heraus, die nicht zuletzt durch den vorzüglichen Nachdruck durch den Pariser Notenverleger Le Clerc im Jahr 1736 den Beinamen „Pariser Quartette“ erhielten. 1737 unternahm Telemann, möglicherweise ermuntert durch das [...]
Die „Guitar Recital“-Serie des Labels Naxos bietet immer mehr herausragenden Gitarristen ein Podium. Für die Porträt-CDs spielen Preisträger internationaler Wettbewerbe eine eigene Auswahl neu im Studio ein. Nach einem ersten Preis bei der „2003 Tárrega Guitar Competition“ im spanischen Benicásim [...]
Die Alben des finnischen Gitarristen Timo Korhonen gehören zu den interessantesten Veröffentlichungen auf dem CD-Markt. Album für Album erschließt sich Korhonen die Schlüsselwerke der Gitarrenliteratur. Diesmal stellte er sich einer besonderen Herausforderung: ein reines, einstündiges Etüden-Album [...]
Als Andrew Manze 2003 die Leitung des renommierten English Concert von Trevor Pinnock übernahme, war die Zukunft des Orchesters ungewiss. Nach dem Rauswurf bei der einst so ruhmreichen Archiv Produktion, die sich zwischenzeitlich auch von John Eliot Gardiner getrennt hatte, befand sich das Ensemble [...]
In ihrer mit ungewöhnlichen Korrespondenzen aufwartenden Neueinspielung für das Label cpo begeben sich die vier Norweger auf dünnes Eis: Anspruchsvolle Kompositionen wie das halbstündige Sibelius-Quartett mit Bergs beziehungs- wie anspielungsreicher Lyrischer Suite zusammenzubringen, erfodert einen [...]
Auf ihrer rastlosen Suche nach musikalischem (Lied-)Neuland hat die amerikanische Sopranistin Dawn Upshaw diesmal eine sehr persönliche – und extravagante – Kollektion arrangiert, bestehend nur aus Liedern, die auf diese oder andere Weise ihr Künstlertum bereichert und weitergebracht haben: vor [...]
Endlich einmal eine kompetente, im Detail liebevolle, in den großen virtuosen Zügen souveräne Einspielung der vier Klaviersonaten Carl Maria von Webers! Endres ist sicherlich nicht der Medientyp wie der vom „Spiegel“ und anderen Publikationen favorisierte Martin Stadtfeld, aber er ist ein Musiker [...]
Unter der Regierung von Königin Elisabeth I. begann England seinen kometengleichen Aufstieg zur Beherrscherin der Weltmeere. Durch den Sieg über die spanische Armada war das Land zur selbstbewußten Nation geworden, und seine Rolle als Weltmacht sollte bis zum Zusammenbruch des britischen [...]
Concerto Köln hat sich darauf spezialisiert, unbekannten Komponisten und deren Werken zu ihrem Recht zu verhelfen. Jede CD des Ensembles ließ bisher aufhorchen und wurde als ernstzunehmende Repertoirebereicherung gewertet, so daß man inzwischen blind vertrauen darf, wenn Concerto Köln mit einem [...]
Bei seiner methodischen Suche nach immer neuen Manifestationen des schöpferisch nutzbaren Wahnsinns ist der Komponist Heinz Holliger jetzt auf den unglückseligen Schweizer Musiker und Maler Louis Soutter (1871-1942) gestoßen, einen jener bedauernswerten Menschen, deren offenbares Talent oder gar [...]
Wieso wird in den sehr seltenen Konzerten für Violine solo oder bei den zahllosen Zugaben am Ende eines Sonatenabends eigentlich fast immer nur Bach oder Paganini, aber praktisch niemals eine der sechs Sonaten von Ysaÿe gespielt? Mit dieser Referenzaufnahme des österreichischen Geigers Thomas [...]
Diese SACD ist klanglich und musikalisch ein wahres Juwel. Schon die Tiefenstaffelung ringt größte Bewunderung ab; Farbcharakteristik der Instrumente, Lautstärkedifferenzierung und Räumlichkeit des Orchesters sind in jeder Hinsicht vorbildlich. Vieles davon ist nicht nur das Ergebnis der Arbeit der [...]