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UA 1711
7
März
vor 313 Jahren
in London
Als Georg Friedrich Händel 1710 zum ersten mal nach England kam, bot sich ihm sogleich die Gelegenheit, mit der Komposition einer Oper vor das Londoner Publikum zu treten. Der Theaterunternehmer Aaron Hill war bestrebt, eine Spielzeit der italienischen Opera seria ins Leben zu rufen. Darüber hinaus war es sein Ziel, „die englische Oper noch glänzender als ihre Mutter, die italienische, zu sehen“. So erhielt Händel den Auftrag zur Komposition des Rinaldo. Einen englischen Szenenentwurf hatte Aaron Hill selbst nach einer Episode aus Torquato Tassos La Gerusalemme liberata (Das befreite Jerusalem) gestaltet, die Übertragung ins Italienische besorgte der erfahrene Librettist Giacomo Rossi. In der Zeit von 14 Tagen war Händels Musik vollendet, und die Oper konnte mit beispiellosem Erfolg uraufgeführt werden. Allerdings hatte sich Händel ausgiebigst aus bereits existierenden eigenen Werken bedient und die Einzelstücke geschickt zu einem Pasticcio zusammengefügt. Die Oper brachte es bis zum Ende der Spielzeit auf immerhin 15 Aufführungen. Sie hatte ihren Erfolg aber nicht zuletzt auch spektakulären Bühnenaktionen zu verdanken, wie unzähligen lebenden Spatzen zu Almirenas Augelletti-Arie. Bald erschienen die ersten Arien auch im Druck und wurden auf den Straßen gesungen und gepfiffen. Mit Rinaldo war der Ruhm des jungen Komponisten in England begründet. 1731 erschien die Oper noch einmal in einer Neufassung Händels auf der Londoner Bühne. Hier fügte Händel das berühmte Lamento der Almirena Lascia ch'io pianga (Lasst mich mein grausames Schicksal beweinen) ein. Die Handlung des Rinaldo spielt im ersten Kreuzzug (1096-1099), doch ist der historische Hintergrund nur angedeutet. Es kam Händel darauf an, den Idealen der Aufklärung entsprechend, die standhafte Treue zweier Liebender und den Sieg des Ethischen und der Vernunft über Hass, Intrige und Zauberei zu gestalten. Die Musik ist von lebendigster Frische und Charakterisierungskraft; neben den in der Opera seria üblichen Rezitativen und Da capo-Arien stehen viele andere Lied- und Arienformen, Duette, Märsche und Zwischenmusiken (Schlachtengemälde). Bereits 1715 wurde Rinaldo zum erstenmal in Deutschland (Hamburg) aufgeführt. 1954 erklang die Oper in Halle, wobei eine Form gewählt wurde, die Elemente beider Fassungen verbindet. Auch wenn die Oper 1975 in Houston mit Marilyn Horne in der Titelrolle als spektakuläre Wiederentdeckung gefeiert wurde und dieser Erfolg sich sogar an der New Yorker Met 1984 und 1985 im Rahmen des Händel-Jubiläums in Reggio Emilia, London und Paris wiederholte, konnte sich Rinaldo nicht wirklich neu im heutigen Opernrepertoire etablieren.