Klassik-Heute-Autor Peter Cossé, der hochgeachtete, leider im Dezember 2017 plötzlich verstorbene Kritikerkollege, besprach die ersten beiden Folgen dieser Integrale von Domenico Scarlattis 555 Claviersonaten [...]
CDs der Woche der zurückliegenden Jahre:
Cantar Sola
Aqvel Trovar
fono ruz CDF-2835
1 CD • 48min • 2019
06.01.2020 • 10 10 10
Zwei vorausgegangene vorzügliche Einspielungen mit Musik des späten Mittelalters und der Renaissance ließen die Erwartungen in die neueste CD der Gruppe Aquel Trovar in die Höhe schnellen [...]
Ich kann mich nicht erinnern, einer Aufnahme mozartscher Streichquartette jemals so gespannt und mit so viel Vergnügen gelauscht zu haben. Wie beredt (aber nie geschwätzig) das Armida Quartett zu Werke geht, sucht seinesgleichen und lässt Mozarts sprachmächtige Quartettmusik von innen heraus hell erstrahlen. Außerdem fasziniert mich die große Homogenität des Ensembleklangs, der gleichzeitig dem Individuellen der Stimmen genügend Raum zur Entfaltung gewährt. Von der Tongebung bis zum Ausdruck zeugt alles von einer für ein junges Ensemble ungewöhnlichen gestalterischen Souveränität und Reife; und wie die Vier die Spannung durchweg hoch und somit den Hörer stets wach halten – davor kann ich mich nur verneigen. Diese Aufnahme ist ein wahres Mozart-Juwel.
Das Saxofon ist bekanntlich stark auf seine solistische Rolle hin konnotiert – und dennoch werden Saxofonensembles immer beliebter! Kein Wunder, denn dieses vergleichsweise junge Instrument ist doch durch seine verschiedenen Varianten und Tonlagen ein ausgesprochenes Familienwesen [...]
Groß besetzte, konzertante Kammermusikwerke mit virtuosem Klavierpart erfreuten sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bei Komponisten und Zuhörern einer großen Beliebtheit. Dies lag vor allem daran, dass homogene Programme wie etwa reine Klavier- oder Streichquartettabende das damalige Publikum, das von heute „klassisch“ genannter Musik unterhalten werden wollte, tödlich gelangweilt hätte. [...]
Spanien war im 16. Jahrhundert eine grenzenlose Weltmacht, im Herrschaftsbereich von König Karl I. (im Heiligen Römischen Reich Kaiser Karl V.) ging die Sonne nicht unter [...]
Bereits im Kindesalter erhielt Mime Yamahiro Brinkmann von ihrer Mutter, einer Pianistin, ihre musikalische Grundausbildung, entdeckte das Cello und schloss ihr Studium an der Toho Gakuen Musikhochschule in Tokyo mit Diplom auf dem modernen Instrument ab [...]
Vor über 15 Jahren legte Gerhard Schmidt-Gaden mit dem Tölzer Knabenchor und der Musicalischen Compagney Berlin eine Gesamtaufnahme der „Bußpsalmen“ von Orlando di Lasso vor, die der bisherigen Aufführungs- und Aufnahmegeschichte wirklich neue Facetten hinzufügte (Capriccio) [...]
Heinz Winbeck verweigerte sich dem großen Medienrummel und Festivalzirkus, denn wohlfeile Vermarktung war seine Sache nicht. Das künstlerische Anliegen des in der Nähe von Regensburg lebenden und im März dieses Jahres verstorbenen Komponisten hat schon etwas von einer tiefen Reinheit [...]
Anders als das eher nur reißerische und heute auch selten gespielte Klavierkonzert hat sich Aram Khatschaturjans, keinem Geringeren als David Oistrach gewidmete, Violinkonzert von 1940 im Repertoire der großen Geiger halten können [...]
Johann Sebastian Bachs sechs für die Traversflöte geschriebene Sonaten – jeweils drei mit obligatem und begleitendem Cembalo – sind hinsichtlich ihrer technischen und musikalischen Anforderungen die komplexesten Werke für diese Besetzung [...]
Auf der Suche nach dem Repertoire des legendären Kastraten Farinelli betätigt sich Cecilia Bartoli einmal mehr als unermüdliche Opern-Archäologin und bringt vergessene Schätze der Barockoper ans Licht. Im ständigen Wechsel von fulminanten Virtuosenstücken und elegischen Gesängen zeigt die Sängerin die ganze Bandbreite ihres gestalterischen Könnens.
Klassik-Heute-Autor Peter Cossé, der hochgeachtete, leider im Dezember 2017 plötzlich verstorbene Kritikerkollege, besprach die ersten beiden Folgen dieser Integrale von Domenico Scarlattis 555 Claviersonaten [...]
Er war eine der prägendsten Gestalten für die Orgelmusik des 20. Jahrhunderts, ein Charakter, dessen Musik sich in kein Schema pressen lässt, in keine Schublade passt und der für die zeitgenössische Orgelmusik wie für den modernen Orgelbau bleibende Impulse gegeben hat: Jean Guillou [...]
Uralte Klänge, fremdartig, aber von heutigen Menschen für heutige Hörer neu zum Leben erweckt: Die Reihe "Mare Balticum" erkundet Musik, wie sie zwischen 1200 und 1500 im Ostseeraum erklang. Für die geistlichen Gesänge der Birgitta von Schweden und die weltlichen Lieder und Sprüche des Wizlaw von Rügen, die auf den beiden neuen Folgen zu hören sind, sollte man sich Zeit nehmen, um ganz in diese lange vergangene Zeit einzutauchen.
Memories from home Works by Skriabin, Prokofiev, Weinberg, Frid, Kancheli
Dreyer Gaido CD 21120
2 CD • 80min • 2018
13.04.2020 • 10 10 10
Die in St. Petersburg geborene Pianistin Elisaveta Blumina hat sich inzwischen einen Namen gemacht als große musikalische Kämpferin für vergessene Musik. Dies macht sich auch auf ihrem neuen Album „Memories from home“ bemerkbar, das bei dreyer gaido erschienen ist.
Riccardo Chailly und die Filarmonica della Scala präsentieren Luigi Cherubinis Symphonie und Konzertouvertüre ebenso in mustergültigen Aufführungen, wie die zu verschiedenen Anlässen entstandenen Märsche. Letztere sind zu großen Teil Ersteinspielungen und zeigen, wie vielseitig und einfallsreich Cherubini selbst in seinen Gelegenheitsstücken zu Werke geht.
Die endlosen Klagen der verlassenen Dido, die hier in zahlreichen Barock-Varianten präsentiert werden, sind in der seelenvollen Interpretation der Sopranistin Sunhae Im einfach zum Mitweinen schön.
Die höchst unterhaltsame, dabei geistvolle und abwechslungsreiche Musik Reinhart Keisers (1674-1739) erlebt seit einiger Zeit eine verdiente Renaissance. Keiser war als einer der Hauptakteure an der Hamburger Oper am Gänsemarkt kurzzeitig Kollege von G. F. Händel, der hier im Orchester als Cembalist seine Karriere begann. Dank der vorzüglichen Leistungen der Mezzosopranistin Olivia Vermeulen und der Capella Orlandi Bremen unter Leitung von Thomas Ihlenfeldt bietet diese CD jedem Freund der alten Musik eine individuelle Facette der deutschen Barockmusik.
Ist es intelligent, das frühe c-Moll-Trio Beethovens mit seinem Erzherzog-Trio zu kombinieren? Beide sind revolutionär. Opus 1/3 in seiner für die Wiener Klassik ungewohnten düster-wütenden Leidenschaftlichkeit, die einen versöhnlichen Dur-Schluss nur in geisterhaftem Pianissimo erträgt. Opus 97 durch seine weit in die Romantik vorausweisende Harmonik, die Vorwegname pianistischer Techniken, die bereits Weber, Liszt und Chopin ahnen lassen
Paul Hindemiths zwischen 1921 und 1927 entstandenen sieben Kammermusiken gehören sicherlich zu seinen interessantesten Kompositionen. Abgesehen von der ersten Kammermusik – für 12 Soloinstrumente – handelt es sich um Solokonzerte mit klein besetztem Kammerorchester, die von der Anlage, aber auch im Detail sehr stark an barocke Konzertformen anknüpfen.
Wie schön, dass uns das Jahr 2020 lauter Rarissima des Jubilars Beethoven beschert. So bietet die vorliegende Einspielung neben dem als Nummer 2 gezählten B-Dur- Klavierkonzert op. 19 das sogenannte „Nullte“ Es-Dur WoO 4 des 13- oder 14-Jährigen aus dem Jahre 1784
Johann Anton (tschechisch: Jan Antonín) Losy Graf von Losinthal (ca. 1650-1721) war der Sohn eines für seine Verdienste vom Kaiser in den Grafenstand erhobenen und mit reichen Gütern in Böhmen beschenkten Vaters, so lebte Graf Losy junior in abgesicherten Verhältnissen und konnte sich neben nicht allzu drückenden Diensten als Kämmer und Geheimer Rat am Wiener Kaiserhof seinen musikalischen Leidenschaften hingeben
Wohl Lucianos Berios mitreißendstes Werk: Coro (1976/77), für 40-stimmigen Chor und Orchester. Sinnliche Volkspoesie wird konterkariert von düsteren Visionen des chilenischen Nobelpreisträgers Pablo Neruda. Die vom Chor – wobei praktisch alle Sänger*innen auch noch solistisch überzeugen müssen – eingeforderte Höchstleistung bewältigt Grete Pedersen mit dem Norwegischen Solistenchor am bisher überzeugendsten. Im passenden Raumklang dazu kann der Hörer tatsächlich baden: BIS liefert eine optimal abgemischte SACD.
Was für eine Herausforderung die Einspielung sämtlicher 555 überlieferten Sonaten für Clavier von Domenico Scarlatti bedeutet, war dem 1959 in Göttingen geborenen Pianisten Christoph Ullrich vermutlich von Anfang seines Projektes klar; dazu noch, wenn sie auf einem modernen Konzertflügel realisiert wird
Ferdinand Pfohl? Ein Name, mit dem wohl nur die wenigsten Musikfreunde etwas anfangen können. Gelebt hat der Komponist und Musikkritiker von 1862–1949, zwischen Romantik und Moderne. Bekannt geworden ist er durch seine musikalischen Schriften und sein Wirken als Musikgelehrter
Diese Liszt-Aufnahme ist ein Ereignis. Auf die vielfach als Totschlag-Argument vorgebrachte Frage, ob die Welt diese Aufnahme auch noch brauche, gibt es nur eine Antwort: Ja! Mit dieser wie mit ihrer Guillou-Gesamtaufnahme setzt Zuzana Ferjenčiková Maßstäbe.
Für die meisten ist es vermutlich eine schwierige Vorstellung, ein musikalisches Duo mit Bruder oder Schwester zu bilden – ist man doch oft eher geprägt von hitzigen Diskussionen und einem Gerangel etwa beim vierhändigen Klavierspiel. Nicht so beim Duo der beiden Schwestern Anouchka (Violoncello) und Katharina Hack (Klavier).
Božidar Kunc • Fan Lhotka • Josip Štołcer Słavenski
cpo 555 297-2
1 CD • 56min • 2018
13.07.2020 • 10 10 10
Das in Zagreb beheimatete Streichquartett Sebastian zeigt mit dieser kleinen Anthologie, auf welch hohem Niveau in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kroatische Komponisten Streichquartette schrieben. Die drei Stücke stammen aus den Jahren 1931 bzw. 1941.
Wenn das Label Sony zum Beethovenjahr (das sich nun in Richtung des tatsächlichen Geburtstages zu verlagern scheint) wagt, eine unter 31 Minuten lange (?) CD nur mit der Fünften zum Normalpreis in den Handel zu bringen, muss man sich dort schon sehr sicher sein, etwas ganz Besonderes anzubieten.
Heinrich Scheidemann (ca. 1595-1663) spielt nicht nur eine bedeutende Rolle in der Musikgeschichte Hamburgs, er darf auch mit Fug und Recht als musikgeschichtliches Scharnier zwischen der norddeutschen Orgelmusik und Jan Pieterszoon Sweelinck (1562-1621) gelten, jenem bedeutenden und für die Orgelmusik Norddeutschlands im 17. Jahrhundert so einflussreichen niederländischen Orgelmeister.
Als „Limited Edition“ (das Rezensionsexemplar trägt die Nummer „0451“ einer nicht näher angegebenen Gesamtauflage) erscheint hier auf dem Label Prospero die WDR-Produktion einer „musikalischen Reise durch Venedig“; die aufwendige Gestaltung als CD-Buch trägt darüber hinaus zur Exklusivität dieser Veröffentlichung bei.
In der Regel ziehen Musiker Originalwerke für ihr Instrument bei der Auswahl vor, was nicht ohne Grund geschieht: Die Originale sind in der Regel leichter zu spielen, da sie die instrumentenspezifischen Besonderheiten berücksichtigen und auch klanglich eher auf die Charakteristika des jeweiligen Instruments eingehen.
Vorfreude herrscht beim Rezensenten, wenn er eine CD des Labels Tacet auf den Tisch bekommt. Noch größere Vorfreude, wenn es eine CD mit Evgeni Koroliov ist. Und helle Freude hatte der Rezensent beim Anhören und Immerwiederhören dieser ganz persönlichen Auswahl an Nocturnes, Études, Walzer und Mazurken von Frédéric Chopin.
Sandwichkinder haben es oft nicht einfach: sie stecken in der Nische zwischen ihren Geschwistern, zu deren Gunsten ihre Wahrnehmung gerne mal vernachlässigt wird. Manchmal, so scheint es, ist auch die Viola so ein Sandwichkind
Hier ist ein Fagottist, der sich in puncto tonlicher Modulationsfähigkeit, technischer Überfliegerei und gestalterischer Phantasie mit den größten Kollegen geläufigerer Soloinstrumente messen kann: Bam van Sambeek spielt das Fagottkonzert von Wolfgang Amadeus Mozart so einfallsreich, kunstvoll und dabei immer noch natürlich, dass man den hörenden Blick keine Sekunde abwenden kann.
Die drei jungen Musiker des Trio Eclipse bieten mit ihrer Besetzung Klarinette, Violoncello und Klavier eine nicht gar so häufige Konstellation. Doch dies allein macht nicht die Besonderheit der Aufnahme „Spheres“ aus. In ihrem Programm, das von Gershwin über Rota bis zu zeitgenössischen Komponisten wie Thomas Demenga oder auch Daniel Schnyder reicht, zeigen die jungen Musiker eine große Bandbreite an Repertoire und keinerlei Berührungsängste mit anderen Genres wie beispielsweise dem Jazz.
Bach als Ausgangspunkt, als Koordinatensystem. Als Bezugspunkt für Vergangenes, ebenso für Entwicklungen, die in weite Zukunft weisen. Als Konzentrat formaler Prinzipien, ohne die ein Großteil der Kunstmusik in Vergangenheit und Gegenwart nicht funktionieren würde.
1892 – das ist Titel und Motto der aktuellen Aufnahme von Pianistin Uta Weyand, die bei Ars Produktion erschienen ist. Denn bei diesem musikalisch vielseitigen Konzeptalbum dreht sich alles um Musik, die im Jahr 1892 entstanden ist. Dabei legt Uta Weyand ein interessantes Porträt des Jahres vor, denn sie spielt Werke von Claude Debussy, Isaac Albéniz, Edvard Grieg und Johannes Brahms
Diese CD macht Laune! Hinter dem schnörkellosen Titel „Bill Evans on the organ“ verbirgt sich eine handfeste Überraschung, um nicht zu sagen eine Entdeckung. David Schollmeyer, Kantor der Großen Kirche in Bremerhaven, hat an der dortigen Beckerath-Orgel 15 Transkriptionen von Evans Stücken eingespielt, die einen schönen Querschnitt aus dem Schaffen des Jazz-Musikers repräsentieren.
Es mag zumal in den hochvirtuosen Instrumentalkonzerten für den Hörer oft schwierig zu unterscheiden sein, ob es sich bei der Musik des bedeutenden finnischen Zeitgenossen Kalevi Aho um wirklich substanzielles, aus der Tiefe authentischen Erlebens gestaltetes Komponieren oder doch mehr um meisterlich und fantasiereich präsentierte technische Brillanz voll äußerlicher Überraschungen und Sensationen handelt.
Das Verhältnis zwischen Mensch und Natur ist das Hauptthema in den Schöpfungen der finnischen Komponistin Outi Tarkiainen (Jg. 1985), die in der Musik eine Naturgewalt sieht, der eine verändernde Kraft innewohnt. Die beiden auf dieser CD präsentierten Kompositionen basieren auf der Kultur der Sámi und sind indirekt auch ein politisches Plädoyer
Spätestens durch seine 52 im Internet der Allgemeinheit geschenkten Hauskonzerte während des Corona-Lockdowns in diesem Frühjahr ist Igor Levit nun auch beim nicht von vornherein klassik-affinen Publikum zum medialen Superstar geworden. Und nach seiner maßstabsetzenden Gesamtaufnahme der Beethoven-Sonaten, die im letzten Herbst erschien, wirkte kürzlich die Darbietung des kompletten Zyklus in Salzburg nochmals gereifter.
Samuel Barber – von dem ist doch das berühmte Adagio for Strings, zu dem häufig gegriffen wird, wenn tiefe Trauer in Musik ausgedrückt werden soll (und ein ganzes Requiem den Rahmen sprengen würde). Wahrscheinlich würde der amerikanische Komponist Samuel Barber, der 1981 starb, das Werk, mit dem ihm 1938 der Durchbruch gelangen, heute als Segen und Fluch zugleich empfinden.
Ähnlich Messiaens Turangalîla-Symphonie (1946-48) oder Ligetis 1965 entstandenem Requiem war Krzysztof Pendereckis Passio et mors Domini nostri Jesu Christi secundum Lucam von 1962-66 einer der gigantischsten Erfolge unter den großformatigen Avantgarde-Kompositionen der Nachkriegsmoderne.
Wenn Jan Hennig am Harmonium sitzt, ist es alles, nur keine "Hallelujapumpe", wie dieses zu Unrecht verkannte Instrument oft geschmäht wird. Er holt alles aus der Musik Karg-Elerts raus. Großartig!
Eine dunkle Felswand, davor der in einen schwarzen Mantel gehüllte Pianist und Professor an der Züricher Musikhochschule Hans-Jürg Strub im Schnee. Was ließe sich nicht alles in dieses bedeutungsschwangere CD-Cover hineininterpretieren – vom Wandern, der Winterreise über Todessehnsucht bis hin zu Schuberts möglicher Ahnung seines baldigen Todes, die er in seine letzten beiden, im September 1828 entstandenen Klaviersonaten A-Dur D 959 und B-Dur D 960 einkomponiert haben könnte.
Schon im Barock bildeten Werke für zwei Streicher allein eher die Ausnahme, und man komponierte lieber Triosonaten mit zusätzlichem basso continuo, selbst wenn diesem praktisch nur reine Begleitung zukam. Und auch im 19. Jahrhundert hatte Literatur etwa für zwei Violinen oder Violine plus Cello häufig lediglich pädagogischen Charakter. Erst ab 1900 findet sich mehr konzerttaugliche Literatur für diese Besetzungen.
Mein Lieblings-Balsam gegen Lock-Down-Frust ist dieses zwischen Barock, Folk und Jazz angelegte Crossover-Album des mit dem musikalischen Nachwuchs verstärkten Hannibal-Petri Duos. Musik zum Tanzen und Träumen, die ein Lächeln ins Gesicht der Zuhörer zaubern dürfte. Fein, subtil aber auch temperamentvoll musiziert.
Les Fontaines de Versailles • Le Concert d'Esculape
cpo 555 097-2
1 CD • 73min • 2019
07.12.2020 • 10 10 10
Das 1980 gegründete Boston Early Music Festival versammelt unter der künstlerischen Leitung von Paul O’Dette und Stephen Stubbs alle zwei Jahre eine internationale Crème von Musikern der historisch informierten Musizierpraxis zu Aufführungen, die seit langem schon einem weltweiten Publikum auf CD zugänglich gemacht werden.
Works by J.S. Bach, Köster, Núñez Allauca, Rameau, Sánchez-Verdú, Shostakovich, Sprenger and Uzor
Genuin GEN 20708
1 CD • 67min • 2020
14.12.2020 • 10 10 10
So kontrastreich wie es kaum extremer geht und dennoch mit einem klaren roten Faden gestaltet das Lux Nova Duo sein aktuelles Album, das bei Genuin erschienen ist. Das Duo, bestehend aus der deutschen Akkordeonistin Lydia Schmidl und dem peruanischen Gitarristen Jorge Paz Verastegui, bietet nicht nur eine ungewöhnliche und seltene Besetzung, sondern lässt ein Repertoire erklingen, das von Werken Johann Sebastian Bachs zu zeitgenössischen Kompositionen reicht.
Seit das Schwedische Kammerorchester sich 1995 gegründet hat, hat es sich einen Namen gemacht als hervorragender und sehr engagierter Klangkörper. Zu der Erfolgsgeschichte seitdem hat zu einem gewissen Teil auch Thomas Dausgaard beigetragen, der von 1997 bis 2019 der Chefdirigent des Orchesters war.
Auch in der neuesten Musik scheint das virtuose Klavierkonzert nicht aus der Mode zu kommen. Absolut begeisternd: Das noch fast druckfrische Konzert Gran Toccata (2019) des Schweizers Dieter Ammann für den Pianisten Andreas Haefliger. Mit präziser Klangvorstellung steuert Susanna Mälkki einen hochdifferenzierten Orchesterapparat, der sich nicht auf ausgetretenen Pfaden bewegen muss. Das ist groovy, brillant und eine planvolle – dabei immer verständliche – emotionale Traumreise.